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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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verstehen, weil ihm das Mikrophon abgeschaltet worden war.
    »Herr Baader, Sie haben im Augenblick jetzt nicht das Wort, und spielen Sie sich nicht so auf. Es hat gar keinen Wert.«
    Die Angeklagten riefen dazwischen und erhoben sich von ihren Plätzen. »Augenblick, nein, nein, es gibt keinen Auszug hier. Es gibt keinen Auszug hier«, stammelte der Vorsitzende. In dem allgemeinen Chaos versuchte Prinzing, Rechtsanwalt Schily das Wort zu erteilen. Otto Schily schlug vor, die Verhandlung für eine halbe Stunde Pause zu unterbrechen.
    Der Vorsitzende sah dazu keinen Anlaß: »Wir wollen jetzt sehen, wie sich die Angeklagten weiterhin aufführen. Ich stelle also zu Protokoll fest, daß die Angeklagten versuchen, durch Rufen zu verhindern, daß sich Herr Rechtsanwalt Künzel hier äußern kann.«
    »Was wollen Sie eigentlich noch«, schrie Gudrun Ensslin.
    »Frau Ensslin!« Mühsam versuchte der Richter, seine Fassung zu bewahren. »Wenn Sie jetzt weiter stören, wie gesagt, dann werden wir uns zurückziehen und uns überlegen, welche Maßnahmen wir gegen Sie zu treffen haben.«
    Ulrike Meinhof, ebenfalls ohne Mikrophon, rief Unverständliches dazwischen.
    »Darf ich zunächst mal bitten«, sagte der Vorsitzende, »daß sich die Angeklagten, bevor jetzt die Verhandlung weitergeht, setzen, oder wollen Sie sich auch in dieser Beziehung weigern?«
    Rechtsanwalt von Plottnitz warf ein: »Man kennt auch keine Regelung, daß Angeklagte gezwungen werden könnten, während der Hauptverhandlung zu sitzen.«
    »Nein«, meinte Prinzing, »es ist ganz selbstverständlich, daß hier im Rahmen der Sicherheitsvorkehrungen, die getroffen sind, das Sitzen der Angeklagten wichtig ist. Die Angeklagten haben sich jetzt zu setzen.«
    »Stehen ist ein Sicherheitsrisiko?« fragte Otto Schily.
    »Herr Rechtsanwalt Schily, man braucht wohl nicht zu überlegen, was daraus werden kann. So vernünftig müßten Sie auch sein. Ich bitte die Angeklagten, jetzt wieder Platz zu nehmen.«
    Baader weigerte sich: »Wir nehmen natürlich jetzt nicht Platz. Wir haben doch gesagt, Sie haben die Wahl, entweder wir bleiben hier, oder wir müssen mit Gewalt erzwingen, daß Sie uns hier rausschaffen lassen, oder diese Zwangsverteidiger da drüben halten die Schnauze.«
    Der Vorsitzende lenkte ein: »Gut. Dann dürfen Sie sich das zunächst mal im Stehen anhören.«
    Rechtsanwalt Künzel meinte, er habe Verständnis dafür, daß die Angeklagten nach ihren Erfahrungen die »Zwangsverteidiger« abqualifizierten. Er finde es nur bedauerlich, daß dieses nun auch die Wahlverteidiger täten.
    Baader unterbrach ihn: »Ja, verdammt noch mal, bringt uns jetzt raus hier.«
    Das Gericht zog sich zur Beratung zurück.
     
    Fünf Minuten später waren die Richter wieder auf ihren Plätzen.
    Dr. Prinzing wandte sich an Baader: »Bei Fortsetzung eines solchen Verhaltens wäre das Gericht gezwungen, Ihre Ausschließung für diesen Teil der Hauptverhandlung zu beschließen. Sie können sich dazu äußern. Sie können aber auch dazu schweigen und sich ab jetzt geordnet benehmen.«
    »Ich stelle das jetzt noch einmal klar«, sagte Andreas Baader. »Solange diese Zwangsverteidiger da drüben hier sprechen, uns aufgezwungen und gegen unseren Willen, so lange werden wir stören. Und für diesen Teil, das heißt, solange sie sprechen, würde ich Ihnen dann auch vorschlagen, damit nicht diese Szenen hier, diese albernen, zustande kommen, also diese Rangeleien hier, uns für den Teil der Hauptverhandlung jeweils auszuschließen.«
    Der Vorsitzende versuchte, sich bemerkbar zu machen, aber Gudrun Ensslin übertönte ihn: »Und damit Sie dieses Wir auch verstehen, wenn diese Schweine dort drüben nochmals die Schnauze aufmachen …«
    »Wen haben Sie jetzt gemeint mit der Schnauze?« fragte Theodor Prinzing.
    »Es geht genau um diese Frage. Entweder sie oder wir«, sagte Gudrun Ensslin.
    »Wir nehmen also zur Kenntnis«, erklärte der Vorsitzende, »Sie wollen für den Fall, daß der Zwangsverteidiger, wie Sie ihn bezeichnen, nochmals sich zu Wort meldet, weiterhin stören.«
     
    Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe wurden von Justizbeamten abgeführt.
     
    Regierungsdirektor Widera, Vertreter der Bundesanwaltschaft, trat dem Antrag auf Entpflichtung der »Zwangsverteidiger« entgegen: »Die Angeklagten reden davon, die Pflichtverteidiger hätten nicht das Vertrauen der Angeklagten. Andererseits bezeichnen die Angeklagten die Pflichtverteidiger als Schweine, die ihre Fresse oder ihre

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