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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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nichts.«
    »Es ist schlimmer«, sagte Fritz. »Weißt du, warum die Rote Kapelle aufgeflogen ist?«
    »Die wurden angepeilt, und dann hat einer den anderen verpfiffen.«
    »Quatsch. Eines schönen Tages beliebte es den großartigen Direktor in Moskau, einem Fallschirmagenten eine Anlaufadresse in Berlin zu funken. Die haben die eigenen Leute auf dem roten Tablett serviert. Der Funkspruch war verschlüsselt, aber es war ein Bruch aller Regeln. Verantwortlich für den Untergang unserer Genossen sind die Freunde in Moskau und niemand sonst.«
    Werdin war aschfahl geworden. Es war nicht zu glauben. Aber Fritz log nicht.
    Fritz schaute ihn eindringlich an: »Du musst damit rechnen, dass Moskau auch deine Identität preisgibt, wenn das Attentat durchgeführt wird. Sie werden sich an dir rächen wollen, so sind sie nun mal. Und kein Mittel wird ihnen zu schmutzig sein. Dann heißt du im Funkverkehr nicht mehr Michael, sondern rein versehentlich natürlich SS-Sturmbannführer Knut Werdin, Sicherheitsdienst, Wilhelmstraße 102, Berlin. Moskau wird dir nie verzeihen, das weißt du.«
    Werdin nickte. Er hatte Angst, aber seine Entscheidung war gefallen. Er würde gegenüber Rettheim weiter seine Rolle spielen und alles daransetzen, dass der Anschlag auf Hitler klappte. Himmler aber durfte nichts passieren. Blieb Himmler Reichsführer der SS, dann hatten die Verschwörer einen Verbündeten, weil Himmler begriffen hatte, dass der Krieg verloren war, und seinen Kopf retten wollte. Das Motiv war mies, aber stark genug, den Reichsführer berechenbar zu machen. Wenn Himmler aber draufging, dann kam Kaltenbrunner, dann gab es einen Bürgerkrieg. Dann hieß der neue Führer womöglich Joseph Goebbels.
    »Fritz, funk nach Moskau, ich würde den Befehl ausführen. Ich würde mich dafür verbürgen, dass das Attentat nicht passiert. Wenn nötig, würde ich die Verschwörer Müller frei Haus liefern. Tust du das für mich, Fritz?«
    »Für dich nicht, das wäre ein bisschen viel verlangt. Aber für uns mach ich das.«
    »An was denkst du?«, fragte Rettheim. Er schaute ihn neugierig an. »Sonst schwätzt du mich tot.«
    Werdin winkte ab. »Ist was anderes.« Er stand auf, streckte sich und holte sich in der Küche ein Glas Wasser. Nachdem er sich wieder gesetzt hatte, sagte er: »Stauffenberg hatte in diesem Monat schon zweimal die Chance. Warum schlägt er nicht zu?«
    »Er will möglichst viele von deinen braunen Freunden mit erledigen, Himmler und Göring vor allem.«
    »Scheiße«, sagte Werdin. »Du musst ihm klar machen, dass er Himmler am Leben lassen muss. Nicht, dass ich es Himmler nicht gönnen würde, von einer Bombe in seine Einzelteile zerlegt zu werden. Aber dann gibt es einen Bürgerkrieg. Auch wenn die blaublütigen Herren Offiziere das nicht begreifen.«
    »Du brauchst mir das nicht zum hundertsten Mal zu erzählen. Sag das dem Stauffenberg.«
    »Einverstanden«, erwiderte Werdin.
    Rettheim schaute ihn verblüfft an. »Oh, die schwarze Sphinx kriecht aus der Deckung.«
    »Sag dem Herrn, ein SS-Offizier möchte ihn sprechen.«
    »Zu Befehl, Sturmbannführer«, erwiderte Rettheim zackig.
V.
    S ie trafen sich im Café Kranzler. Stauffenberg hatte verlangt, dass Werdin in Zivil erschien, mit einem SS-Mann wollte er sich nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Werdin erkannte Stauffenberg sofort, er war nicht zu verfehlen: schwarze Klappe über dem Auge, ein schwarzer Handschuh, der die zerstörte Hand verbarg. Der Mann war ein Krüppel und doch der Einzige unter den Verschwörern, dem der Anschlag auf Hitler zuzutrauen war.
    »Major Rettheim hat mir in den Ohren gelegen. Sonst hätte ich mich nicht mit Ihnen getroffen«, sagte Stauffenberg, als Werdin an den Tisch trat.
    Werdin nickte. Er setzte sich nicht hin. »Haben Sie schon bestellt?«, fragte er.
    »Nein«, sagte Stauffenberg.
    »Dann gehen wir vielleicht ein bisschen.«
    Stauffenberg erwiderte nichts, stand aber auf.
    Werdin schaute zu dem Tisch, an dem Irma gesessen hatte. Jetzt saßen dort zwei Wehrmachtoffiziere, herausgeputzt wie Weihnachtsbäume. Die Erinnerung packte ihn. Er hatte ihr Gesicht vor Augen, als sie sich an der Tür umgedreht und ihn noch einmal angeschaut hatte.
    »Was ist, Herr Werdin?«, fragte Stauffenberg.
    Werdin schüttelte den Kopf, als müsste er die Erinnerung vertreiben.
    Sie gingen die Mittelpromenade Unter den Linden hinunter, bogen in eine Seitenstraße ein und fanden einen grünen Fleck mit einer Bank. Es war menschenleer, trotzdem schaute

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