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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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ihm in die Augen. «Oh, Charles. Das alles war sehr schwierig für Sie, nicht wahr?»
    «Sagen Sie das nicht in diesem Ton.»
    «In welchem Ton?»
    «Es klingt wie eine Abfuhr.»
    «Es ist keine. Aber es war schwierig.
Ist
schwierig. Das hier, meine ich. Mit uns.»
    «Das muss es nicht sein.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Bitte. Fangen Sie nicht damit an.»
    «Ich will Sie wiedersehen.»
    «Sie werden mich wiedersehen.»
    «Werde ich?», fragte er. «Sie haben mir nicht verraten, wohin Sie gehen. Sie haben mir keine Adresse genannt. Nicht einmal eine Telefonnummer. Sie reden nicht mit mir über Ihre Pläne.»
    «Ich weiß.» Sie legte ihre Gabel weg und ergriff seine Hand, um sie kurz zu drücken, bevor sie sie wieder losließ. «Es ist beängstigend, nicht wahr?»
    «Was?»
    «Vertrauen.»
    Er nickte langsam. «Sie bitten mich, Ihnen zu vertrauen.»
    «Habe ich das nicht von Anfang an?»
    «Sie kommen zurück?»
    «Das kann ich nicht versprechen. Aber wir werden uns wiedersehen, denke ich. Nur vielleicht nicht hier.»
    «Ohne verzweifelt zu klingen – darf ich fragen,
wann

    Sie lachte. «Sie
klingen
verzweifelt. Es passt überhaupt nicht zu Ihnen. Und es ist unglaublich süß. Die Antwort lautet, ich weiß es nicht. Aber ich schätze, ich werde verrückt in Paris, wenn ich nicht irgendwann im Verlauf der nächsten ein, zwei Monate mit Ihnen streiten kann.»
    Er grinste, und dann dachte er an das, was er sagen musste. Sein Gesicht wurde ernst. «Wir kommen immer wieder auf Vertrauen zurück. Ich denke, ich habe inzwischen genug getan, um Ihres zu verdienen … auch wenn ich auf dem Weg dahin ein paar Fehler gemacht habe. Ich hätte niemals in den Tagebüchern lesen dürfen, ohne Sie vorher zu fragen.»
    «Das ist richtig.»
    «Und ich würde Ihr Vertrauen ebenfalls missbrauchen, wenn ich nicht beichten würde, was ich gelesen habe bei meinem kurzen Blick hinein. Oder wohin die Spur mich von dort aus geführt hat.»
    Auf der anderen Seite des Tisches legte Nicole ihr Besteck ab und verschränkte die Finger über dem Teller. «Ich höre.»
    Er zögerte, konzentrierte sich völlig auf ihre Reaktion. Indem er den Blick demonstrativ durch das Restaurant schweifen ließ – mehr um ihretwillen, als um auszuschließen, dass jemand sie belauschte –, raunte er ihr leise zu:
«Hosszú életek.»
    Sie zuckte zusammen. Ganz unmerklich, als wäre sie von einer Mücke gestochen worden.
    Doch sie schüttete ihm nicht den Wein ins Gesicht, stürmte nicht aus dem Restaurant, tat nichts von den Dingen, die er halb erwartet, halb befürchtet hatte. Ihr Atem ging schneller, doch davon abgesehen beobachtete sie ihn nur.
    Charles wartete, bis ein Gast an ihrem Tisch vorbeigegangen war, dann sah er sie fragend an. «Nun?»
    Sie hob die Augenbrauen, drehte ihm die Handflächen zu und bedeutete ihm fortzufahren.
    Er räusperte sich. Dann erzählte er ihr, was er von Beckett erfahren und was seine eigenen Recherchen im Anschluss daran zutage gefördert hatten. Er ließ nichts aus, redete von den widersprüchlichen Mythologien und über das, was Beckett von der Sache hielt. Als er geendet hatte, saß sie immer noch da und beobachtete ihn. Immer noch schweigend.
    «Sie haben nicht ein Wort gesagt», stellte er fest, indem er sein Weinglas nahm und es leerte.
    «Was soll ich denn Ihrer Meinung nach sagen?»
    «Ich weiß es nicht. Reagieren, irgendwie. Mir sagen, dass ich das hätte bleiben lassen sollen? Oder mir verraten, was das alles zu bedeuten hat?»
    «Charles …» Ihre Stimme versagte, sie senkte den Blick, und er bemerkte Tränen in ihren Augen. «Wieso müssen wir diese Unterhaltung führen? Warum? Ich schätze Ihre Freundschaft. Ich respektiere Sie. Aber Sie würden das niemals verstehen. Darum ist es besser, wenn …»
    «Ich verstehe genug, Nicole. Ich verstehe, dass diese Legende aus irgendeinem Grund für Sie real ist und kein Märchen. Ich verstehe, dass Sie und Ihre Mutter vor irgendjemandem auf der Flucht sind. Irgendetwas ist passiert, aber ich weiß nicht, was. Und aus welchem Grund auch immer – Sie scheinen zu glauben, dass jemand Sie jagt, und Sie glauben außerdem, dass es sich dabei um einen
hosszú élet
handelt. Ist das so?»
    Sie unterdrückte ein Schluchzen, und es kostete ihn all seine Selbstbeherrschung, nicht von seinem Stuhl aufzustehen und sie in die Arme zu nehmen und zu trösten.
    «Nicole, Sie haben mich die ganze Zeit über immer wieder gebeten, Ihnen zu vertrauen. Ich weiß nichts über diese

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