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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Geliebter, sei mutig! Deine Dich liebende Haselmaus.
    Das wäre es, Leute, und ehrlich gestanden reicht mir das auch.«
    »Mir nicht!«, widersprach Ingbert mit wissenschaftlicher Strenge. »Mir durchaus nicht. Was wissen wir denn? Gut, zwei Liebesgeschichten, wahrscheinlich keine lokale Politik im Spiel. Ein ganzer Stammtisch nimmt Anteil, wie zwei gestandene Männer eine neue Frau kriegen und ein neues Leben suchen. Haben ihn nun die zwei umgebracht oder haben sie nicht? Da frage ich die Fachleute, da frage ich Emma und Rodenstock.«
    Emma sagte erstaunlicherweise: »Ich brauche noch ein wenig Zeit, mir darüber klar zu werden, was geschehen sein könnte. So viel steht fest: Es gab Tutut gegenüber bereits viel Misstrauen. Rodenstock? Einverstanden?!«
    »Ja, Misstrauen gab es.« Rodenstock nickte. »Ich würde am liebsten hingehen und die Stunde vor der Tat, die Tat selbst und die Stunde nach der Tat in Sekundenscheiben schneiden, um herauszufinden, was sich wirklich ereignet hat.
    Der oder die Täter hatten einfach eine Unmenge zu erledigen. Und eins steht fest: Die Leiche Tututs sowie die des Pferdes sind nicht erst morgens abtransportiert worden, als man die Tat entdeckte. Ich gehe jede Wette ein, dass zum Zeitpunkt des Eintreffens der beiden Gendarmen, des Richters und des Arztes, der Platz im Grunde aufgeräumt war. Kein Tutut mehr, kein totes Pferd mehr ...«
    »Aber dann stimmt doch einiges andere nicht«, sagte Tessa wild. »Man kann doch nicht mit zwei Gendarmen an einem Tatort aufkreuzen, der keiner mehr ist.«
    »Oh doch«, sagte ich ebenso heftig. »Genau das kann man. Der Richter kann den Gendarmen erzählt haben, er sei schon des Nachts dort gewesen, und jetzt ginge es nur darum, den Platz ein wenig aufzuräumen. Und dann fügt der Richter hinzu: Leute, ich verlasse mich felsenfest darauf, dass hierüber kein Wort zu irgendeinem Menschen gesagt wird. Und die Gendarmen werden nichts sagen und ihre Erinnerungen mit ins Grab nehmen - wortlos. Gerede wird es allerdings gegeben haben, schließlich wusste man ja von Tutus Tod.«
    »Aber das würde bedeuten«, murmelte Tessa entsetzt, »dass bereits in der Nacht... «»Oh nein, oh nein«, sagte Ingbert zufrieden und leise. »Herr Baumeister geht davon aus, dass einer oder zwei, Wesendonker bzw. Wesendonker und der Richter, zu Tutus Lager gingen, und dass der ganze Stammtisch geschlossen hinter den Nachbarbüschen steckte, um zu lauschen und zuzusehen - und anschließend aufzuräumen.«
    »Genau«, sagte ich. »Genau das meine ich.«

6. Kapitel
    Sie waren Frauen mit großen, weiten Röcken bis zum Boden. Sie trugen Hauben, sie waren verschlossen von Kopf bis Fuß. Die Männer waren genauso unpraktisch gekleidet. Schwere Anzugstoffe, schwere Westen und krawattenähnliche Tücher. Ich frage mich, wie sie miteinander umgingen, wie sie sich liebten. Brauchten die nicht zwanzig Minuten, um sich auszuziehen? War es überhaupt möglich, zueinander zu finden?« Emma starrte auf eine Fliege, die um eine Lampe kreiste. »Sie trafen sich auf Gesellschaften, bei Kaffee und Kuchen, bei schweren Likören und schweren, fetten Speisen. Sie waren niemals miteinander allein. Wie haben die Liebe aufkeimen lassen? Waren das nur die Augen, die das zustande brachten, nur die Augen, die das widerspiegelten?«
    Rodenstock lächelte sie liebevoll an. »Ich gebe zu, ich habe mir das auch vorzustellen versucht. Nur die Maria Hansen hatte als Bäuerin eine alltagstaugliche Kleidung.
    Einen Kittel, eine Schürze. Vielleicht so etwas wie eine Unterhose, vielleicht aber auch nicht. Ich erinnere mich an sehr alte Fotos aus der Jahrhundertwende. Die Frauen zeigen erstaunlich viel Bein und erstaunlich viel Busen. Niemanden regte das auf. Aber stellt euch Wesendonker vor in seinem offiziellen Habitus, in schweren filzartigen Anzügen. Oder den Richter. Natürlich gab es Sommerstoffe, leichte, helle Kleidung. Aber die war nur am Wochenende tragbar. Sie müssen es unendlich schwer gehabt haben. Ja, meine Liebe, ich denke, du hast recht, sie begannen ihre Liebe mit den Augen, bei unendlich sanften Gesprächen, hinter denen niemand etwas vermuten durfte, und länger als den Bruchteil einer Sekunde durften sie sich nicht in die Augen sehen. Sie waren Gefangene ihrer Zeit. Und Wesendonker hatte wahrscheinlich genau davon die Nase gründlich voll. Wahrscheinlich hat Maria Hansen ihm beibringen müssen, was Liebe sein kann.«
    »Es sind immer die Frauen«, nickte Tessa. »Und sie müssen unendlich

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