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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Fernsehen war ganz überrascht. Die kamen mit Teams überall angefahren. Es war die erste, die größte und nicht mehr wiederholte öffentliche Aktion, die es jemals gegeben hat.«

46. Die Belagerung
    Schon vor der Großfahndung hatte die Polizei auf den Tip eines Anwohners hin am Hofeckweg in Frankfurt, in unmittelbarer Nähe des Hessischen Rundfunks, eine Garage observiert. In der Nacht schlichen sich BKA -Beamte hinein und sahen sich um. In großen Eimern standen dort an die zwei Zentner graues Pulver, das verdächtige Ähnlichkeit mit Sprengstoff hatte. Die Beamten nahmen die Behälter mit und ließen den Stoff im BKA untersuchen. Ihr erster Eindruck war richtig gewesen. Aus Knochenmehl stellten sie daraufhin eine Mischung her, die dem grauen Sprengstoff zum Verwechseln ähnlich sah, und brachten die Eimer in der folgenden Nacht zurück.
    Der BKA -Beamte Hans Fernstädt, der das Pulver ausgetauscht hatte, bot sich an, das Problem ein für allemal eigenhändig zu lösen. Doch seine Vorgesetzten lehnten ab.
    »Ich habe vorgeschlagen, daß ich in dieser Garage mit einer Waffe, mit einem Funkgerät warte, um tatsächlich diese Leute zu stellen. Und wenn sie sich nicht stellen lassen, dann hätte ich auch geschossen. Und seien Sie sicher, da wären alle drei zweiter Sieger geblieben. Für mich war das eine Lösung, wo ich gedacht habe: ›Dann hat man noch ein Mal mit diesen Menschen Ärger. Und zwar bei ihrer Beerdigung.‹«
     
    Wenige Stunden nach Abschluß der »Aktion Wasserschlag«, die kaum brauchbare Ergebnisse erbracht hatte, regte sich etwas bei der observierten Garage am Hofeckweg.
    1 . Juni 1972 , 5 . 50 Uhr: Drei Männer fuhren in einem auberginenfarbenen Porsche Targa auf der Kaiser-Siegmund-Straße in östlicher Richtung. Sie bogen nach rechts in die Eckenheimer Landstraße und von dieser wiederum nach rechts in den Kühlhornshofweg ab. Die Polizeibeamten registrierten, daß der Porsche die Einbahnstraße in falscher Richtung befuhr. Kurz vor Erreichen des Hofeckwegs wendete der Wagen. Drei Männer kletterten aus dem Fahrzeug. Zwei von ihnen, Holger Meins und Andreas Baader, gingen sofort in die Garage. Der dritte, Jan-Carl Raspe, blieb als Sicherungsposten stehen.
    Zwei Polizeibeamte, die zum Observationskommando gehörten, näherten sich in ihrem Wagen. Durch das Seitenfenster forderten sie Raspe auf, stehenzubleiben. Raspe griff in die rechte Tasche seines Mantels und zog eine Pistole. Vom Hofeckweg aus kamen in diesem Moment zwei weitere Polizeibeamte angelaufen. Jan-Carl Raspe lief den beiden ein paar Meter entgegen und schoß aus etwa 28  Metern Entfernung. Einer der Beamten warf sich hinter das parkende Auto, der andere suchte im Wageninnern Schutz. Raspe lief weiter, zwischen den Häusern hindurch auf ein Gartengrundstück zu. Dort stellte ihn der Polizeihauptkommissar Irgel. Raspe ließ sich ohne Widerstand festnehmen. Bei ihm wurde eine Neun-Millimeter-Parabellum gefunden. Vier Monate später entdeckte ein Schüler im Erdreich des Gartens einen Revolver vom Typ Smith & Wesson, den Jan-Carl Raspe unmittelbar vor seiner Festnahme verscharrt hatte.
    In der Zwischenzeit waren Baader und Meins in die Garage gegangen und hatten die Tür hinter sich geschlossen. Als sie die Schüsse hörten, öffnete Holger Meins einen Türflügel, um nachzusehen, was draußen vor sich ging. Ein Polizeibeamter war bis auf fünfzehn Meter an die Garage herangekommen, richtete seine Maschinenpistole auf Meins und forderte ihn auf, in die Garage zurückzutreten. Nachdem die Tür wieder geschlossen war, schoben die Beamten eines der Observationsfahrzeuge, einen Audi, vor die Tür, um einen Ausbruch der beiden zu verhindern. Einer der Beamten schlich sich noch einmal zum Auto, um das Funkgerät abzustellen. Baader schoß durch den geschlossenen rechten Flügel der Garagentür. Niemand wurde getroffen.
    Inzwischen war polizeiliche Verstärkung angerückt. Die Garage wurde von Beamten umzingelt, an die 150  Schußwaffen richteten sich auf die Belagerten. Regierungskriminaldirektor Scheicher vom BKA hatte die Einsatzleitung vor Ort übernommen.
    Später wunderte sich BKA -Präsident Herold darüber, daß Baader und Meins sich nicht sofort ergeben hatten: »Ich muß heute noch bewundern, daß sie dann auch gewagt haben zu schießen. Die mußten ja davon ausgehen, daß sie auf Pulver sitzen.«
    Auf der Rückseite der Garage hatten die Polizeibeamten in der Zwischenzeit Löcher in die Glasbausteine geschlagen. Im

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