Der Augenblick der Liebe
unsterblichen Buben gemacht. Aber, dachte Gottlieb, das wäre schade um dieses Mädchen. Wie beschränkt ist das Leben. Dolphins. Mating. Und nie wirst du mit diesem Mädchen auf der hier üblichen Holzveranda sitzen, nie mit ihr durch die Eukalyptuswälder traben ... Beate signalisierte an seiner Hand, daß sie auch noch da sei. Also löste er seinen Blick von diesem langen Hals und dem halblangen Haargewell. Zum Glück wurde sie jetzt hin eingerufen. Catherine. Und wie sie hineinging. Drei Schritte. Aber die wie auf einem Sandstrand. Als sinke sie bei jedem Schritt ein und müsse sich dann hochstemmen, strecken. Als sie wieder herauskam, ging sie, alle grüßend, hinaus. Gott lieb durfte sich auch gegrüßt fühlen. Dann wurden, obwohl sie noch nicht dran waren, er und Beate hineingerufen.
Dr. Matusakas Sprechzimmer war eine überfüllte Kabine. Der Doktor war entsprechend klein und zart und leise. Eine Art Astronautensitz nahm Gottlieb auf. Dr. Matusaka dik tierte, was er feststellte, in ein Mikrophon, das er als schwar zen Knopf an seinem eierschalenfarbenen Mäntelchen trug. Als er dem Mikrophon alles gesagt hatte, sagte er alles noch einmal in unärztlichem Englisch. Und immer sprach er auch zu Beate, weil er gemerkt hatte, daß sie ohnehin dem Patienten nachher alles noch einmal in seiner Sprache sagen mußte. Daß der Patient über seine Stimmbänder so gut wie nichts wußte, hatte er sofort erkannt. Also: Eine adoptive Asymmetrie des linken Stimmbandknorpels und eine inkom plette Lähmung der linken Stimmbandlippe. Vielleicht sind von einer Grippe Toxine zurückgeblieben, vergiftete Eiweiß stoffe, und haben den langen Stimmbandnerv angegriffen. Vielleicht war eine Verletzung die Ursache. Der Stimmband nerv, Recurrens genannt, sei mehr oder weniger funktions unfähig. Dieser Nerv reicht vom Kopf herab und um das Herz herum; das Embryo hat das Herz noch im Hals, dann senkt sich das Herz und nimmt den Recurrensnerv mit. Der geht dann um das Herz, um die Aorta, um die Speiseröhre herum, bis er den Muskel des Stimmbands bedient. Für eine Lähmung oder Teilweiselähmung kann es viele Ursachen geben: von einer Schilddrüsenvergrößerung bis zum Carci nom. Was tun ? Antibiotika auf jeden Fall. Eine Thoraxrönt gung auch auf jeden Fall. Eine Computertomographie auch. An der Universitätsklinik hat ein Professor ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, in den Stimmbandmuskel einen Sender einzusetzen, der genau meldet, wieviel das Stimmband noch bringt. Dr. Matusaka hält das hier nicht für nötig. Das rechte Stimmband des Patienten ist erstaunlich gut trainiert, es kommt mit seinen Schwingungen bis an das linke hin. Aber natürlich sind, um die Carzinomvariante zu klären, Aufnahmen, Röntgen und Tomographie, unerläßlich. Und sofort Antibiotika, um die möglicherweise von einer Virusgrippe verursachte Sekundärinfektion zu stoppen. Der Patient soll jetzt nicht nichts reden. Er soll sich um Gottes willen jetzt nicht aufs Flüstern reduzieren. Weder brüllen noch flüstern. Einfach reden. Er, Dr. Matusaka, habe unter seinen Patienten einen Pfarrer, der an ähnlichen Beschwer den leide, der sich aber jede Aufklärung über seine Symp tome verbiete. Er will darüber nichts hören. Er tritt für seine Kirche dreimal pro Woche im Fernsehen auf. Vor jedem Auftritt läßt er sich eine leichte Strychninspritze geben, die tonisiert dann die Stimmbänder so, daß sie ein paar Stunden funktionieren.
Gottlieb war sicher, daß der Arzt von dem bärtigen Geld forderer mit der schief sitzenden Mütze sprach.
Mr. Krall, sagte der Arzt, muß um eine rasche und voll kommene Aufklärung
Weitere Kostenlose Bücher