Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)

bis sie vor dem letzten Zimmer am Ende des Korridors standen.
    Als Jamie langsam die Tür öffnete, hörte er im Dunkel ein mehrstimmiges Keuchen. Er tastete nach dem Lichtschalter, fand ihn, machte Licht und trat mit Larissa und Kate hinter sich ins Zimmer. Das Bettgestell war auf die Seite gekippt und in eine Ecke geschoben worden, sodass ein dreieckiger Raum entstand, der mit der gestreiften Matratze abgedeckt war. Das Ganze sah wie eine Burg aus, wie spielende Kinder sie sich bauen: ein Stützpunkt der Rebellenallianz oder der Schlupfwinkel eines Schurken aus einem James-Bond-Film. Sie traten vor, und Larissa zog die Matratze weg.
    Darunter kauerten in einer zitternden Masse aus bleicher Haut und Nachthemden ein halbes Dutzend Heimbewohner. Sechs Augenpaare sahen angstvoll geweitet und von Tränen feucht zu den drei schwarz uniformierten Gestalten auf. Sekundenlang bewegte sich niemand, sagte keiner ein Wort. Dann packte Jamie das Bettgestell und zog es weg.
    Eine alte Frau, die sich an einen Mann drängte, den Jamie für ihren Ehemann hielt, schrie auf und griff mit zitternder Hand nach dem Bett, als sei dieses klapprige Metallgestell ihr einziger Schutz vor dem Schicksal, das so viele ihrer Mitbewohner ereilt hatte. Ihr Mann beruhigte sie, streichelte mit seiner arthritisch verkrümmten Hand ihr Haar und starrte die unheimliche schwarze Gestalt, die vor ihnen in die Hocke gegangen war, trotzig an.
    »Los, mach schon Schluss!«, fauchte er.
    Jamie fuhr zurück, dann wurde ihm plötzlich klar, wie erschreckend er auf diese verängstigten Überlebenden wirken musste. Er stand wieder auf, klappte rasch sein Visier hoch und sah auf die zusammengedrängten Männer und Frauen hinab.
    »Gott sei Dank«, flüsterte eine alte Frau, die mit einer Hand ein altes silbernes Kruzifix umklammerte. »Oh, Gott sei Dank.«
    »Sie sind außer Gefahr«, sagte Jamie, so beruhigend er konnte. Seine Stimme klang gepresst, weil er daran dachte, was diese Männer und Frauen durchlitten hatten. »Sie sind fort, Ihnen kann nichts mehr passieren. Das verspreche ich Ihnen.«
    Mehrere der Überlebenden begannen zu weinen, und aus den Ohrhörern seines Helms drang leises Schluchzen. Jamie sah sich um. Auch Kate und Larissa hatten ihre Visiere hochgeklappt, und Kate bedeckte ihren Mund mit der Hand.
    »Ist jemand verletzt?«, fragte er die vor ihm kauernden Männer und Frauen. »Braucht jemand einen Arzt?«
    Die Überlebenden sahen sich an, dann schüttelten sie einzeln den Kopf.
    »Gut«, sagte Jamie. »Das ist gut. Können Sie alle gehen?«
    »Das können wir«, antwortete der Mann, der zuvor gesprochen hatte. »Wir sind alle gut zu Fuß.«
    »Okay«, sagte Jamie. »Ich möchte, dass Sie ins Erdgeschoss runtergehen und das Gebäude durch den Hauptausgang verlassen. Draußen warten zwei Polizeibeamte, die sich um Sie kümmern werden. Ich möchte, dass Sie gleich jetzt gehen. Einverstanden?«
    Die Männer und Frauen murmelten zustimmend. Jamie ergriff die Hand der nächsten Frau und zog sie behutsam hoch. Sie starrte ihn mit einem Blick an, aus dem Verwirrung und nackte Erleichterung sprachen. Kate und Larissa folgten seinem Beispiel, sodass der Raum sich rasch füllte, als alle Überlebenden auf die Beine kamen.
    Jamie legte dem Mann, der als Erster gesprochen hatte, eine Hand auf die Schulter.
    »Ich möchte, dass Sie sie hinausführen«, sagte er. »Können Sie das? Ich will eine ehrliche Antwort.«
    »Das kann ich«, antwortete der Angesprochene mit fester Stimme.
    »Gut. Dann tun Sie’s jetzt bitte.«
    Der Mann erwiderte seinen Blick noch eine Sekunde länger, dann nickte er knapp und ging zur Tür. Die anderen folgten ihm; im nächsten Augenblick waren alle verschwunden.
    Die drei Agenten sahen sich an. Jamie lächelte den beiden jungen Frauen anerkennend zu, dann führte er sie auf den Korridor hinaus und zu dem Gemeinschaftsraum am anderen Ende. Unterwegs versuchte er, sich gegen das zu wappnen, was sie hinter der breiten Schiebetür erwarten mochte.
    Der riesige Raum war leer.
    Jamie schob die Tür mit dem Lauf seines T-Bones einen Spalt weit auf, und das Team schlüpfte mit schussbereiten Waffen hindurch und machte sich auf das Schlimmste gefasst.
    Aber er war leer.
    Kleine Kreise aus Plastikstühlen standen noch um runde Metalltische, auf denen Schach- und Damebretter lagen, und Teetassen und Untertassenstapel waren nicht zersplittert. Auch der lange Tisch an der rechten Wand, an dem die Heimbewohner aßen, war nicht umgestürzt.