Der Atem der Welt
Schultern und sah ihm in die Augen. Billys Augen waren sehr komisch: stumpf und beunruhigt, reglos und konzentriert. Seine Haut leuchtete.
»Mr Stock«, sagte Rainey, »so geht es nicht, du musst ein Mann sein, Mr Stock, und dich wehren.«
Doch Billys Augen rollten nach innen, und nur das Weiße war zu sehen. Sein Kopf hing schlaff an seinem stängeldünnen Hals nach hinten. Mr Rainey setzte sich, und Billys Kopf ruhte in seinem Arm.
»Los, komm, ohne unseren Billy Stock schaffen wir es doch nicht«, sagte Rainey.
Aber Billy blieb, wie er war, die weggerollten Augen wie weiße Schlitze in seinem braunen Gesicht.
»Ach, Billy«, sagte Rainey traurig. »Ach, Kind.«
»Ist er tot?«, schrie eine schrille Stimme. Skip.
»Tot«, sagte Dan.
»Allmächtiger«, sagte Rainey und legte Billy wieder auf den Boden des Boots und schloss ihm Gott sei Dank die Augen. Jetzt sah er aus, als schliefe er nur.
»Mr Rainey.« Das war Kapitän Proctors Stimme, deutlich und scharf. »Wenden Sie Ihr Boot, Sie treiben ab.«
»Ist er tot?«, schrie Skip wieder, mit hoher Stimme wie ein Mädchen. »Ist das meine Schuld? Oh Gott oh Gott, ist er tot, und ist es meine Schuld?«
Wenn es irgendetwas aus meiner Geschichte zu lernen gibt, dann vielleicht dies: Fahr nie mit einem Verrückten zur See. Allerdings habe ich das, worauf Gabriel schon warnend hinwies, inzwischen selbst festgestellt, dass es nämlich auf See buchstäblich von ihnen wimmelt. Skip gehörte auf jeden Fall dazu. War das der Grund dafür, dass wir irgendwann den Eindruck hatten, es wäre tatsächlich seine Schuld? Denn so war es, auch wenn wir alle wussten, dass seine Befreiung des Drachen mit allem, was danach folgte, nichts zu tun hatte.
»Es ist nicht deine Schuld, Mr Skipton«, sagte der Kapitän. »Auch wenn du da vielleicht anderer Meinung bist, hast du keinen Einfluss auf das Wetter. Halt um Himmels willen deinen Mund, wenn du am Leben bleiben willst. Mr Rainey, wir müssen nach Überlebenden suchen und retten, was wir können. Wir haben eine lange Reise vor uns, was aber nicht heißt, dass sie nicht zu schaffen wäre.«
Über dem Horizont war der Himmel dunkel. Der Wind setzte wieder ein, Regen fiel und wurde zu Hagel.
10
Wundersam, dass ein einziger armer Kopf so viel mit sich herumschleppen kann.
Ich sehe meine alten Schiffskameraden so deutlich, ein seltsamer Appell, wie in alten Zeiten – alten Zeiten, die erst gestern waren. Wir stehen gemeinsam auf dem abgekippten Deck, mit aufgerissenen Augen wie Kinder, und warten darauf, dass man uns sagt, was wir tun sollen. Der Hagel hüpft vom Deck hoch und trifft uns in die Augen.
Henry war unter Deck, Billy war in unserem Boot. Dag sagte, der Fockmast sei auf Sam gefallen und das Wasser habe ihn überspült. Simon sagte, er und Abel Roper hätten Mr Comeragh hochgeholt und ihn in das mittschiffs angelaschte Fangboot gelegt, doch dann schlug die Dritte zu, und das Boot wurde weggerissen. Herumgeschleudert und fortgetragen, blieb aber heil, und darin Mr Comeragh mit seiner großen Nase und den dunklen Augen im lächelnden Gesicht. Was mag er sich gedacht haben? Am besten, man legt sich auf den Boden, lässt dem Meer seinen Lauf und betet, und dann würde man vielleicht oder vielleicht auch nicht in der anschließenden Windstille feststellen, dass man noch lebendig war.
Mehr waren wir nicht.
Mr Raineys Gesicht war verdammt blutig. Kapitän Proctor nahm das Heft in die Hand. »Dies ist eine Katastrophe«, sagte er mit rauer Stimme und blinzelte mit halb zugekniffenen Augen gegen den Hagel, »nicht die erste und nicht die letzte.« Er bekam einen Hustenanfall und konnte erst nach einer Weile weitersprechen. »Wir werden diese Boote mit Mann und Maus sicher an Land bringen. Dass dies im Bereich unserer
Möglichkeiten liegt, daran besteht kein Zweifel, nicht der geringste.«
Blind machender Hagel.
»Einige unserer Freunde weilen nicht mehr unter uns.« Er öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus, er seufzte, schloss für eine Sekunde die Augen und befeuchtete sich die Lippen. »Wir werden alle, die wir finden, anständig bestatten.« Sein Blick war fest und bestimmt, aber in seinen Augen standen Tränen. Es war ihm, weiß der Himmel wie, gelungen, seine Brille zu behalten. »Und jetzt«, sagte er, »gibt es viel Arbeit für uns.«
Wir hatten Joes Werkzeugkiste, Beile, Nadel und Zwirn, einen Quadranten, zwei Kompasse, Windlichter, zwei Pistolen und eine Muskete, etwas Pulver und zwei völlig verstörte
Weitere Kostenlose Bücher