Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
lösten den Bann.
    Schließlich nickte Chris, nur um eine Reaktion zu zeigen. Er konnte nicht mitreden. Seine Großeltern waren im Alter klaglos von seiner Mutter betreut worden. Und da seine Eltern vor zehn Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, hatte
    er die Nöte und Sorgen eines hohen und durch Krankheit geprägten Alters noch nicht aus der Nähe kennen gelernt.
    »Wenn es denn so weit ist, wird die Linie der Forsters aussterben. Und die der Steiners auch.«
    »Gibt es keine Verwandten?«, fragte Chris, ohne zu wissen, wen Forster mit dem zweiten Namen meinte.
    »Entfernte. Sehr weit entfernte. Nichts von Bedeutung für die Sicht, die ich habe. Nein, meine Linie stirbt aus.«
    »Sie haben keine Kinder?«
    Forster starrte vor sich hin, dann lachte er geringschätzig auf.
    »Wenn dem so wäre, würde ich vielleicht anders handeln. Aber nein, ich habe keine Kinder.« Der Graf hob den Stock und schlug auf die Tischplatte. Es knallte. Er drosch den Stock noch einmal auf die Platte. »Ich habe alles Mögliche getan, um diesen Zustand zu ändern. Ich habe mich mit jungen Frauen liiert, wollte sie als Gebärmaschine benutzen, habe ihnen viel Geld geboten, wenn sie mir Kinder zur Welt bringen. Aber Geld nützt da leider nicht viel.«
    Chris meinte, Feuchte in den Augen des alten Mannes zu sehen. Forster drehte den Kopf kurz zur Seite. Als er Chris wieder ansah, war die Feuchte verschwunden.
    »Meine Spermien sind tot. Absolut tot. Keine Fortpflanzungskraft. Mein Versagen wurde mir von drei der besten medizinischen Fakultäten der Welt bestätigt. Nicht einmal eine künstliche Befruchtung würde erfolgreich sein.«
    Chris war unangenehm berührt und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Da saß ein im Grunde fremder Mensch, für den er seit ein paar Jahren regelmäßig gut bezahlte Aufträge erledigte, und eröffnete ihm das Innerste seiner Seele, übergoss ihn mit einem Strom an Bitterkeit.
    Forster wurde mit einem Mal todernst. »Und so habe ich beschlossen, etwas von der Schuld abzutragen, für die meine Familie und ich verantwortlich sind.« Er rief mit brüchiger Stimme
    mehrmals nach seinem Diener, der kurz darauf mit einem großen Tablett erschien und das Abendessen servierte.
    »Crostini, Wildschwein, Carciofini, Fasan, Pecorinokäse. Hervorragend!« Forsters Augen leuchteten kurz auf, und er nickte Chris aufmunternd zu. »Das ist es, was mir in der Hölle fehlen wird.«

Kapitel 5
    Montecassino
Donnerstag
    Monsignor Tizzani starrte aus dem Fenster des Wagens. Die breite Ebene am Fuß des Berges trat immer mehr in den Hintergrund. In der Ferne sah er die Autobahn Rom-Neapel, auf der sich eine endlose Schlange von Fahrzeugen wand.
    Die schmale Straße vor ihnen quälte sich neun Kilometer den Berg hinauf. Umberto fuhr vorsichtig, lenkte den Fiat dicht am Fels entlang. Über sechs Kehren gelangten sie zum Gipfel des Berges, zum Ursprung aller abendländischen Klöster.
    Etwa anderthalb Millionen Wallfahrer besichtigten alljährlich Montecassino. Langobarden und Sarazenen hatten das Benediktinerkloster zerstört, und im Zweiten Weltkrieg hatten die Bomber der Alliierten die Deutschen vertrieben. Dabei war alles in Schutt und Asche versunken, doch wie durch ein Wunder war das Kloster neu erstanden.
    Ihre Fahrt endete vor dem wuchtigen Bau in 520 Meter Höhe. Als sie ausstiegen, war nichts mehr zu hören vom Lärm der Ebene. Tizzani war schmal, feingliedrig, eher klein, und der dunkle Anzug mit dem Priesterkragen ließ ihn noch zierlicher erscheinen. Umberto dagegen war groß, kräftig, durchtrainiert und arbeitete als Faktotum an einer Tankstelle in Ostia. Wann immer Tizzani einen vertrauenswürdigen Chauffeur brauchte, stand er bereit.
    Während Umberto eine einfache Seele war, geradlinig im Denken und mit einem unverbrüchlichen Glauben gesegnet, kannte Tizzani die andere Seite. Sein Glauben musste sich tagtäglich mit den taktischen Finessen arrangieren, mit denen die Kirche ihre Stellung in der Welt behauptete. Sein Denken stand im krassen Gegensatz zu Umbertos einfachen Wahrheiten.
    Tizzani betrat das Kloster, das Benedikt von Nursia im Jahre 529 an einer Stelle hatte errichten lassen, wo zuvor ein heidnischer Tempel gestanden hatte.
    Fast achtlos ging er an der kleinen Gruppe von Bronzefiguren vorbei, die den heiligen Benedikt inmitten der Mönche darstellte, wie er aufrecht stehend verstarb. Der Innenhof mit seinen gut 1200 Quadratmetern vermittelte Weite und heitere Gelassenheit, aber Tizzani

Weitere Kostenlose Bücher