Der 8. Tag
gab daf ü r eine Reihe von m ö glichen Erkl ä rungen und nur eine konnte man ausschlie ß en, denn das h ä tte in ihren Unterlagen gestanden. Doch in dem Ausdruck war nichts von Penizillin erw ä hnt gewesen.
Tessa beobachtete das alles. Sie schrie, doch niemand h ö rte sie, noch nicht einmal sie selbst. Und es gab keine M ö glichkeit ein Zeichen zu geben oder jemanden zu ber ü hren um sie zu warnen. Zum ersten Mal versp ü rte sie wirklichen Schmerz, aber es war der Schmerz der Angst und Verzweiflung, kein k ö rperlicher Schmerz.
Sie merkte, wie sie anfing zu verblassen wie eine alte Fotografie. Bald w ü rde sie dahin sein, nur noch Bruchst ü cke von Erinnerungen in den K ö pfen anderer. Sie fragte sich, ob sie zur ü ck in ihren K ö rper kommen w ü rde, aber so lief es nicht.
Stattdessen sp ü rte sie, wie sie unwiederbringlich von allem wegdriftete in eine schreckliche Isolation. Doch das machte ihr keine Angst. Die Angst war l ä ngst schon mit den anderen Gef ü hlen verschwunden. Alles, was zur ü ckblieb, war ein kleiner Funken Bewusstsein.
Und auch der, so wurde ihr klar, verblasste wie eine ersterbende Kerzenflamme, so als ob es ihn nie gegeben h ä tte. Und es g ä be keinen Hinweis auf ihn. Keine Spur blieb in Raum und Zeit zur ü ck.
Was immer diese beiden Begriffe auch bedeuteten .
21
E INE JALOUSIE, HALB gegen die helle Sonne geschlossen, warf schmale Lichtstreifen ü ber das Bett. Als sie erwachte, war ihr erster Gedanke, dass sie sich in einer Art K ä fig befand. Doch zumindest wusste sie, dass sie lebte. Sie f ü hlte die Schwere und ihr K ö rper schmerzte.
Etwas in dem Raum bewegte sich. Sie bemerkte nur eine Wellenbewegung in dem Muster aus Licht und Schatten auf der Wand, wie ein Zebra, das ü ber eine Waldlichtung lief. Doch es kam auf sie zu anstatt in einer Deckung zu ve r schwinden. Als die Wellen n ä her kamen, nahm es eine menschliche Gestalt an, dann sp ü rte sie, wie sich jemand vo r sichtig auf die Bettkante setzte und ein Gesicht schaute z ä rtlich und mit Anteilnahme auf sie herab.
» Helen … ? «
» Wie f ü hlst du dich? «
» Nicht besonders. « Ihre Kehle war trocken und ihre Stimme rau.
» Trink das. « Helen hob Tessas Kopf vorsichtig vom Kissen und setzte ihr ein Glas an die Lippen. Sie konnte nicht sagen, ob die Fl ü ssigkeit einen Geschmack hatte oder einfaches Wa s ser war. Aber sie tat ihrer Kehle gut.
» Wo sind wir? « , wollte sie wissen.
» In Berlin. In dem Krankenhaus, in das man dich vom Hotel aus eingeliefert hat. «
» Aber was machst du … ? «
» Sssch. Sprich nicht so viel. «
» Aber wie … ? «
» Sie haben dir Penizillin gegeben. «
» Ich wei ß . «
Helen runzelte die Stirn. » Du wei ß t? Warum hast du dann nicht … ? «
» Es war wie in einem Traum. Ich konnte nichts machen. «
Beide verharrten einen Moment lang ohne etwas zu sagen. Tessa f ü hlte, dass Helen ihre Hand hielt.
» Liebling, es tut mir so Leid wegen des Kindes. «
Tessa nickte und ihr Griff um Helens Hand wurde fester, aber sie blieb stumm. Sie bef ü rchtete, dass wenn sie zu sprechen beg ä nne, nichts au ß er Selbstmitleid herauskommen w ü rde und sie sich daf ü r sch ä men w ü rde. W ü tend bemerkte sie, wie sich Tr ä nen in ihren Augen sammelten, und zwang sich an andere Dinge zu denken.
» Wie kommst du hierher? Haben sie dich angerufen? «
Helen sch ü ttelte den Kopf. » Es war nicht ganz so. Ich wurde von der Fluglinie wegen des Unfalls angerufen. Weder Clive noch ich haben gestern Abend die Nachrichten verfolgt, deshalb haben wir auf diese Weise erst davon erfahren. «
Sie berichtete, wie sie nach dem Anruf von der Fluglinie nach unten gegangen war um die Nummer von Tessas Hotel herauszusuchen und wie ihr dort mitgeteilt wurde, dass Tessa abgereist war. Wenn sie also nicht im Hotel war und auch nicht in der Maschine, ü berlegte Helen, inzwischen davon ü berzeugt, dass etwas wirklich Ernstes passiert sein musste, wo war sie dann?
Sie stellte ihren Mann f ü r weitere Nachforschungen an, denn Deutsch war eine der f ü nf Sprachen, die er ziemlich flie ß end sprach. Durch schiere Beharrlichkeit und die beil ä uf i ge Nennung des Namens von jemandem, den er in der Bonner Regierung kannte, hatte Clive die Telefonnummer des Taxiu n ternehmens bekommen, mit dem Tessa zum Flughafen gefa h ren war. Nach einigen weiteren Anrufen hatte er ihre Spur vom Flughafenhotel bis zum Krankenhaus weiterverfolgt.
Bis zu dem behandelnden
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