Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
die ganze Zeit über weiter Wasser geschöpft haben, gleichsam als wäre es mir zu einer Gewohnheit geworden, mit welcher ich nicht brechen konnte, die ich auch im Schlaf nicht aufgab. Woran ich mich noch erinnere, ist, daß gegen Ende meine Bewegungen immer zähflüssiger und langsamer wurden und das Wasser im Boot rascher stieg, als ich schöpfen konnte. Als ich endlich hörte, wie der Boden des Kanus über den Grund schrammte und ich überzeugt war, daß es nun endlich untergegangen war, konnte ich mich nur noch gelinde darüber wundern, kein Wasser um mich herum zu fühlen, nicht zu spüren, wie es mich umhüllte und daß keine Fische mir durch das Haar schwammen.
    Ich muß das Bewußtsein verloren haben, denn als ich wieder zu mir kam, war der Regen vorüber, schien hell die Sonne und ich blickte mich verwundert um. Ich war tatsächlich gesunken, freilich nicht sonderlich tief. Das Wasser ging mir bloß bis zur Hüfte, denn mein Einbaum war nur ein kleines Stück vor einem steinigen Strand auf Grund gelaufen, welcher sich nach beiden Seiten erstreckte und nichts von irgendwelcher menschlichen Besiedelung erkennen ließ. Immer noch schwach und wie erschlagen und mit langsamen Bewegungen stieg ich aus dem halbversunkenen Acáli hinaus und watete mit meinem völlig durchnäßten Bündel an Land. Jenseits des Strandstreifens wuchsen Kokospalmen, doch war ich viel zu schwach, um hinaufzuklettern oder auch nur eine Kokosnuß herunterzuschlagen oder herunterzuschütteln oder nach irgendwelchen anderen eßbaren Dingen Ausschau zu halten. Immerhin überwand ich mich und leerte noch mein Bündel, um alles in der Sonne zu trocknen, doch dann kroch ich in den Schatten einer Palme und verlor abermals das Bewußtsein.
    Als ich erwachte, herrschte Dunkelheit, und es dauerte einige Augenblicke, ehe ich mir darüber klar wurde, daß ich nicht mehr auf dem Meere hin und hergeworfen wurde. Wo ich war, wußte ich freilich überhaupt nicht, doch schien es, als wäre ich nicht mehr allein, denn überall um mich herum vernahm ich ein geheimnisvolles und beunruhigendes Geräusch. Es war ein Laut, der von überall und nirgends herkam, kein einzelnes, sehr lautes Klicken, doch alles zusammen ergab ein knisterndes Geräusch wie ein unsichtbares Buschfeuer, welches auf mich zukam. Oder vielleicht waren es viele, viele Menschen, die versuchten, sich an mich heranzuschleichen, allerdings nicht sonderlich heimlich, denn entweder traten sie alle auf besonders locker daliegende Kiesel auf dem Strand oder sie zertraten jeden Zweig, der als Treibgut an den Strand gespült sein mochte.
    Ich fuhr hoch, und auf diese Bewegung hin hörte das Klicken augenblicklich auf; doch als ich mich wieder hinlegte, setzte der unheimliche Laut sofort wieder ein. Jedesmal, wenn ich mich im Laufe dieser Nacht bewegte, verstummte es, um gleich darauf wieder einzusetzen. Ich hatte nicht meinen Brennkristall benutzt, um ein Feuer zu entzünden, als ich noch bei Bewußtsein gewesen war und die Sonne hochgestanden hatte. Deshalb konnte ich mir auch keine Fackel machen. Ich konnte überhaupt nichts tun, außer unruhig wach dazuliegen und ständig darauf gefaßt zu sein, daß mich irgend etwas ansprang – bis das erste dämmerige Morgenlicht mich die Ursache des Geräusches erkennen ließ.
    Beim ersten Anblick überlief mich eine Gänsehaut. Der gesamte Strand mit Ausnahme einer kleinen Lichtung um die Stelle herum, auf welcher ich lag, war über und über mit grünbraunen, handgroßen Krebsen bedeckt, die unbeholfen über den Sand und über einander hinwegkrochen und -rutschten. Krebse sind niemals besonders anziehende Geschöpfe, doch alle, die ich bisher gesehen hatte, waren zumindest ebenmäßig gewesen. Diese hier waren das nicht; denn ihre Scheren waren überraschend ungleich. Die eine war ein großes und unbeholfen dickes, leuchtend rot und blau gesprenkeltes Glied, die andere war schlicht krebsfarben und ganz schmal wie ein aufgeschlitzter Zweig. Und ein jeder Krebs benutzte seine schmale Schere, um unablässig die große Schere wie eine Trommel und keineswegs wohltönend zu bearbeiten.
    Das Morgendämmer schien für sie ein Zeichen zu sein, in ihrem lächerlichen Tun innezuhalten; die Massen lichteten sich, als die Krebse sich in ihren Bau im Sand verkrochen. Der eigentliche Körper war nur klein und enthielt zu wenig Fleisch, als daß es sich gelohnt haben würde, es aus der Schale heraus zu polken, doch ihre großen Trommelschlegelscheren, die ich überm Feuer

Weitere Kostenlose Bücher