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Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)

Titel: Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Goettle
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Da habe ich sie angesprochen, obwohl sie das Prinzip ja eigentlich kennt. Dann war sie blubberig, wurde im Tonfall laut, hat sich so aufgeregt, daß ich dann sagte: Bitte, nimm alles mit, du hast es einfach nicht begriffen, auch daß es ein Stück Solidarität ist, wenn man anderen auch noch was Schönes übrigläßt, was sie gebrauchen können. Sie sagte dann nur: Ja wieso der und ich nicht?! Da bin ich dann auch am Ende mit meiner Weisheit. Wir haben Aktive, die sich dann trotzdem durchsetzen und die Herausgabe verweigern, aber wir sind eben alle unterschiedlich. Unser Gemeinsames ist diese Idee, ist dieses Projekt, und da sind wir uns hier alle einig, auch in der Geldfrage. Wir hier wollen ja nichts mit Geld zu tun haben, aber in Hamburg, wo sie Miete zahlen müssen, da sprechen sie die Leute schon an. Das war für mich das Interessante beim Umsonstladen-Treffen vor kurzem im November, daß die Läden eigentlich so verschiedenartig sind in der Art, wie das gehandhabt wird – nur die Generallinie, die ist schon klar, und darum treffen wir uns auch.
    Wir haben ja das Schild draußen an der Tür hängen, auf dem steht: ›Sie verlassen jetzt den kapitalistischen Sektor‹, das ist ja schon mal das Erste, worüber man nachdenken könnte, und viele tun es. Also, es gibt immer noch welche, die sagen, ja, da mache ich mit, das interessiert mich, da bin ich Feuer und Flamme. Sie sehen, hier gibt es einen Freiraum, den man nutzen kann, außerhalb der Geldmechanismen. Wir sind da ganz offen für neue Leute, es ist ein Angebot, dieser Umsonstladen. Wenn ich eine Idee habe, kann ich sie reinbringen und selbstbestimmt mitwirken. Man kann das machen. Was verboten ist quasi, es darf damit kein Geld verdient werden. Ich kann die Räume nutzen, ich kann die Technik nutzen. Die ist allerdings momentan defekt. Daß der Internetzugang wieder funktioniert, daran wird gearbeitet, und wir haben ja jetzt einen Aktiven dazubekommen, der computermäßig viel Ahnung hat. Der wird das aufbauen und betreuen. Es ist wichtig, wenn man was ins Leben ruft, daß man sich dafür dann auch verantwortlich fühlt. Das betrifft natürlich letzten Endes auch die Sauberkeit im Laden hier. Ihr habt das ja vorhin so rübergebracht, daß es ziemlich keimig ist, verkommen. Ich persönlich habe das Gefühl auch, und ich werde es noch mal ansprechen in der Vorbereitungsgruppe, daß es mir schon wichtig wäre, regelmäßig sauberzumachen, um das, was ich als keimig empfinde, wegzubekommen. Wir werden sehen, ob das alle wollen. In der Gruppe, wenn man da sagt, du, ich hätt das gerne sauberer, da wird dann gern gesagt: Gut, dann mach es! Ich kann von mir nur sagen, wenn die Nutzer das so rüberbringen, dann rede ich genauso und sage, der Laden sieht so aus ›wie du mit ihm umgehst‹, wir sind hier keine Angestellten! Ich tu hier mit und mach meinen Teil sauber, wenn du also dieses Regal zu unordentlich oder zu staubig findest, dann wäre es schön, wenn du, während du suchst zwischen den Sachen, es einfach saubermachst und aufräumst. Das ist natürlich bei allen ein wunder Punkt. Der Laden ist nun mal so entstanden. Als linksautonomes Projekt hat man andere Schwerpunkte als Putzen. Aber es ist natürlich schon eine Hemmschwelle für den Mittelstand, das Aussehen. Deswegen bin ich damals ja auch nur mit starken Hemmungen hier reingegangen – ich mußte wegen meiner Krebserkrankung zur Körpertherapie, das ist direkt nebenan, und habe so den Laden entdeckt –, aber ich habe mich zum Glück überwunden. Also, das ist eine Sache, die ich beispielsweise sehr gut gelernt habe, mit diesem Kram und mit der Keimigkeit umzugehen, zu sagen, es ist nicht so wichtig. Wichtig ist, was wir inhaltlich wollen und daß es funktioniert. Und es funktioniert. Trotz allem, was vielleicht dagegensprechen mag, haben wir diese wunderbare Mischung der sozialen Schichten, die Leute bringen die Dinge, andere kommen und nehmen die Dinge, und so wälzt sich der Bestand des Ladens in kurzer Zeit immer wieder vollkommen um. Und wenn es uns dann auch noch gelingt, den Nutzern den Sinn unseres Projektes rüberzubringen, Leute anzuregen, dann haben wir doch schon einiges erreicht. Aber wir möchten natürlich noch mehr erreichen; woran wir seit längerer Zeit arbeiten, das ist so eine Art ›Gratisring für gegenseitige Hilfe‹ aller Art, wir wollen uns ja nicht auf Gebrauchsgegenstände beschränken.«
    Wir fragen, ob es »Ladenhüter« gibt. Sie zeigt auf die Kinderecke neben der

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