Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)
vereinbart. Wie Sie alle oder ein großer Teil von Ihnen sicher festgestellt haben, ist diese Vertraulichkeit nicht eingehalten worden. Ich stelle dies hier fest und kritisiere dies sehr scharf. Aber ich weiß jetzt nicht, woran dies liegt …
Wir haben gestern in dieser Sitzung die Mikrophone laufen gehabt. Dies führt zu einer selbstverständlichen akustischen Verstärkung mit der Möglichkeit, daß Menschen mit sensiblen Ohren vor der Tür hieraus bestimmte Schlüsse ziehen können.«
Von seiten der CDU / CSU -Fraktion rief ein Abgeordneter: »Dann muß man draußen Platz machen!«
Wernitz fuhr fort: »Ich bitte um zweierlei. Erstens, daß wir für die heutige Sitzung die Mikrophone abschalten. Zweitens, daß vor der Tür darauf geachtet wird, daß man nicht allzu dicht an die Tür herankommen kann.«
Der CDU / CSU -Abgeordnete Vogel ergänzte: »Ich meine, wir sollten noch einmal den dringenden Wunsch an alle richten, die Vertraulichkeit, die beschlossen wird, voll zu wahren und dafür zu sorgen, daß die Vertraulichkeit technisch so abgesichert ist, daß nicht durch die Wände irgend etwas nach draußen dringen kann.«
Der Vorsitzende bedankte sich für die Unterstützung und gab zu bedenken, ob man für die Vorträge der aus Stuttgart angereisten Minister nicht eine höhere Stufe der Geheimhaltung erwägen solle.
»Wir beide sind der Meinung, daß die Vertraulichkeit ausreichen sollte«, meinte der baden-württembergische Innenminister. »Es wird sich vielleicht an einzelnen Fragen dann ergeben, daß wir sagen: Hier geht es nicht mehr.«
»Das gleiche gilt für meine Seite«, sagte Maihofer.
»Das gleiche gilt auch für mich«, sagte Staatssekretär Schüler.
Der Vorsitzende des Innenausschusses ließ die Türen absichern. Dann schaltete er die Mikrophonanlage aus.
Als erster berichtete Innenminister Schiess über die Abhöraffäre Stammheim: »In Baden-Württemberg wurden in zwei Fällen rechtfertigenden Notstands in der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim Gespräche zwischen den führenden Mitgliedern der Baader-Meinhof-Bande und ihren Vertrauensanwälten abgehört.«
Nach wenigen weiteren Sätzen reichte die vereinbarte Vertraulichkeit nicht mehr aus. Schiess erklärte die Einzelheiten des Lauschangriffs »außerhalb des Protokolls«.
Seine juristische Rechtfertigung, die Berufung auf den Notstandsparagraphen 34 , durfte wieder von den Stenographen aufgenommen werden.
Zum Schluß sagte Schiess: »Wenn dieselbe Situation auf uns zukäme, könnten wir nicht anders handeln, müßten wir wieder so handeln. Ob in derselben Form, ist eine andere Frage. Aber wir müßten wieder einschreiten.«
Als nächster war Bundesinnenminister Maihofer an der Reihe. Er schilderte die Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz an der Operation. Zwei Techniker des BfV hätten am 1 ., 2 . und 3 . März 1975 »in fünf leerstehenden Räumen Mikrophone installiert«. Eine »zweite Reihe dieser Hilfetätigkeit« sei am 1 . Mai 1975 geleistet worden. Danach habe das Bundesamt für Verfassungsschutz nichts mehr mit der Abhöroperation in Stuttgart-Stammheim zu tun gehabt.
»Meine Darstellung schließt zeitlich etwas später an«, sagte der Staatssekretär im Kanzleramt, Manfred Schüler. Auf Wunsch des Landeskriminalamtes in Stuttgart habe sich ein Techniker des Bundesnachrichtendienstes in Stammheim umgesehen. »Am ersten Tag war es kein Einbau. Unser Mann sagte, das war eine technische Beratung. Baden-Württemberg wollte beraten werden, ob das verbesserungsfähig ist. Sie können das auch ›technische Hilfe‹ nennen. Das macht hier keinen Unterschied. Der zweite Wunsch also nach Einrichtung einer Anlage.«
Nach einigem Hin und Her seien dann noch einmal BND -Spezialisten nach Stammheim gefahren, um diese Anlage zu installieren: »Und zwar handelte es sich dabei um den Einbau von Anlagen in zwei nicht belegten Zellen. Ich glaube, das ist der Kern des Sachverhalts. Ich sollte mich vielleicht im Augenblick darauf beschränken.«
Der SPD -Abgeordnete Schäfer fragte die baden-württembergischen Minister: »Mich würde interessieren, warum Sie technische Hilfe angefordert haben. Haben Sie nicht entsprechende Techniker in Baden-Württemberg, entweder beim Landesamt für Verfassungsschutz oder im Landeskriminalamt?
Es fällt auf, daß Anfang März das Landesamt für Verfassungsschutz das Bundesamt um technische Hilfe angegangen ist und im Mai das Landeskriminalamt den Bundesnachrichtendienst. Weshalb diese
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