Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)

Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)

Titel: Der Bann des Zeitreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Kearney
Vom Netzwerk:
den Schwebern stehen lassen wollen, bis …«
    »Bis sich irgendjemand, der gerade die Befehlsgewalt hat, mit uns beschäftigt«, antwortete Lex.
    »Wenn uns so viel Zeit bleibt, können wir uns vielleicht in die Freiheit graben«, schlug Rion vor.
    »Aber womit sollen wir denn graben?«, meinte Marisa.
    »Mit unseren Zehen.«
    »Tut mir leid, aber ich spüre meine Zehen gar nicht mehr. Meine Beine sind auch taub geworden. Wenn die Schweber abziehen, kippe ich um«, warnte ihn Marisa.
    Er hätte ihr gern gesagt, dass er sie auffangen würde. Aber Rion machte keine Versprechen, die er möglicherweise nicht halten konnte.
    Er versuchte die Finger zu bewegen und zu Fäusten zu ballen, aber selbst dafür war kein Platz. Er konnte kaum Luft holen. »Noch haben sie uns wenigstens nicht den Blutkreislauf abgeschnürt.«
    Es reichte offenbar nicht aus, dass sie entwaffnet und bewegungsunfähig gemacht worden waren. Die Unari waren wirklich verdammte Bastarde. Rion brauchte einen Fluchtplan. Er musste Marisa retten.
    Aber wie konnte er einen Plan machen, wenn seine Gedanken immer langsamer wurden? Bei der Göttin, diese Schweber lähmten nicht nur seine Muskeln, sondern auch seinen Verstand. Und das war sein allerletzter schwacher Gedanke.

23
    Jeder Krieg beruht auf List, Tücke und Täuschung. Die Herrin vom See
    »Igitt«, murmelte Marisa und versuchte durch ihre Augenlider zu sehen, die von Sand verkrustet waren. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, waren Rion, die Schweber und das langsame Heraufziehen der Bewusstlosigkeit. Wenn es ihr gelang, die Augen zu öffnen, konnte sie vielleicht herausfinden, was geschehen war. Dem Gestank nach zu urteilen war sie in eine Latrine gefallen. Ihr Mund schmeckte, als ob sie sich ein ganzes Jahr lang nicht die Zähne geputzt hätte. Schlimmer noch, jeder Muskel in ihrem Körper schmerzte – nicht wie bei einer Grippe, sondern so, als hätte sie sich bei einem Autounfall jeden einzelnen Knochen gebrochen.
    Doch es gab keine Autos auf Ehro.
    Mit einem Ächzen zwang sie sich, die Augen zu öffnen –
    und wünschte sich sofort, sie hätte es nicht getan. Sie lag auf einem harten Fels – auf feuchtem, kaltem Fels. Kein Wunder, dass ihr die Zähne klapperten. Verwirrt blickte sie in den blauen Himmel über sich. Weder eine Regenwolke noch ein Schweber waren zu sehen.
    Benommen sah sie sich um. Und es drehte ihr den Magen um. Der Schweber musste sie hier abgeworfen haben. Sie war eine von Hunderten Gefangenen – es waren Männer, Frauen und Kinder, und sie alle lagen auf dem Boden von … verdammt, wo war sie bloß?
    Gerade Steinwände stiegen in den Himmel und schlossen ein großes offenes Gelände ein. An einer dieser Wände floss Wasser herab, und die Gefangenen, die klüger als sie selbst waren, besaßen genug Verstand, nicht in dem Geriesel zu schlafen.
    Sie wuchtete sich in eine sitzende Position und versuchte den Eispickel zu ignorieren, der andauernd auf ihr Hirn einhieb. »Rion?«
    »Nach wem suchst du?«, fragte die Frau neben ihr mit fester Stimme.
    Aber ganz bestimmt konnte diese kräftige Stimme nicht aus einem so ausgemergelten Körper kommen! Die Schulterblätter der dürren Frau stachen oben aus ihrem zerrissenen Hemd hervor. Marisa schätzte ihr Alter auf irgendetwas zwischen zwanzig und vierzig. Aus Gründen der Schicklichkeit hatte die Frau die zerfetzten Enden ihres Hemdes zusammengebunden. Ihr Haar war mit Schlamm überzogen und wirkte so schleimig, dass die ursprüngliche Farbe gar nicht mehr zu erkennen war. Ihre Wangenknochen mochten einmal sehr schön gewesen sein, doch nun bildeten die scharfen Kanten nur noch einen Kontrastpunkt zu den dunklen Ringen unter ihren Augen, zu den hohlen Wangen und dem mit Blutergüssen übersäten Kiefer.
    »Ich bin Marisa.«
    Die Frau nickte. »Colleen.«
    »Ich suche nach Rion, dem Mann, bei dem ich gewesen bin, als …«
    »Bist du von den Schwebern erwischt worden?«, fragte Colleen.
    »Ja.«
    »Wenn du noch die Kraft hast, dich umzuschauen, dann könntest du ihn vielleicht hier finden. Irgendwo.« Apathisch deutete sie auf die vielen Menschen. »Es ist nicht wahrscheinlich, dass jemand von hier fort … geht.«
    »Danke.«
    Marisa sah sich um. Obwohl ihre Schmerzen bis ins Mark reichten, besaß sie noch ein wenig Kraft. Sie musste nur ihre Muskeln zur Tätigkeit anspornen. Ein näherer Blick auf die Masse der lethargischen Leute um sie herum reichte schon aus, um sie auf die Beine zu bekommen. Die meisten Menschen bewegten

Weitere Kostenlose Bücher