Der Azteke
gewarnt hatte, falsch zu dolmetschen. Cortés erinnerte sich an mich, wie er es versprochen hatte, doch dem Anschein nach ohne Groll. Er lächelte schmallippig, als wir einander mit Namen vorgestellt wurden, ließ sich meine Gesellschaft gutmütig gefallen und sprach seine Worte genauso häufig durch mich wie durch seine Frau. Daß sie mich gleichfalls erkannte, versteht sich von selbst; sie machte aus ihrer Abneigung auch keinerlei Hehl, sondern brachte sie dadurch zum Ausdruck, daß sie mich überhaupt nicht ansprach. Wenn es ihrem Herrn und Meister gefiel, durch mich zu sprechen, funkelte sie mich an, als warte sie nur einen geeigneten Augenblick ab, mich umbringen zu lassen. Nun, das ist nur gerecht, dachte ich. Denn genau das hatte ich mir für sie auch vorgenommen.
Bei diesen Rundgängen durch die Stadt wurde Cortés auch stets von seinem Stellvertreter, dem großen, flammenhaarigen Pedro de Alvarado sowie den meisten seiner anderen Offiziere begleitet; des weiteren selbstverständlich von Malintzin und zweien oder dreien seiner Priester, die nicht minder sauertöpfisch dreinblickten als die unseren. Für gewöhnlich schloß sich uns auch noch ein Schwarm gemeiner Soldaten an, wiewohl andere von ihnen die Stadt auf eigene Faust in kleinen Gruppen durchstreiften, wohingegen die eingeborenen Krieger es vorzogen, sich nicht allzuweit aus der Sicherheit ihrer Unterkünfte im Palast hervorzuwagen.
Wie ich bereits gesagt habe, trugen diese Krieger den neuen, von Cortés angeordneten Kopfputz, der aussah, als wachse ihnen eine Garbe hohen, schmiegsamen Grases aus dem Kopf. Doch auch die spanischen Soldaten hatten, seit ich sie das letztemal gesehen hatte, ihrer militärischen Kopfbedeckung einen deutlich erkennbaren Schmuck hinzugefügt. Jeder von ihnen trug ein sonderbares, blaßledernes Band, welches eben oberhalb des vorspringenden Rands rund um den stählernen Helm herumlief. Dieses Band schmückte nicht sonderlich und diente auch keinem erkennbaren Zweck, sodaß ich mich schließlich danach erkundigte und einer der Spanier mir lachend erzählte, was es sei.
Während des Aufruhrs in Cholólan, in dessen Verlauf die Texaltéca unterschiedslos den größten Teil der Bevölkerung hinschlachteten, hatten die Spanier sich auf die Suche nach eben jenen Frauen begeben, mit denen sie sich während ihrer vierzehn Tage währenden Schwelgerei vergnügt hatten, und fanden die meisten dieser Frauen und Mädchen noch zitternd vor Angst in ihren Quartieren vor. Überzeugt, daß die Frauen sich nur mit ihnen abgegeben hatten, um ihnen ihre Kraft auszusaugen, hatten die Spanier zu einer einzigartigen Rache gegriffen. Sie ergriffen die Frauen und Mädchen, rissen ihnen die Kleider herunter und benutzten einige von ihnen ein letztes oder auch ein allerletztes Mal. Danach hielten sie sie am Boden fest und schnitten ihnen, wiewohl die Frauen schrien und um Gnade baten, mit ihren scharfen Stahlmessern ein handtellergroßes Stück Haut heraus, welches die ovale Öffnung ihres Tipili mit umfaßte. Die verstümmelten und geschlechtslosen Frauen ließen sie verbluten und gingen fort.
Die warmen und beuteiförmigen Hautteile nahmen sie und streiften die Lippen über ihren Sattelknauf. Nachdem das Fleisch getrocknet, aber immer noch dehnbar war, hatten sie die so entstandenen Ringe über ihre Helme gestülpt, und zwar dergestalt, daß die kleine Xacapili-Perle nach vorn wies – das heißt, der verschrumpelte, bohnenähnliche Knorpel, welcher einst ein zarter Xacapili gewesen war. Ich weiß nicht, ob die Soldaten diese Trophäen als grausigen Scherz trugen oder als Abschreckung für jede andere ränkeschmiedende Frau.
Alle Spanier ließen sich anerkennend über die Größe, die Bevölkerung, den Glanz und die Sauberkeit von Tenochtítlan aus und verglichen sie mit anderen Städten, welche sie gesehen hatten. Die Namen dieser anderen Städte bedeuteten mir damals nichts, doch ihr, ehrwürdige Patres, kennt sie vielleicht. Die Gäste sagten, unsere Stadt sei flächenmäßig größer als Valladolid, ihre Bevölkerung größer als die von Sevilla und die Bauten fast so prächtig wie die des heiligen Roms, ihre Kanäle erinnerten sie an Amsterdam oder Venedig, und Straßen, Luft und Wasser seien sauberer als in jeder dieser Städte. Wir, die wir sie umherführten, enthielten uns der Bemerkung, daß die Ausdünstungen der Spanier diese Sauberkeit merklich beeinträchtigten.
Jawohl, die Fremden waren sehr beeindruckt von den Bauten, der
Weitere Kostenlose Bücher