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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeron North
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dabei Gertrud, die früher in unserer Fabrik angestellt war. Jetzt musste sie auf einem Gut in Parchwitz arbeiten. Der neue Besitzer war ein alleinstehender Pole und sie war die Haushälterin. Nachdem ich ihr erzählt hatte, was ich hier machte, gab sie mir zwei weiße bestickte Kopfkissenbezüge zum Verkaufen, die ich dann anderswo loswurde, natürlich immer mit dem Rücken zur Tür und immer wachsam. Außer etwas Öl konnte ich aber nichts kaufen, und ich nahm immer eine leere Flasche von zu Hause mit.
       Als Hilda Jungfer hörte, dass ich die Unterwäsche vom alten Krause verkaufte und dafür Zlotys bekam, wollte sie auf meiner nächsten Verkaufstour dabei sein. Ich willigte ein und wir machten uns früh auf den Weg nach Parchwitz, denn das Öl war schon wieder verbraucht. Zur Abwechslung hatten wir Kartoffelpuffer gebacken und dabei war der letzte Tropfen aufgebraucht worden. Die Metzgerei Tilger wurde jetzt von Polen betrieben und ich hatte gleich Erfolg. Die Metzgerin kaufte auch diesmal die wohl letzte Garnitur Unterwäsche und ich bekam die verlangten Zlotys. Hilda bot ihre braunen Brautschuhe in mehreren Läden an, fand aber keinen Käufer. Niemand war an den kleinen Pumps interessiert und verschenken wollte sie sie auch nicht. Sie befürchtete, man würde ihr die Schuhe ohne Bezahlung abnehmen und bei dem Gedanken packte sie ihr heiliges Andenken schnell wieder weg. Sie hatte während des Krieges geheiratet und war jetzt Witwe, denn ihr Mann kam bei einer Schlacht um, wie so viele andere. Ich kaufte mein Öl und wir gingen unbehelligt wieder nach Hause. Jedes Mal, wenn ich vor der Haustür stand, sah ich die Erleichterung in Mamas Gesicht und sie umarmte mich. Ich glaube, sie betete ununterbrochen!
       Der Pole Rospendek fragte Mama in dieser Zeit, ob sie nicht in Heidau bleiben möchte. Er hatte früher in unserer Landwirtschaft gearbeitet und stattete uns einen Besuch ab.
    Mit unserem Industriesalz wurde der ganze Kreis Liegnitz versorgt. Ich nehme an, es wurde in den letzten Kriegsjahren nicht mehr vergällt, denn es schmeckte nicht mehr nach Petroleum oder ähnlichem und wir bekamen auch keine Ausschläge mehr davon. Mama fiel es nicht ein, von all den Leuten etwas zum Tausch zu verlangen, die mit Handwagen Salz von uns holten. Dennoch bezahlten wir mit Kohlen, als Ursula schwerkrank war und unter Dauerdurchfall litt. Eine in Nachbar Menzels Haus versteckte Kuh gab wohl nicht ausreichend Milch, und ich ging bestimmt zehn Tage allabendlich durch die Gärten hinter den Häusern, um einen Liter Milch bei einem Nachbarn zu erbetteln. Die Milch half dann glücklicherweise schlagartig und meine kleine Schwester erholte sich zusehends. Die Ruhr hatte sie wohl nicht, wir anderen waren nicht betroffen, was überhaupt ein Wunder war in so vielen Monaten unter schlechten Lebensbedingungen. Ruth musste auch einmal schwer leiden, sie hatte die Krätze. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie sie mit einem Kopfkissen herumschlich, sich einen Sessel suchte und sich vorsichtig hinsetzte. Die Krätze hatte ihre Sitzfläche befallen und juckte fürchterlich. Durch ihre Verstecke war Ruth mehr der Ansteckungsgefahr ausgesetzt als wir. Ruth war mit ihrer Erkrankung nicht die einzige. Ihre Freundinnen Ursula und Hilde hatten auch die Krätze, die sehr ansteckend ist. Die drei machten sich eines Morgens auf den Weg nach Liegnitz. Die sechzehn Kilometer waren nicht ungefährlich, da russische Soldaten auf Lastwagen immer noch das Straßenbild beherrschten. Es waren aber nicht mehr so viele wie im Vorjahr. Sie holten sich aber immer noch Menschen, die dort unterwegs waren, nach eigenem Ermessen heraus und rächten sich auf ihre Art und Weise, was sich oft in Vergewaltigungen, Prügel und Diebstahl äußerte. Nach nur kurzer Zeit hielt einer dieser Lastwagen, die Soldaten riefen ihnen zu und winkten einladend, sie sollten doch mitfahren. Die drei sprangen in Panik über den Straßengraben und rannten ins angrenzende Feld. Zum Glück fuhr der Lastwagen weiter, und die Mädchen konnten ihren langen Fußmarsch fortsetzen. Das Wetter hielt sich gut, es war noch kühl, doch für einen Weg dieser Größenordnung geeignet. Verpflegung hatten sie keine und als sie in Liegnitz ankamen, fanden sie einen Brunnen am Stadtrand, sie konnten das Wasser aber nicht trinken, ohne es abzukochen. Aus Angst vor Fremden klopften sie an keine Tür und gingen durstig weiter. Unbehelligt erreichten sie das beschriebene Haus in der Stadt.
       Vor

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