Der Algebraist
sollst du in das
Restaurant am Heck der Aussichtsgalerie kommen. Allein. Ich fand das
ziemlich unhöflich. Aber er war noch sehr jung. Was kann man
anderes erwarten?«
»Jedenfalls vielen Dank«, sagte Fassin.
»Nichts zu danken.« Y’sul winkte ab und schluckte
die Riesenpille.
- Sie gestatten, Colonel?, sendete Fassin an
Hatherence.
- Genehmigt. Passen Sie auf sich auf.
»Verzeihung«, sagte Fassin und erhob sich aus seiner
Sitzgrube. Y’sul hörte ihn nicht; zwei der führenden
GasClipper hatten ein Privatduell begonnen, sie schwenkten
gefährlich dicht aufeinander zu, fuhren sich gegenseitig in den
Weg, versuchten die Feldlinien zu stören und dem anderen den
Wind zu stehlen, damit er von den Kielwirbeln
zurückgedrängt würde oder abschmierte. Y’sul
schwebte aus seinem Sitz und schrie und johlte mit all den anderen
Zuschauern, die sich noch nicht in ihre eigene kleine Drogenwelt
zurückgezogen hatten.
Der Dweller – der schlichten Kleidung und ganz sicher dem
Aussehen nach ein Jüngling – passte Fassin ab, als er durch
den breiten Zentralkorridor der Dzunda zum Heck schwebte, und
setzte sich an seine Seite. Fassin drehte sich ein wenig, um seinen
neuen Begleiter ansehen zu können, hielt aber nicht an.
»Seher Taak?«, fragte der Jüngling.
»Ja?«
»Würden Sie mir bitte folgen?«
Der junge Dweller führte Fassin nicht zum Restaurant am Heck,
sondern zu einer Privatkabine an der Unterseite des Luftschiffs. Dort
unterhielt sich der Captain der Dzunda mit einem Dweller, der
dem Aussehen nach zumindest ein früher Weiser sein musste. Der
Captain drehte sich um, als Fassin und sein Begleiter eintraten, dann
verließ er – mit einer kleinen Verbeugung vor Fassin
– mit dem Jüngling die Kabine. Fassin und der greise
Dweller blieben allein in der runden Diamantblase zurück. Bilder
vom Rennen liefen ohne Ton über einige Bildschirme. An einer
Seite schwebte ein Tablett mit einem großen Drogenbrenner, von
dem bläulich grauer Rauch aufstieg, der den Raum in einen
duftenden Nebel hüllte.
»Bist du es, Alter?«
»Ich bin immer noch ich, junger Taak.« Die Stimme war
vertraut.
Der Dweller schwebte auf Fassin zu. Wenn es Valseir war, dann war
er seit der letzten Begegnung zwar nicht mehr kleiner, aber um
einiges dunkler geworden. Er hatte seine Lebensamulette und seinen
Schmuck abgelegt und trug jetzt eine gelbe Teilgarderobe von strengem
Schnitt und fast mönchischer Schlichtheit.
»Hast du das Zeichen mitgebracht, das ich dir schicken
ließ?«
Fassin reichte ihm das kleine Bildblatt. Der Dweller sah ihn an,
sein Flossensaum kräuselte sich zu einem Lächeln. »Ja,
ihr reibt euch noch immer an uns, nicht wahr?«. Er gab ihm das
Foto zurück. »Gib gut darauf Acht. Und wie geht es Oazil?
Ich nehme doch an, er hat dich im Haus gefunden, und du bist nicht
zufällig hier?«
»Es ging ihm gut. Er war exzentrisch, aber wohlauf.«
Das Lächeln des alten Dwellers vertiefte sich kurz und
erlosch. »Und das Haus? Meine Bibliotheken?«
»Sie sinken in die Tiefe. Was davon noch übrig
ist.«
»Was noch übrig ist?«
»Ein Teil fehlte.«
»Aha. Das Arbeitszimmer.«
»Was ist damit geschehen?«
»Der WolkenTunnel wurde zu schwer, er war nicht mehr zu
halten. Ich ließ das Haus abkoppeln. Doch vorher räumte
ich das Arbeitszimmer aus. Der Tunnelabschnitt versank in den
Tiefen.«
»Und der Inhalt?«
Der alte Dweller rotterte ein wenig zurück und wirbelte den
Rauch zu kleinen Kringeln auf. »Die Prüfung ist wohl noch
nicht zu Ende, Fassin Taak? Du willst immer noch nicht glauben, dass
ich der bin, für den du mich hältst.«
»Und für wen halte ich dich?«
»Für deinen – wie ich dachte – alten Freund
Valseir, einen ehemaligen Choal, der jetzt als Weisen-KIND auftritt
und hofft, dass auch seine Altersgenossen ihm diesen Status
zugestehen werden, sollte er sich jemals wieder in der
Öffentlichkeit zeigen können. Glaubst du, ich kann mich
jemals wieder in der Öffentlichkeit zeigen, Seher
Taak?«
»Das kommt darauf an.« Hinter dem alten Dweller ging das
GasClipper-Rennen weiter. Weit vor dem Luftschiff, das nur noch
mühsam hinterherhechelte, zeichneten Kameradrohnen alles auf und
übertrugen es auf die Bildschirme, die es in Großaufnahme
wiedergaben. Durch die offenen Diamantscheibenfenster der
Privatkabine drang ferner Jubel. »Warum bist du denn
untergetaucht?«
Der Dweller schaltete auf Signalflüstern um. – Ich
wollte noch einmal überfliegen, was ich dir für
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