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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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dem Schreibtisch und starrte kurz auf das Glasröhrchen mit dem Knochensplitter des heiligen Petrus. Vielleicht gab die symbolische Anwesenheit des ersten Apostels ihm die Kraft, nach der sein angespannter Geist verlangte.
    »Monsignore, Sie sehen müde aus.«
    »Die besondere Aufgabe, die Eure Heiligkeit mir übertragen hat, ist auf Dauer nervenaufreibend.« Tizzani neigte leicht den Kopf als Geste der Demut vor dem Heiligen Vater.
    »Mein Sekretär sagte mir, Sie hätten sehr gedrängt. Es hat keine Zeit?« Der Papst senkte die Augen und las in dem Text, der vor ihm auf dem Tisch lag.
    »Ich soll doch immer unverzüglich berichten… Henry Marvin hat heute früh angerufen.«
    Der Papst hob nachdenklich den Kopf.
    »Marvin ersucht erneut um eine Antwort – im positiven Sinn. Seine Wahl zum Präfekten der
Prätorianer der Heiligen Schrift
steht an. Marvin sagt, er habe die Beweise für die Gotteslästerung…« Tizzani brach ab. Die zuckenden Hände des Papstes
    verschränkten sich wie zum Gebet. Nur ganz kurz, aber unübersehbar. Und seine Augen schwammen in Wasser. Für einen Moment kam Tizzani ein verrückter Gedanke. War Marvin nun doch am Ziel? Warum? Wodurch?
    »Er sei bereit, die Beweise Seiner Heiligkeit zu übergeben – damit die Heilige Schrift geschützt wird. Und er sagte, er sei sich sicher, dass…«
    ». . . als Gegenleistung wofür?« Die Augen des Papstes blickten sorgenvoll auf Tizzani.
    »Sein Anliegen ist weiterhin die rechtliche Gleichstellung mit dem Opus Dei. Er erwartet, dass kurzfristig zumindest eine informelle Zusage durch Eure Heiligkeit…«
    »Er will einfach nicht begreifen, dass Kirche und Wissenschaft mit der Unterteilung in eine materielle Welt und eine des Glaubens inzwischen einen Konsens gefunden haben, der beide leben lässt. Er stört den mühsam gefundenen Kompromiss. Sogar einige Bischöfe wollen inzwischen seine Kampagne unterstützen. Wenn er doch nur…« Der Papst brach ab, erhob sich und lief unruhig auf und ab. »Wo ist er?«
    Seit wann schlug ein Papst mit der Faust in die offene Handfläche?, dachte Tizzani und sah betreten zu Boden.
    »In Fontainebleau. Sie wissen, der europäische Hauptsitz…«
    ». . . von wo aus er eine große Kampagne für seine Ideen starten will – zum Schaden der Heiligen Mutter Kirche. Wovon hat er gesprochen? Welche Beweise hat er?«
    »Sumerische Tontafeln. Ketzerische Texte, die man falsch interpretieren würde.« Überrascht registrierte Tizzani, dass der Papst nicht sofort mit einer klaren Ablehnung reagierte.
    »Mehr nicht?«
    »Was meinen Eure Heiligkeit?«
    »Sprach er von anderen Beweisen oder Gegenständen?«
    »Sie verunsichern mich. Nein, er sprach von sumerischen Tafeln mit eben den Inhalten, von denen er uns eine Textkopie überlassen hatte. Sie erinnern sich…«
    Benedikt blieb stehen, winkte ab und lief dann weiter. Er dachte an die letzten Tage, die so mit Zweifeln erfüllt gewesen waren. Er hatte auf das falsche Pferd gesetzt, hatte Marvins Angebot ausgeschlagen, weil ein anderer Strolch für die gleichen Antiken nur Geld wollte. Aber dieser Strolch hatte nicht geliefert. Nun war auch klar, warum.
    War es eine Prüfung des Herrn? War Marvin eine Geißel Gottes?
    Der Papst straffte sich. Er hatte kein Recht, an den Wegen des Herrn zu zweifeln, auch wenn er sie nicht verstand.
    »Monsignor Tizzani, ich habe Pflichten… und wenn ich es auch nicht gutheiße, reisen Sie zu Marvin, sehen sich seine Beweise an.«
    »Er bekommt, was er ersehnt?« Tizzani war noch lange nicht so weit, den Sinneswandel des Heiligen Vaters zu verstehen.
    »Reisen Sie schnell und unauffällig.«
    »Ich kann das kleine Flugzeug eines Geschäftsmannes nutzen, der uns schon häufiger geholfen hat.«
    »Achten Sie…« Der Papst krampfte die Hände zusammen, ging unruhig weiter, drehte sich dann zu Tizzani um und sah ihn eindringlich an. »Achten Sie auf Knochen, Monsignore! Achten Sie darauf, ob unter diesen Antiken Knochen sind!«
    Der Papst wartete, bis der Monsignore gegangen war. Dann sah er auf die Uhr. Herrscher hatten immer zu herrschen und niemals einen freien Tag. Er griff zum Telefonhörer.
    Es dauerte eine knappe halbe Stunde, bis sein Gesprächspartner aufgetrieben worden war.
    »Ah, lieber Präsident – ja, ich erinnere mich sehr gut. Ihre segensreichen Wünsche zu meiner Amtseinführung… mein Anliegen, ja… eine ungewöhnliche Zeit… und die Umstände – ich weiß. Ich möchte sehr kurzfristig St. Benoît-sur-Loire besuchen. Ja,

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