Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)
jetzt sind uns die Aale plötzlich so dazwischengekommen, ich will abschließend aber noch was zum Endlager hier sagen und zur Atompolitik – denn die Verantwortlichen gefährden ja sämtliches Leben, auch das des Wunderwesens Aal, das wesentlich älter ist als der Mensch. Wenn da einer sagt, er wird für eine Million Jahre garantieren, daß der Atommüll keinen Kontakt zur Biosphäre hat, dann kann man ja nur noch hohnlachen über eine solche Vermessenheit.«
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UMSONST IST NUR DER TOD?
ARBEITSLOSE
Gabriele Grüttner-Gau, arbeitslos, Aktive i. Berliner Umsonstladen-Kollektiv. 1961 Einschulung i. d. Fritz-Reuter-Schule Neubrandenburg (Allgemeinbildende Polytechn. Oberschule), 1971 Abschluß 10. Klasse i. Binz. 1971–74 Ausbildung (Elektronikfacharbeiter mit Abitur) a. d. Betriebsschule d. Kombinats Halbleiterwerk Frankfurt/Oder. 1976 Geburt v. Sohn Andreas. Tätigkeit i. Servicebereich d. Funkwerkes Berl.-Köpenick. 1982 Studium d. Betriebswirtschaft/Ingenieurökonomie d. elektron. u. elektrotechn. Industrie a. d. Ingenieurschule f. Elektrotechnik u. Maschinenbau, Eisleben, Abschluß Ingenieurökonom. Während d. Zeit d. Studiums Geburt v. Sohn Thilo (1983) u. Tochter Anna (1984). Ab 1988 Ökonomische Mitarbeiterin d. Kombinatsleitung (VEB Kombinat Nachrichtenelektronik, Berl.-Köpenick) i. Bereich Export, Abt. Marktbearbeitung Nachrichtenelektronik. Nach d. Wende arbeitslos. 1990–1997 leitende Tätigkeit i. Berliner Bestattungsunternehmen. Seit 1998 arbeitslos. 1995–1998 engagierte Mitarbeit i. d. »Berliner Hilfe f. Tschernobyl e. V.«. Im Jahr 2000 Krebserkrankung, mehrere Operationen i. Jahr 2000 u. 2003, Krebs- u. Psychotherapie, Rehamaßnahmen, div. Nebentätigkeiten i. Architektenbüro, Werbe- u. Computerfirma, Verlag, ABM usw. Seit 1/2004 Erwerbsunfähigkeitsrente (befristet). 2001–2002 Aufbau d. »NET-Selbsthilfegruppe e. V.« (Neuroendokrine Tumore), ehrenamtl. Tätigkeit a. Vorstandsmitglied. Seit 2003 Aktive i. Umsonstladen-Kollektiv. Gabriele Grüttner-Gau wurde 1955 i. Neubrandenburg als Tochter eines NVA-Offiziers u. einer Lehrerin geboren, sie ist i. zweiter Ehe mit einem Metallbildhauer verheiratet und hat drei Kinder.
Der Berliner Umsonstladen wurde 2001 gegründet, die Idee dazu kam aus Hamburg, wo der »Arbeitskreis lokale Ökonomie« bereits 1999 einen Umsonstladen gegründet hatte. Inzwischen gibt es in Deutschland zahlreiche Läden dieser Art. In Hamburg und Berlin verfolgte man von Beginn an ein politisches Konzept, antikapitalistische Gesellschaftskritik sollte aus der theoretischen Auseinandersetzung heraus auf praktische Füße gestellt werden. Man wollte eine Alternative schaffen zu Terror und Magie des Geldes, eine Alternative zur Konsumgesellschaft. Und man wollte gründlicher sein als die Tauschring-Aktivisten, die zwar das Geld als solches, nicht aber Tauschwertbeziehungen in Frage stellen, wenn sie Dienstleistungen berechnen, verrechnen und den Nutzen kalkulieren. Gut, es ist vielleicht ein etwas zu frommer Wunsch, zuerst das Geld, mit dem Geld den Tauschwert, mit dem Tauschwert die Ware, mit der Ware die kapitalistische Produktionsweise loswerden zu wollen statt umgekehrt. Aber wenn eine originelle Idee realisiert wird, inmitten der Einöde des Immergleichen, dann ist schon viel gewonnen. Die originelle Idee war: Gründung eines Ladens ohne Kunden, ohne Kasse, in dem man nichts einkaufen kann, eines Ladens ohne Lohn, ohne Preis, ohne Profit – und natürlich ohne Waren. Statt dessen ein Laden voller Gebrauchsgegenstände, von denen ein jeder, der etwas braucht, gratis mitnehmen kann, Nach dem einfachen Prinzip: »Jedem nach seinen Bedürfnissen«. Lieferanten sind diejenigen, die ihren Computer oder anderes Gerät nicht mehr benötigen, die Bücher, Kinderspielzeug, Kleidung, Wäsche, Geschirr aussortieren, aber nicht wegwerfen wollen. Vorgabe für die Bringenden: Die Dinge müssen funktionsfähig und sauber sein, und nur so schwer, daß eine Person allein sie transportieren kann (für Schwereres gibt es ein Schwarzes Brett). Vorgabe für die Holenden: Pro Besuch und Person können bis zu drei Dinge für den persönlichen Gebrauch mitgenommen werden. Wiederverkauf ist nicht im Sinne des Projektes und wird mit Hausverbot geahndet (so hofft man, u. a. Flohmarkthändler abzuschrecken).
In den drei Jahren seit Gründung des Ladens haben sich die gesellschaftlichen Verhältnisse deutlich verändert. Während sich die Besitzprobleme der »Besserverdienenden«
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