Der Aufgang Des Abendlandes
zweifellos Buddhaselbste sich reinkarnieren? Lehrt
nicht die Blavatzky, daß besondere Rüstzeuge des Schicksals wie Alexander und Napoleon sich, wenn die Zeit
erfüllt, reinkarnieren müssen, und wird nicht gleiches überhaupt vom Genie vorausgesetzt? Ein Naturgesetz
kennt keine Ausnahmen, gleiches muß für jeden unbekannten Durchschnittsmenschen gelten, nur daß uns für
dessen Wesen und Handlungen alle Merkmale der Beobachtung fehlen. Auch er besitzt eine, obschon schwach ausgeprägte,
Persönlichkeit und begeht Dinge, die sich astral vererben, nicht auf seine leiblichen Nachkommen, denen sein Karma oft
nicht anhaftet oder nur äußerlich. Die »Wiederkehr« selber, die auch der Alleszermalmer Nietzsche als
Tatsache anerkannte, drängte sich seit ältesten Zeiten auf, und die halbwahre Vererbungstheorie als
Übersetzung einer psychischen Tatsache ist nur ein faßliches Sinnbild einer größeren und verwickeiteren
Transzendentalerscheinung.
Wir können die Wiederkehr der Karmavererbung nur an bedeutenden Persönlichkeiten studieren und wählen wir
hier ein bestimmtes Beispiel, das wir vor Augen haben, ohne es durch Namen zu verdeutlichen. Der halbgeniale A wird als
ganzgenialer B wiedergeboren, B als umstrittener C. Ein Oberflächlicher würde frischweg erklären, dies sei
Fiktion, er sehe im Äußeren und Innern, Milieulebenslauf und Werkform der drei keine Ähnlichkeit. Ein
Besserwissender würde indessen bekennen, daß hier Ähnlichkeit in der Verschiedenheit bemerkbar sei, derart,
daß bei B bestimmte Anhalte (z.B. Lektüre der Mutter während der Schwangerschaft) zu A
hinüberführen und B auch wirklich mehrfach mit A verglichen wurde, ähnlich C im Verhältnis zu B. Dies
bezieht sich auf geistige Strukturen und Impulse. Physisches Äußere scheint bei den drei verschieden, doch erkennt
ein Tieferprüfender selbst hier Zeichen der Ähnlichkeit in Anlage und Aufbau. So äußert sich z.B. die
Sinnlichkeit anscheinend verschieden, bei B alles sublimierter und vornehmer, doch offenbar nur gemäß seinem
bevorzugten Milieu, der Grundtrieb souveränen Wegsetzens über bürgerliche Moral bei allen gleich nebst
Auflehnung gegen Familienpflichten, obwohl in sehr verschiedener Form. Das besondere Temperament, schwankend zwischen
wohlwollender Offenheit des Idealisten und krankhaft gesteigertem schwarzgalligem Mißtrauen realistischer Erfahrung,
deckt sich bei allen drei. Schwächere Abarten dieser heftigen Temperamente kommen natürlich auch sonst vor, doch
die besondere Eigenart der drei wiederholte sich bisher nie, verknüpft mit revolutionären Haß gegen die
Gesellschaft. Ist nun der Ausnahmecharakter der drei gänzlich identisch, so scheint Ausdrucksform ihrer Werke
verschieden, besonders bei A und B. Aber auch hier liegt nur Verschiedenheit der äußeren Lebensstände vor,
infolgedessen A eine für seine Zeit und Rasse passende Form wählte, B eine andere seiner eigenen Zeitströmung.
Doch das Polemische, die Neigung zu rhetorischem Disputieren und Herausfordern findet sich deutlich bei B wie bei A und C,
während umgekehrt der düstere Propagandist A zeitweise in überschwenglicher Schwärmerei schwelgte und bei
beiden die Leidenschaft die gleiche sexual-platonische Ekstase zeigt. Die wahre geistige Identität ist also so
groß wie die charakterologische, während C geistig eine Mischung von A und B bedeutet, äußerlich
umfassender in Formen und Wissen, scheinbar in mancher Ausdrucksweise verschieden und dennoch der nämliche. Die A und B
gemachten Vorwürfe, manchmal richtig, doch größtenteils oberflächlich borniert, trafen genau so C.
Dieselbe glühende Phantasie, derselbe zersetzende Verstand paaren sich bei allen drei, die Phantasie bei A am
schwächsten, auch bei B und C mehr reflektiv als sinnlich gestaltend. Allen gemeinsam begeisterte Hingabe ans
Transzendentale, gleiche Entwicklung von natürlichem Wohlwollen zu kalter Menschenverachtung durch bittere Weltkenntnis,
was gleichmäßig ihren Gegnern zu verläumderischen Zerrbildern Anlaß gibt. Die beißende Ironie und
gallige Satire bei B und C ist nur Umsetzung düsterer Bitterkeit bei A, immer Gleichheit bei schwacher Verwandlung,
allgemeine erstaunliche Identität. Dagegen gleichen ihre äußeren Milieubedingungen und ihr Lebenslauf sich
anscheinend nicht, aber auch dies ist Schein. Zunächst fällt auf, daß alle drei jeder in besonders bedeutende
historische Phasen fielen, die nur zeitlich sich
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