Der Auftrag
Energiestrahlen stotterten in den Weltraum hinaus. Einige der Legionäre erwiderten das Feuer, aber Perez konzentrierte sich auf den Fallschirm und ignorierte den Beschuss vom Boden. Zumindest versuchte er das.
Leuchtspurgeschosse zogen vorbei, scheinbar harmlos, aber sehr tödlich. Der Boden raste ihm entgegen. Er sah das Gebäude. Es hatte drei Spitzen. Dazwischen befand sich eine Batterie für Boden-Luft-Raketen. Eine Radar-suchrakete brauste an Perez vorbei und suchte sich einen Truppentransporter als Ziel. Eine Turmspitze zuckte ihm entgegen. Er versuchte ihr auszuweichen, schaffte es nicht und biss seine nicht existierenden Zähne zusammen.
Der Aufprall war schrecklich. Ein Metallstab traf den unteren Teil seines Leibes, stieß durch den Behälter für Reservemunition, das Energiespeichermodul und den Bordprozessor. Er schrie, und die Welt wurde schwarz.
Die Stimme kam aus dem Nichts und doch von überall.
»Willkommen in der Legion, ihr Kotzbrocken. Mein Name ist Sir.«
Die Nacht, die Schlacht und der Schmerz verblassten. Perez fand sich mitten auf einem riesigen Exerzierplatz. Ein kleiner, lebhaft wirkender Mann stand vor ihm. Der Mann hatte kleine, glänzende Augen, eine überdimensionale Nase und von der Sonne gerötete Haut. Seine Arme waren mit farbenprächtigen Tattoos verziert. Das weiße Käppi saß gerade auf seinem Schädel, die Bügelfalten seiner Khakiuniform wirkten so scharf wie ein Rasiermesser, und seine Stiefel glänzten, dass man sich darin spiegeln konnte. Seine Augen wanderten von rechts nach links, und jetzt wurde Perez bewusst, dass da noch andere waren. Der Mann sprach ganz locker im Gesprächston, dennoch hallten seine Worte über den ganzen Platz.
»Jeder Einzelne von euch hat wegen eines Verbrechens vor Gericht gestanden und ist zum Tode verurteilt und exekutiert worden. Dies ist eure letzte Chance. Wenn ihr die Befehle befolgt, wenn ihr lernt, was wir euch beibringen, und wenn ihr sehr, sehr großes Glück habt, könnte es sein, dass ihr Legionäre werdet. Und mit dieser Ehre geht ein neuer Name einher, ein besseres Leben und die Chance, etwas aus euch zu machen.«
Perez erinnerte sich an den Raum mit den Wänden aus rostfreiem Stahl, den roten Punkt auf seiner Brust und das sichere Wissen, dass er sterben würde. Gestorben war und hier aufgetaucht war, wo immer das auch sein mochte.
Der Mann lächelte. »Einige von euch werden bei Trainingsunfällen sterben. Einige werden Selbstmord begehen, um sich den nächsten Tag zu ersparen. Und drei oder vier von euch werde ich umbringen, einfach, weil es mir Spaß macht.«
Der Mann ließ den Blick über die Angetretenen wandern. Seine Augen waren wie Laser, man hatte das Gefühl, sie würden alles durchdringen, was sie sahen.
»Viele von euch glauben das nicht. Ihr denkt, die Rechte, die ihr einmal gehabt habt, hätten immer noch Gültigkeit. Falsch. Im juristischen Sinne seid ihr tot, bis zu dem Zeitpunkt, wo ihr formell in den Listen der Legion geführt werdet. Im Augenblick habt ihr keine andere Existenz als die, die ich euch erlaube.«
Der Mann verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
»Es gab einmal eine Zeit, wo es Monate gedauert hat, einen guten Soldaten auszubilden. Na schön, das ist jetzt nicht mehr so. Ihr seid Cyborgs. Nicht viel mehr als Gehirne, die man in Maschinen eingeschlossen hat. Das
Haar, die Augen, die Nasen, die Arme, die Hände, die Titten, die Eierstöcke, die Mösen, die Schwänze, die Eier, die Beine und die Füße sind weg. Ihr werdet nicht zu essen oder zu atmen brauchen und auch nicht zu schlafen, zu scheißen oder zu vögeln. Das Einzige, was ihr tun müsst, ist trainieren. Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, bis ihr entweder gelernt habt oder sterbt.
Wenn ihr lernt, hat der Imperator einen zusätzlichen Legionär. Wenn ihr es nicht schafft und ich den Stecker ziehe, ist das ohne Belang, weil ihr von vornherein tot wart und in den meisten Fällen auch durchaus verdientermaßen. Das Imperium gewinnt also in jedem Fall.«
Sir blickte in die Runde, um sich zu vergewissern, dass er ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte, und nickte.
»Das Meiste, was ihr lernt, wird über das neurale Interface kommen. Die Schlacht, die ihr gerade erlebt habt, war die erste von hunderten. Indem ihr echte Schlachten erlebt und den echten Tod, werdet ihr sehr schnell lernen. Hat jemand irgendwelche Fragen?«
Perez stellte fest, dass die Sicht nach beiden Seiten besser war, als er das gewöhnt war,
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