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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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war folgendes. Als ich im Abenddämmer des nächsten Tages ins Haus der Leibesstärkung ging, stellte ich fest, daß mein Name sowie der von Pactli auf Blut Schwelgers Wachplan stand, gleichsam, als hätte sich ein Gott ein diebisches Vergnügen daraus gemacht. Götterauswurf war bereits zur Stelle, nackt, hielt die Beine gespreizt und war bereit. Zu Pactlis und unserer anderen Kameraden Verwunderung riß ich mir sofort das Schamtuch herunter und stürzte mich auf sie.
    Ich machte es so linkisch, wie es mir irgend möglich war, tat alles, um die anderen Jungen glauben zu machen, es sei für mich das erstemal; und vermutlich hat es der armen Schlampe genausowenig Vergnügen bereitet wie mir. Als ich meinte, die Vorbereitung habe jetzt lange genug gedauert, bereitete ich mich darauf vor, mich zu entladen; doch dann überwältigte mich unversehens doch der Ekel, und ich erbrach mich – über ihr Gesicht und ihren ganzen nackten Leib. Die Jungen brüllten vor Lachen und kugelten sich auf dem Boden. Selbst die bedauernswerte Götterauswurf begriff, welch eine Beleidigung das war. Sie hob ihre Kleider auf und bedeckte damit ihre Blöße; dann lief sie davon, um nie wieder zurückzukehren.

    Nicht lange nach diesem Zwischenfall geschahen Schlag auf Schlag noch vier Dinge von einiger Bedeutung – zumindest sehe ich es so, daß sie schnell eines auf das andere folgten.
    Es geschah, daß der Uey-Tlatoáni starb – sehr jung und infolge von Verwundungen, die er sich im Kampf gegen die Purémpecha zugezogen hatte – und sein Bruder, Tixoc, Anderes Gesicht, bestieg den Thron von Tenochtítlan.
    Es geschah, daß ich zusammen mit Chimáli und Tlatli die einzige Art von Schulen abschloß, die es auf Xaltocan gab. Von nun an galt ich als »ausgebildet«.
    Es geschah, daß derTecútli unserer Insel eines Abends einen Boten zu unserem Haus schickte und mich auf der Stelle zu seinem Palast befahl.
    Und es geschah, daß ich nun endlich doch von Tzitzitlíni, meiner Schwester und meiner Geliebten, getrennt wurde.
    Doch am besten berichte ich über die vier Vorkommnisse mehr ins einzelne gehend und in der Reihenfolge, wie sie sich ereigneten.
    Der Herrscherwechsel berührte uns in der Provinz kaum. Doch selbst in Tenochtítlan erinnerte man sich an die Regierungszeit Tixocs höchstens als einer Zeit, da er, wie seine beiden Vorgänger, an der Großen Pyramide im Herzen Der Einen Welt weiterbaute. Allerdings fügte Tixoc dem Platz noch etwas Eigenes hinzu. Er ließ von Steinmetzen den Schlachtstein meißeln, ein massives flaches Rund aus Vulkangestein, das wie ein Stapel riesiger Tortillas zwischen der immer noch unvollendeten Großen Pyramide und dem Sockel für den Sonnenstein aufragte. Der Schlachtstein war fast mannshoch und maß vier Schritt im Durchmesser. Den flachen Rand schmückten ringsum die Flachreliefs von Mexíca-Kriegern, deutlich erkennbar unter ihnen Tixoc, wie er kämpfte und Gefangene machte. Die runde und ebene Oberfläche stellte eine Plattform für eine Art öffentlichen Zweikampfs dar, an dem ich – viel später und auf höchst ungewöhnliche Weise – Gelegenheit hatte, arn Rande teilzuhaben.
    Von weitaus unmittelbarerer Bedeutung war damals für mich die Beendigung der Schulzeit. Da ich nicht von Adel war, war ich selbstverständlich auch nicht berechtigt, eine Calmécac oder Höhere Ausbildungsstätte zu beziehen. Und mein Ruf als Malinqui – Knoten – in der einen Schule und als Poyaútla – Umnebelt – in der anderen war nicht gerade geeignet gewesen, eine der höheren Ausbildungsstätten auf dem Festland zu bewegen, mich aufzufordern, kostenlos dort zu studieren.
    Was mich besonders erboste, war folgendes: Während ich vergeblich danach fieberte, mehr zu lernen als das bißchen, was unsere Telpochcáltin an Wissen zu vermitteln vermochten, erhielten meine beiden Freunde, Chimáli und Tlatli, denen es kein Deut um irgendwelche weitere schulische Ausbildung ging, in der Tat von verschiedenen Calmécatin – noch dazu beide in Tenochtítlan, nach dem ich mich im Traum verzehrte
    – eine solche Aufforderung. Während ihrer Jahre im Xaltocaner Haus der Leibesstärkung hatten sie sich als Tlachtli-Spieler und als Neu-Krieger ausgezeichnet. Wiewohl ein eleganter Edelmann wohl gelächelt hätte über die »Manieren«, welche den beiden Jungen im Haus des Manierenlernens beigebracht worden waren, hatten sie dort dennoch geglänzt dadurch, daß sie für die an hohen Festtagen abgehaltenen Zeremonien höchst

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