Der Ausloeser
Pistolen rumgewedelt, und ich … Ich weiß auch nicht warum, aber ich bin einfach auf den einen los, und er …« Alex zuckte die Schultern.
Endlich bog Bradley auf den Parkplatz des Walgreen’s ein und hielt vor der Tür. »Könnte ich kurz Ihren Führerschein sehen?«
»Meinen Führerschein?« Alex spürte, wie sich seine Rückenmuskulatur verkrampfte. »Klar, kein Problem.« Er grub in der Hosentasche, zog den Geldbeutel heraus und reichte ihm den Führerschein. Die Kette zwischen Hosenbund und Geldbeutel klimperte.
»Stimmt die Adresse noch?«
»Ja.«
Bradley kramte einen Block aus dem Handschuhfach und notierte sich Straße und Hausnummer. »Telefon?«
Gehorsam sagte Alex die Nummer auf. »Was denken Sie, kriegen Sie die Typen?«
»Sicher.«
Wieder dieser eisige Schauer. »Wirklich?«
»Sicher. Warum denn nicht?« Der Detective runzelte die Stirn.
»Weiß nicht. Ich … Ich bin wohl einfach erleichtert.«
Bradley nickte. »Soll ich nicht doch auf Sie warten? Ist wirklich kein Problem.«
»Nein, nein, schon gut.« Er hielt das Rezept hoch. »Sie wissen ja, so was kann ewig dauern.« Was für eine lächerliche Ausrede.
»Alles klar. Ich melde mich, wenn ich noch was von Ihnen brauche. Bis dahin …« Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie zusammen mit dem Führerschein über die Mittelkonsole. »Genau wie im Fernsehen – wenn Ihnen noch was einfällt, rufen Sie mich einfach an. Jedes Detail kann wichtig sein.«
»Verstanden.« Alex legte die Hand auf den Türgriff.
»Ach ja, Mr. Kern? Einen Rat hätte ich noch für Sie.«
Alex hielt inne und drehte sich zögerlich um. »Ja?«
»Was das betrifft, hat Ihre Ex-Frau recht: Sie sollten sich wirklich einen neuen Job suchen.«
»Ich geh dann mal.«
Jenn blickte von der Küchentheke auf und blinzelte das Bild der Gasse weg. Komischerweise hatte sie nicht die Gewalt, die Schreie und die knallenden Schüsse vor ihrem inneren Auge abgespielt – sondern die Zeit davor, als der Cadillac in die Gasse eingebogen war, die langen Augenblicke, auch wenn es kaum mehr als zwei oder drei Minuten gewesen sein dürften, in denen sie mit dem Dealer allein gewesen war.
Sie hatte sofort gewusst, was geschehen würde. Natürlich nicht in allen Details, aber schon als das Licht der Scheinwerfer auf sie gefallen war, hatte sie das zerstörerische Potenzial der Situation gespürt – und die Chance, die winzige, kaum zu fassende Chance, die Katastrophe aufzuhalten, die Zukunft, die unweigerlich auf sie zuraste, im letzten Moment abzuwenden. Um diese Chance zu ergreifen, musste sie schnell sein, schnell und clever.
Wenn sie doch nur schneller geschaltet hätte. Dann wäre jetzt alles anders.
»Hallo? Ich rede mit dir!?« Ian zog die Autoschlüssel aus der Tasche. »Ich fahr heim.«
»Warum?«, fragte Mitch, ohne vom Sofa aufzustehen.
»Weil wir jetzt sowieso nichts tun können. Oder fällt dir noch was ein? Wir müssen bis morgen warten, bis wir mit Alex reden können. Und bis dahin werd ich duschen und versuchen, ein bisschen zu schlafen.«
Jenn sah Mitch an. »Hältst du das für eine gute Idee?«
»Das hat er doch nicht zu entscheiden«, keifte Ian, während er die Schlüssel von der einen Hand in die andere warf.
Mitch schüttelte den Kopf. »Schon gut. Ist eigentlich egal, wo wir warten.« Er sah Ian in die Augen. »Aber keine Dummheiten, okay?«
»Wie bitte?«
»Du weißt genau, was ich meine«, erwiderte Mitch in ruhigem, gewichtigem Tonfall, der Jenn erahnen ließ, dass er damit auf etwas ganz Bestimmtes anspielte.
Ian schnaubte, eine Mischung aus Ärger und Verzweiflung. »Wie oft willst du es denn noch hören? Es tut mir leid.«
»Schon okay«, sagte Mitch und nickte.
Jenn rieb sich die Augen und fuhr sich durch die Haare, raffte sie zu einem schlampigen Pferdeschwanz zusammen und ließ sie wieder auf den Rücken fallen. »In Ordnung.« Müde stieß sie sich von der Küchentheke ab. »Also sehen wir uns morgen früh.«
»Ihr gebt mir Bescheid, wenn ihr von Alex hört?«
»Natürlich.«
Zu dritt gingen sie zur Tür. Einerseits war Jenn froh, sich in den eigenen vier Wänden verkriechen zu können; andererseits war es ein merkwürdiges Gefühl, ihre Freunde hier zu haben. In zehn Jahren frustrierender Partnersuche hatte sie sich eine Zuflucht geschaffen, die nur ihr gehörte. Sicher, es war bloß eine kleine Wohnung, aber sie hatte jede Wand selbst gestrichen und jedes Möbelstück eigenhändig ausgesucht, vom filigranen Tischchen
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