Depression: Erkennen, verhindern, bewältigen
Selbstmordhandlungen werden als „Verzweiflungstat“ angesehen, d. h., der Betroffene hat offenbar keinen Ausweg mehr aus seiner Lebenssituation gesehen. Umso mehr geht es also darum, Handlungsalternativen und Auswege aufzuzeigen.
Selbst für Experten ist es sehr schwer abzuschätzen, wer „nur“ Selbsttötungsgedanken hat und wer diese Gedanken tatsächlich in die Tat umsetzen wird. Hier ein paar Hinweise, die sehr ernst zu nehmen sind:
Es werden immer häufiger Sinnlosigkeitsgedanken geäußert.
Es werden entsprechende konkrete Pläne geäußert.
In der Vergangenheit gab es schon mehrere Suizidversuche.
Der Betroffene nimmt vermehrt Alkohol zu sich, wodurch die Hemmschwelle sinkt.
Der Betroffene trifft Erbschaftsregelungen und verschenkt Wertsachen
Der Betroffen zeigt plötzlich ein besonders riskantes Verhalten wie Fallschirmspringen, Free-Climbing, ein neues Motorrad etc.
Es tritt ein noch stärkerer Rückzug selbst von sehr nahestehenden Personen auf.
Therapeuten schließen mit einem depressiven Patienten im Bedarfsfall ein sogenanntes Anti-Suizidbündnis ab. Das ist eine Art Vertrag, in dem Maßnahmen festgelegt werden, die der Patient durchführen kann, wenn er merkt, dass sich seine Suizidabsichten verstärken. Zunächst werden z. B. Ablenkungstechniken vereinbart, die der Patient vorher gelernt hat und die er im Bedarfsfall ausführen kann. Es wird dann im Weiteren festgelegt, wer in einem solchen Fall anzurufen oder aufzusuchen ist. Idealerweise wird eine „Krisenkarte“ angefertigt. Auf ihr stehen die Telefonnummern der behandelnden Ärzte, der Therapeuten, der Polizei, der Feuerwehr, des Krisendienstes der jeweiligen Stadt, der zuständigen psychiatrischen Akutkliniken und von Angehörigen. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Patient, sich nichts anzutun, sondern stattdessen die aufgeführten Hilfsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Der Vertrag sollte regelmäßig erneuert werden. Er bietet keine absolute Sicherheit, bereitet aber auf eine eventuelle Krisensituation vor und gibt dem Betroffenen Handlungsmöglichkeiten, sodass er nicht durch die Situation überrascht wird. Sollten die Behandler, die Angehörigen oder der Krisendienst im Kontakt zu dem Schluss kommen, dass eine erhebliche Selbstgefährdung des Patienten besteht, muss eine stationäre Krankenhausbehandlung eingeleitet werden.
Als Angehöriger, Freund oder Arbeitskollege sollten Sie bei dringendem Verdacht direkt das Gespräch suchen. Bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie sich große Sorgen machen. Wichtig ist, dabei verständnisvoll und nicht anklagend zu sein. Seien Sie deutlich und bestimmt dabei, dass in diesemFall professionelle Hilfe unbedingt notwendig ist. Überprüfen Sie, ob der Betroffene schon Kontakt zu entsprechenden Krisendiensten aufgenommen hat, und stellen Sie zur Not selbst den Kontakt her. Übergeben Sie dann an das Fachpersonal, um sich nicht selbst zu überfordern.
Auf den Punkt gebracht
Suizidalität, also Neigung zum Suizid, ist ein besonderer Aspekt der Depression. Es gilt, in der Behandlung immer daran zu denken und das Thema gegebenenfalls direkt anzusprechen. Bei akuter Suizidalität muss ein Patient statio-när im Krankenhaus behandelt werden. Bei dringendem Verdacht sind entsprechende Krisendienste einzuschalten. Im Rahmen der Therapie kann der Patient auf derartige mögliche Krisensituationen vorbereitet werden, indem man Hilfsadressen zusammenstellt und bespricht, wie sich der Patient im Bedarfsfall verhalten soll („Notfallkit“).
Depression und der Arbeitsplatz
Wie sagt man es dem Arbeitgeber? Was, wenn der Betroffene wegen einer Depression für längere Zeit krankgeschrieben ist und seiner Arbeit nicht nachkommen kann? Für den Arbeitgeber stellt sich bei der Rückkehr die Frage, ob der Beschäftigte seine letzte Tätigkeit wieder problemlos ausführen kann oder ob es Einschränkungen gibt, die zu berücksichtigen sind.
Wenn ein Arbeitnehmer länger als sechs Wochen krankgeschrieben war, ist der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 SGB IX dazu verpflichtet, ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen. Im Unternehmen gibt es in der Regel entsprechende Vertrauensleute, die man dazu ansprechen kann. In großen Betrieben klappt dies oft besser als in kleinen Familienunternehmen, weil es dort auch mehr Umsetzungsmöglichkeiten gibt, wenn die Leistungsfähigkeit eines Mitarbeiters vorübergehend eingeschränkt ist. Auch bietet sich nach längerer Krankschreibung eine
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