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Der Augenblick des Magiers

Der Augenblick des Magiers

Titel: Der Augenblick des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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achten, was Jon-Tom singen mochte, bis er sich von der Loyalität seines menschlichen Haustiers überzeugt hatte. Also mußte er vorsichtig sein, bis er etwas unternehmen konnte.
    Doch wußte er einfach nicht, was das sein könnte.
    Als die Tage im Schacht verstrichen, fiel ihm besonders eines auf: Die Mühelosigkeit, mit der Gyrnaught die Raubvögel dieser Welt auf seine Seite gebracht und sie von seiner Sache überzeugt hatte. Sie unterzogen sich einem wirkungsvollen Drill zu Lande und in der Luft und schienen bereitwillig ihrer herkömmlichen Unabhängigkeit abgeschworen zu haben, um sich Gyrnaughts Herrschaft zu unterwerfen. Wenn er sich an jene Raubvögel erinnerte, denen er auf seinen Reisen begegnet war, erschien das Jon-Tom als äußerst untypisch.
    Eines Tages fragte er einen Fischadler danach. Zu seinem Erstaunen teilte der Vogel ihm mit, daß die Habichte und Falken und die anderen Raubvögel durchaus Zweifel an Gyrnaughts Philosophie zu äußern pflegten, wenn sie allein gelassen wurden. Sie waren sich überhaupt nicht sicher, ob sie wirklich die Welt erobern wollten. Doch in seiner Gegenwart waren sie einfach hilflos. Die gewaltige Ausstrahlung der Persönlichkeit des Adlers und die Überzeugungskraft seiner Argumente überwältigten jeglichen zögernden Widerstand. Darüber hinaus wurde niemand, der ihn offen in Frage stellte, jemals wiedergesehen. Deshalb gab es auch keinen organisierten Widerstand gegen sein Vorhaben.
    Das Gespräch mit dem Fischadler flößte Jon-Tom erheblichen Mut ein. Vielleicht waren die Raubvögel nicht selbstbewußt genug, um sich gegen ihn zu stellen, aber wenigstens hatten sie nicht alle ihre Seele an Gyrnaught verkauft. Diese Unsicherheit ließ sich ausnutzen, allerdings nicht stufenweise. Gyrnaught würde jeden Widerstand zweifellos bis zu seinem Ursprung zurückverfolgen, und das wäre dann wohl das Ende von Jonathan Thomas Merriweather. Nein, es mußte einen schnellen, plötzlichen Willenszusammenbruch geben, wenn schon keinen offenen Aufstand. Das Problem war, daß er nur Songs kannte, die voller Leben und Freude und Fröhlichkeit waren. Er kannte keine Musik, die noch düsterer war als die bombastischen Militärmärsche, die Gyrnaught persönlich am meisten schätzte. Es fiel ihm auch nichts potentiell Zersetzendes ein, das schnell genug funktionieren würde. Und er glaubte nicht daran, daß er sehr viel Zeit haben würde. Sein Vortrag der alten Märsche verlor langsam an Schwung, je enttäuschter er selbst wurde, und Gyrnaught begann bereits Verdacht zu schöpfen. Eines baldigen Tages würde der Adler sich auf die Suche nach einem neuen Musiker machen.
    Er saß in seiner Privatnische auf dem Strohbett, das man ihm zur Verfügung gestellt hatte, und plauderte mit einem kleinen Falken namens Hensor.
    »Erzähl mir doch noch mal«, bat er den Raubvogel, »warum ihr alle Gyrnaught so willig und blind folgt. Weil er größer ist als ihr alle?«
    »Natürlich nicht«, sagte Hensor. »Wir folgen ihm, weil er klüger ist als wir und weil er weiß, was für uns das Beste ist. Er versteht es, uns dazu zu bewegen, wie eine einzige Klaue zu handeln und jedem, der sich uns widersetzt, den Tod zu bringen.«
    »Schon, aber es widersetzt sich euch doch niemand!«
    »Alle tun das. Alle, die sich nicht der Herrschaft der Herrenrasse beugen.«
    »Na schön, was wäre denn, wenn sich euch tatsächlich alle beugen würden?«
    »Das werden sie nicht«, meinte Hensor zuversichtlich. »Wir werden es in ihre Schädel einhämmern müssen. Das hat Gyrnaught gesagt.«
    »Ich meine ja auch, daß er damit recht hat, aber gehen wir doch einfach mal einen Augenblick davon aus, daß sich euch alle beugen. Was dann?«
    »Dann würden wir ohne jedes Blutvergießen regieren. Abgesehen natürlich von den minderwertigen Rassen, die man beseitigen muß.«
    Jon-Tom spürte, wie es ihm kalt den Rücken herunterlief, doch er fuhr in höflichem Ton fort: »Wer würde dann regieren?«
    »Wir, die Raubvögel. Natürlich unter Gyrnaughts erleuchteter Führung.«
    »Ich verstehe.« Jon-Tom rutschte auf seinem Stroh etwas beiseite. »Angenommen, das trifft alles ein, angenommen, ihr erobert unter Gyrnaughts Leitung die ganze Welt. Was passiert denn dann?«
    »Na ja...« Hensor zögerte. Offensichtlich reichten Gyrnaughts Kampfreden nicht so weit in die Zukunft. »Dann müßten wir nicht mehr arbeiten. Dann würden andere für uns angeln und jagen und Nahrung sammeln.«
    »Und was werdet ihr dann tun?«
    »Na,

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