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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Stier von einem Mann, ein dunkelhäutiges
Kraftpaket mit einer rauen Stimme, die zu seinem Aussehen passte.
    »Stattdessen haben wir nur fast keine Chance«,
sagte Colonel Somjomion von der Justitiarität und lächelte
dünn.
    »Wir haben alle Chancen der Welt, Madame!«, donnerte
Flottenadmiral Brimiaice und schlug mit einem Röhrenärmchen
auf den Tisch. Sein Körper in der prächtigen
maßgeschneiderten Uniform mit den vielen Orden stieg in die
Luft wie ein Luftschiff von der Größe eines kleinen
Flusspferds. »Gerade hier werden wir keine defätistischen
Reden dulden!«
    »Wir haben siebzig Schiffe weniger als vorher«,
erinnerte ihn der Colonel der Justitiarität sachlich.
    »Wir haben immer noch unseren Willen«, hielt Brimiaice
dagegen. »Und das ist letzten Endes das Wichtigste. Und wir
haben jede Menge Schiffe. Außerdem werden ständig neue
gebaut.« Dabei sah er Saluus an. Der nickte und bemühte
sich, seine Verachtung nicht zu zeigen.
    »Vorausgesetzt sie funktionieren«, murmelte der Oberste
Archivar Voriel. Der Cessorianer schien einen persönlichen Groll
gegen Saluus zu hegen, den dieser sich nicht erklären
konnte.
    »Das haben wir doch alles schon behandelt«, warf der
Erste Minister Heuypzlagger mit einem Blick auf Saluus rasch ein.
»Wenn es Probleme bei der Schiffskonstruktion gibt, werden sie
bei der Untersuchung sicherlich zu Tage kommen. Wir müssen uns
jetzt darauf konzentrieren, was wir sonst noch tun
können.«
    Saluus wurde es allmählich langweilig. Wozu noch länger
warten? »Eine Abordnung«, sagte er. »Das möchte
ich vorschlagen. Wir schicken eine Abordnung zu den Dwellern von
Nasqueron. Sie soll den Frieden sichern und verhindern, dass es zu
weiteren ›Missverständnissen‹ zwischen unseren Spezies
kommt. Außerdem soll sie versuchen, die Dweller in die
Verteidigung des Ulubis-Systems mit einzubinden und, wenn
möglich – und vorzugsweise mit ihrer Einwilligung –
entweder direkt oder in theoretischer Form an einige der
außerordentlich eindrucksvollen Waffensysteme heranzukommen,
die sie offenbar besitzen.«
    »Hm«, sagte Heuypzlagger und schüttelte den
Kopf.
    »Ach, jetzt ist unser Angehöriger der Raffenden Klasse
wohl auch noch Diplomat geworden?«, bemerkte Voriel. Sein
Lächeln war an der Grenze zum Hohn.
    »Dann bräuchten wir sicher noch mehr von Ihren angeblich
gastauglichen Schiffen, um diese Waffen zu beschützen!«,
protestierte Brimiaice.
    »Haben wir denn überhaupt schon eines?«, fragte
Thovin.
    Oberst Somjomion sah ihn nur mit schmalen Augen an.
     
    Die Konferenz dauerte nicht wirklich ewig. Irgendwann war sie
vorbei. Am Abend traf sich Saluus auf Murla in seinem Haus auf der
Wassersäule mit seiner neuen Geliebten. Dort hatte er sie zum
ersten Mal bei Tageslicht richtig angesehen und entschieden, dass sie
ihn interessierte. Das war einen Tag nach seinem und Fassins Besuch
im Narkoteria in Boogeytown gewesen, beim Brunch, zusammen mit
seiner Frau (und ihrer neuen Freundin) und den
Segrette-Zwillingen.
     
    Die FlugSchwinge Cheumerith flog hoch oben in den freien
Gasräumen zwischen zwei hohen Dunstschichten mit dem gewaltigen,
niemals endenden Jetstream, als wollte sie Schritt halten mit den
fernen Sternen, die manchmal klein wie harte Pünktchen durch den
gelben Dunst und die ewig vorbeihastenden dünnen Bernsteinwolken
blinzelten.
    Das Riesenluftschiff war ein schlanker Krummsäbel,
wellenförmig untergliedert und mit vielen Triebwerksgondeln
besetzt, zehn Kilometer breit, aber nur dreißig Meter lang und
zwanzig Meter hoch, ein dünner Faden, der von unten betrachtet
wie eine schnelle Wetterfront über der Wolkenwüste
dahindüste. In windstillen Gastaschen im Innern von einfachen,
nach hinten offenen Diamantschalen, die für das menschliche Auge
wie hohle Hände aussahen, hingen Hunderte von Dwellern an
Kabeln, die am hinteren Ende der Schwinge befestigt waren – wie
Flugzeuge beim Auftanken in der Luft.
    Die Dweller befanden sich in einer langen Drogentrance und waren
zeitlich so verlangsamt, dass ihnen der Flug mindestens um das
Zwölf- bis Sechzigfache schneller erschien, als er
tatsächlich war. Unter ihnen rauschten wie Schaumflecken riesige
Wolkenkontinente vorbei, oben drehten sich die Sternenfelder in
wahnsinnigem Tempo, dünne Nebelschwaden rasten heran wie
Wolkenfetzen in einem Hurrikan. Die Dweller an der Schwinge sahen
Tage und Nächte um sich herum an- und ausgehen wie ein
gewaltiges Stroboskop, und unter ihnen drehte sich der Planet,

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