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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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er sei auf Unterlagen
     gestoßen, die seine Verdachtsmomente bestätigten. Zu viele Vermisstenmeldungen, zu viele Todesfälle, zu viel Unerklärbares.
    Zac atmete tief durch. Es gelang ihm nicht, sich auf sein Gebet zu konzentrieren. Ein ums andere Mal kreiste er um dieselben
     Erinnerungen. Er ergriff die Hand seines Freundes, wie er es bei Isabel gesehen hatte.
    »Tut mir leid, Alter. Ich hab’s nicht gebracht.«
    Zac stand auf und ging um das Bett herum zu dem Beatmungsgerät. Unglaublich, dass nur zwei Plastikschläuche seinen Freund
     mit dem Leben verbanden. Der Wunsch übermannte ihn, dass in Carlos’ Innerem die Sehnsucht fortlebte, bis zur Oberfläche zu
     tauchen, die Augen zu öffnen und nach Isabel zu fragen. Aber was sollte er ihm dann antworten? Er hatte es nicht geschafft,
     sie zu beschützen. Der Gedanke, sie und ihr Bruder könnten in Gefahr schweben, war ihm gar nicht gekommen. Er war ein Idiot,
     ein Idiot, der etwas wiedergutzumachen hatte. Isabel hatte seinen Freund gerettet, als er halbtot an ihre Tür klopfte. Desgleichen
     Márquez, der gerade rechtzeitig in Carlos’ Zimmer gekommen war, um zu verhindern, dass der Killer sein Werk verrichtete. Die
     beiden hatten ihn gerettet, und jetzt würde er, Zac, sie retten.
    Isabel befand sich im Turm. Daran hatte er keinen Zweifel. Hinter dem ersten Treppenabsatz, in der Dunkelheit, da hielten
     sie Isabel und ihren Bruder fest. Sie waren verschwunden, und wenn sie weder auf dem Handy erreichbar waren noch zu Hause,
     dann musste es daran liegen, dass sie gewaltsam entführt worden waren. Sonst hätte Isabel sich wenigstens von Carlos verabschiedet,
     aber Márquez hatte ihm gesagt, sie sei nicht mehr im Krankenhaus gewesen.
    Márquez war nun schon in Sicherheit. Er war ein guter Mann. Er mochte nicht damit einverstanden sein, dass Zac noch einmal
     in den Turm wollte, aber er hätte ihn niemals allein hingehen lassen. Umgekehrt hätte Zac ihm das auch nicht erlauben wollen.
     Die Ereignisse im Turm gingen ihn nicht persönlich an, und das sollte auch so bleiben. Deshalb hatte Zac ihn angerufen. Deshalb
     hatte er die metallisch verzerrte Stimme aufgenommen und gedroht, seine Tochter zu entführen. Und Márquez hatte wie erwartet
     reagiert. Zac legte die Hand auf das Beatmungsgerät.
    »Bald wirst du das hier nicht mehr brauchen, mein Freund.«
    Er rückte den Sessel zurück an seinen Platz, warf Carlos einen letzten Blick zu und verließ das Zimmer.
    Er fuhr einen langen Umweg durch die Stadtmitte. Seinen Plan würde er erst am Abend umsetzen, nach der Wachablösung. Diesmal
     würde es um einiges komplizierter werden, in den Turm zu gelangen.
     
    »Nehmen Sie Platz«, bat der Geschäftsführer des Einkaufszentrums. »Und beruhigen Sie sich. Wir werden Ihre Töchter sicher
     bald finden.«
    Vera ließ sich in einen der Bürostühle sinken, aber beruhigen konnte sie sich nicht. Sie hatte gewartet, bis sich die Menge
     um den Entertainer auflöste. Doch ihre Töchter blieben verschwunden. Die Wachleute handelten rasch. Sie gaben durch, dass
     man an den Ausgängen nach den Kleinen Ausschau halten sollte, und verständigten den Geschäftsführer, der Vera und Cass bat,
     in seinem Büro zu warten.
    »Wir haben das immer wieder mal«, erklärte er. Vera merkte, dass er log. »Trotzdem, wenn wir sie binnen einer Stunde nicht
     gefunden haben, benachrichtigen wir die Polizei.«
    »Tun Sie das auf der Stelle«, fiel Vera ihm mit solcher Strenge ins Wort, dass er zum Telefon griff und seine Sekretärin anwies,
     die Polizei zu rufen.
    »In einer halben Stunde werden die Beamten wohl hier sein. Möchten Sie einen Kaffee?«
    Cassandra fasste Vera an den Händen und sah sie liebevoll an. Ihre Finger waren wie ihr gesamter Körper angespannt. Vera erwiderte
     den Blick, Angst in den Augen. Sie war nicht sicher, dass es etwas bringen würde, die Polizei zu benachrichtigen, aber was
     blieb ihr noch? Sie hatten das ganze Einkaufszentrum nach den Mädchen abgesucht, über die Lautsprecher wurden die beiden ausgerufen.
    Als die Polizeibeamten eintrafen, erkundigten sie sich, ob es nach Veras Ansicht jemanden gebe, der die beiden Mädchen vielleichtentführen wollte. Vera antwortete nicht gleich. Dann schüttelte sie den Kopf.
    »Sind Sie sicher?«, hakte einer der Beamten nach. Ihr Zögern war ihm nicht entgangen.
    »Ja.« Natürlich gab es da jemanden, ihren Mann, aber das konnte sie nicht zu Protokoll geben. Wenn die Beamten seine Personalien
     überprüften

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