Der Aufgang Des Abendlandes
ihrer eigenen Gelüste und Wahnvorstellungen bleiben. Altruismns ist weder aus der
Materie zu begründen, noch sein Fühlen, sofern es nicht heuchelnde Interessenpolitik, zu erklären.
Sklavenaufstand der Vielzuvielen kann überhaupt nie altruistisch d. h. sozialistisch denken. Nur wo erleuchtete Vernunft
heranreifte, da keimt aus seelischem Überfluß das Mitgefühl. Nur radikal mit allem Materialismus brechen kann
vernunftgläubigem Altruismus die Bahn bereiten. So gewiß der Abfall von Gott die Vernunftverwirrung des Weltkriegs
erzeugte, so gewiß kann wahrer Sozialismus nur durch Einheitsgefühl der Menschheit siegen im Einsfühlen mit
dem Gott des »immateriellen« ewigen Lebens. Vor des Gottalls ungeheurer Wirklichkeit ist Sozialismus nur ein
Gesellschaftsspiel für große Kinder, Imperialismus ein Matsch ungezogener Rangen. Die alle Ungleichheiten und
äußerlichen Ungerechtigkeiten überbrückende Karmalehre vom ewigen Ausgleich der Wiedergeburten ist die
einzige wahre Demokratie, da widernatürliche Mehrheitsbeschlüsse sonst der natürlichen Ungleichheit sowohl in
der Materie als der Ideenwelt ein Schnippchen schlagen. Sozialismus und Altruismus sind unauffindbar in der Natur, sie
entdeckt man nur als Recht und Wahrheit jenseits der Menschenvernunft, im Erkennen des transzendentalen Monismus. Die
Geheimlehre erkennt den »Sündenfall« in immer gröberer Materialisierung des Selbst durch
hochmütige Selbstsucht (Luzifer), die sich auf eigene Füße stellen wollte, losgelöst vom Allsein, und so
das Karmaverhängnis herbeirief. Die heraufbeschworene »Erbsünde« kann nur langsam getilgt werden durch
steigende Erkenntnis des Ich als einer Illusion, um so allmählich in den Schoß der Allheit heimzukehren, was
keineswegs Erlöschen des Lebens, sondern nur Umwandlung der Materialisierung bedeutet. Sobald das Unbewußte
völlig das bloße Ichbewußtsein verdrängt, würde der »Übermensch« zustande kommen.
Herr der Materie jenseits von Leben und Tod.
»Wir gehen an den Examen zugrunde« (Busch, Bismarckerinnerungen). Der durchs Staatsexamen gefallene
Staatslenker meinte damit nicht nur Beamtengeheimräte, sondern auch die damals fortschrittlichen, heute alldeutschen
Geheimräte der Professorei, den ganzen geistigen Dressurdrill. Selbst wenn ein Unzünftiger wie der bedeutende
Schönredner Rathenau von kommenden Dingen redet, verfällt er in hochtrabenden Schulmeisterton, der stolz
gedankentönende Redensarten verzapft. Seine Ästhetik nennt Kunst »unbewußte Wahrnehmung« –
er meint Empfindung, denn der Künstler nimmt wahr mit verschärfter Bewußtheit –
»zweckfrei«, »gesetzmäßig« – redet aber dabei von Spiel. Nachahmung, Schmucksucht,
Zauberei als Urzwecken des Kunsttriebs, das Überintellektuelle der Intuition will durchaus nichts
Gesetzmäßiges, sondern davon Losgelöstes. Er begreift, daß die Gewerbefreiheit der Ästhetenkaste
mechanische Beckmesserei betreibt, daß wahre Kunst nur individuell spontan ausströmt, doch haspelt selber nur am
Äußerlichen herum. Bildnerei und erst recht Dichtung schafft als transzendente Funktion aus unbezwinglich dunkelm
Drang, dessen Ursachen sich selber schufen als eine Art Selbsterkenntnis des Unbewußten. Solange das Bewußtsein
nur sinnlich auf sich wirken läßt, versinkt es wehrlos in Schein; wer nur »Natur« empfindet,
verknäuelt sich in ihr; erst wer eigene Innenkraft hervorholt, entreißt sich dem Schein auf höhere Worte!
»Wer sein Leben behalten will, der wird es verlieren«, ist ein Jesuswort von unendlicher Tragweite. Im
Unendlichen sind unendliche Möglichkeiten der Fortbildung für fragmentarisch Unausgeglichenes, divergierende Linien
müssen sich mathematisch am letzten Ende schneiden, im Transzendentalen wird immer alles eins. Eine Tatsache beweist
sich nicht durch vorausgesetzte Ursachen, sondern durch Wirkungen, aus denen Eigenschaften sich festlegen. Die Ur- und
Tatsache des transzendentalen Monismus wurzelt in ihrer empfundenen Wirkung, dem zugleich monistisch dargestellten und
transzendental ausgedehnten Individualleben der Psyche. Wissenschaft füllte nur unterirdische Keller, bis zum Plafond
blieb das Bildungsgebäude leer von großen Gegenständen, nur ein paar gute Gemälde hingen darin. Nicht
mal die hat heut die englische Zivilisation, sie gleicht einem komfortablen Klub mit reicher Bibliothek im Rauchzimmer, die
niemand liest, die deutsche einem vollgepfropften Warenhaus, wo man in
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