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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeron North
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Angelegenheit lieber für uns.
       So waren wir drei Familien, sangen Weihnachtslieder und es gab eine Gemüsesuppe aus Dosen, die wir aus der Konservenfabrik in Parchwitz organisiert hatten, dazu selbstgebackenes Brot. Frau Gerschel zündete die Kerzen an, und im Verlauf des Essens ging Krauses Kerze aus, ohne dass sie zu Ende gebrannt war. Sie erschrak und flüsterte von schlechtem Vorzeichen. Mama erklärte uns dann, dass sie wahrscheinlich abergläubisch sei.
       Die Göbel-Familie bestand aus zwei Schwägerinnen, Frieda und Liesel. Frieda hatte noch eine kleine Tochter namens Trautel, die zwei Jahre älter als ich war. Ihre Schwester Lena war in Dresden am 13.2.1945 umgekommen. Über eintausend Bomber der Alliierten waren pausenlos über der Stadt geflogen. Lena war eine von etwa 35.000 Zivilisten, die die drei Luftangriffe nicht überlebten. Liesel hatte zwei Kinder, Siegfried und die sechsjährige Bärbel. Dazu kam dann noch die alte Frau Göbel, Schwiegermutter der beiden Frauen, deren Männer beide Bauern mit eigenen Höfen gewesen waren und zuletzt als Angehörige des Volkssturms gefangengenommen worden waren.
       Sie alle wohnten im Dachgeschoß und im Arbeitszimmer, wo wir noch ausreichend Möbel hatten. Beide Familien erreichten uns mit nur wenig Gepäck, da sie ihre Häuser in großer Hast verlassen mussten. Erst im Frühjahr durften sie in ihre eigenen Häuser zurück, und von da an bewohnten wir das Esszimmer und schliefen im Nebenzimmer, alle vier in zwei Betten. Obwohl nun ausreichend Platz im Haus war, schliefen wir immer nur in einem Zimmer und auch immer angezogen.
       Zwischen Weihnachten und Neujahr 1945 kamen zwei ehemalige polnische Arbeiter zu Besuch, um nach uns und vor allem Papa zu sehen. Wie enttäuscht und traurig sie waren, als sie von Papas Schicksal erfuhren. Sie wohnten in der Nähe von Waldenburg und hatten sich in einem Dorf einen Bauernhof gesucht. Der eine hieß Bulka mit Nachnamen und hatte inzwischen eine vormals bei uns angestellte Ukrainerin namens Anna geheiratet.
    Wir dachten, die Ukrainerinnen wären nach Hause gefahren, erfuhren jedoch später, dass sie nach Sibirien abtransportiert wurden, weil sie in Deutschland, somit für den Feind, gearbeitet hatten. Anna Bulka, geb. Trochomenko, entkam diesem grausigen Schicksal durch ihre Heirat. Sie war früher Lehrerin gewesen und hatte manchmal im Büro an einem Tisch mir gegenüber gesessen, wenn ich Schulaufgaben machte. Sie hatte Etiketten beschriftet, die zur Versuchsanstalt Freiberg in Sachsen mit Mustern zur Untersuchung geschickt wurden.
    Die beiden Polen nahmen mich mit zum Einkaufen in den kleinen Laden, der in dem ehemaligen Gasthaus Habel eingerichtet worden war. Sie hatten nur wenig Geld und kauften neben einem Stück Butter noch eine Flasche Schnaps. Nach dem zur Abwechslung reich-haltigen Abendessen bei uns in der Küche, an dem auch Krause wieder teilnahm, blieben die Männer sitzen. Mama und wir drei Kinder gingen nach oben zu Bett. Später in der Nacht weckte mich Mama leise und bat mich nachzuschauen, warum es nach Rauch roch. Mit äußerster Vorsicht öffnete ich Krauses Küchentür, wo die beiden Polen schliefen, bemerkte aber nichts und ging darauf zurück. Mama schickte mich dann auf den Dachboden, wo Göbels Schlafzimmer war, wieder nichts. Daraufhin ging ich auf eigene Faust zu Krauses Wohnzimmertür, öffnete sie und sofort quoll mir dicker Rauch entgegen. Ich rannte zurück zu Mama, wir weckten die Polen, die dann den halbtoten Krause aus dem Zimmer trugen, um ihn danach im Garten unter den Bäumen mit frischer Luft und Wasser das Leben zu retten. Die Vergiftung war jedoch schon zu schwer und er starb kurz danach.
       Inzwischen löschten die anderen Hausbewohner den Brand. Ich weiß aber nicht mehr genau, wer. Ich saß mit Ursula bei Frau Gerschel und weinte, nicht um Krause, sondern weil ich Angst um unser Haus hatte. Frau Gerschel wies mich zurecht:
    „Dein Opa liegt im Sterben und du weinst um ein brennendes Haus?“
    Für mich war es jedoch keine Frage, was wichtiger war.
       Am nächsten Morgen kam der benachrichtigte polnische Bürgermeister und vernahm hauptsächlich die beiden Polen. Auch Mama wurde gefragt, ob die beiden etwas mit seinem Tod zu tun hätten. Sie verneinte und sagte aus, dass die Männer bei der Flasche Schnaps noch sitzengeblieben waren. Es ergab sich, dass Krause einen Ziegelstein auf dem Herd seiner Küche erhitzt und entgegen seiner Gewohnheit nicht in

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