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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
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kommt er her und steckt seine Nase in Dinge, die ihn nichts angehen. Und jetzt machen wir uns an die Arbeit.»
    Leah brachte den Hund ins Wohnzimmer, und sie untersuchten Nates Verband. Die Stiche hatten gehalten, und die Wunden sahen aus, als wären sie frei von Infektionen. Sie reinigten sie mit medizinischem Alkohol und wechselten die Verbände.
    Draußen setzte Regen ein. Die Tropfen trommelten einen langsamen Rhythmus auf die Karosserien, als sie das Brennholz abluden und nach drinnen trugen, um es neben den Feuerstellen in der Küche, dem Wohnzimmer und dem großen Schlafzimmer zu stapeln. Danach nahmen sie den Hänger von der Kupplung und schoben ihn zu einem der Nebengebäude. Sie hoben ein Fass Diesel heraus, rollten es nach drinnen und füllten den Tank des Generators auf.
    Als Hannah bemerkte, dass Sebastien die Luft ausging, zwang sie ihn, sich auf eine leere Kiste zu setzen und zu verschnaufen, ohne auf seine Proteste einzugehen. Sie sahen zu, wie die Regentropfen schneller und schneller fielen, während sich der Wind erhob und durch die Bäume im Tal rauschte.
    «Ich habe dir etwas mitgebracht», sagte Sebastien. Er kramte in der Tasche seiner Barbourjacke. Als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine Brosche. Einen goldenen Drachen mit Schuppen aus rotem Email.
    Hannah riss die Augen auf, als sie die Brosche erblickte. Sie nahm sie entgegen und drehte sie in den Händen. «Die stammt von meiner Mutter», sagte sie staunend. «Ich dachte, sie wäre verlorengegangen.»
    «Dein Vater hat sie bei mir gelassen. Er wollte sie nicht länger mit sich herumschleppen. Er meinte, eines Tages könnte sie dich vielleicht überzeugen, mir zu vertrauen – falls du je meine Hilfe benötigst.»
    Hannah strich mit den Fingern über die Erhebungen der emaillierten Schuppen. Sie blickte auf und stellte fest, dass der alte Mann sie beobachtete. «Ich vertraue dir, Sebastien. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn du nicht da gewesen wärst.»
    Die Linien in seinem Gesicht wurden tiefer. «Du wärst zurechtgekommen. Du bist dein ganzes Leben lang zurechtgekommen.»
    «Ich habe nicht das Gefühl, zurechtzukommen.»
    «Das sehe ich. Aber du hast Nate und Leah sicher hierhergebracht. Dank dir sind sie am Leben, vergiss das nicht. Die Situation mag dir ausweglos erscheinen, aber du wirst es überleben, Hannah. Ihr alle werdet überleben. Die Sache wird ein Ende haben. Wir müssen deinen Mann wieder auf die Beine bringen, aber dann geht es weiter.»
    «Ich habe darüber nachgedacht. Es gibt ein anderes Versteck. Ich muss vorher noch ein paar Dinge arrangieren, aber es ist sicher. Wirklich sicher. Ich habe es vor Jahren eingerichtet. Es gibt keine Verbindung zurück. Nicht einmal mein Vater weiß davon. Aber es ist eine weite Reise. Und bis Nate bereit ist dazu, müssen wir hier aushalten.»
    «Siehst du?» Sebastien lächelte. «Genau, wie ich es gesagt habe.»
    Hannah ließ die Brosche in ihre Tasche fallen. Sie strich sich mit den Fingern durch die Haare und starrte auf den Betonboden. «Mein Vater –»
    «Quäl dich nicht selbst, Hannah. Du weißt es nicht. Ich weiß es nicht. Vielleicht erfahren wir, was passiert ist, vielleicht auch nicht. Charles hat sich schon vor vielen Jahren darauf vorbereitet. Er hat dich geliebt – liebt dich, meine ich.»
    «Schreib ihn nicht ab», sagte sie.
    «Das tue ich nicht. Aber du solltest akzeptieren –»
    Hannah erhob sich und steckte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. «Gehen wir ins Haus.»
     
    Am Nachmittag zeigte sie Leah, wie man die von Sebastien mitgebrachten Enten küchenfertig zubereitete. Sie brühte das Federvieh kurz in kochendem Wasser, bevor es gerupft, die Köpfe und Füße abgeschnitten und Organe, Eingeweide und Kropf ausgeweidet wurden.
    Während draußen die Wolken purpurn wurden und der Tag sich dem Ende zuneigte, bereitete Hannah ein Abendessen aus gebratener Ente, Kartoffelgratin, grünen Bohnen und dicken Scheiben Vollkornbrot mit Butter.
    Weil Nate nicht vom Sofa aufstehen konnte, räumte Sebastien den runden Tisch ab und deckte ihn mit einem wilden Durcheinander von Untersetzern, Besteck und Gläsern. Er machte Feuer aus dem erneuerten Vorrat an Brennholz, zündete zwei Kerzen an, öffnete eine staubige Flasche Cabernet Sauvignon und half Hannah beim Auftischen. Nate aß, aufgestützt auf Kissen, von einem Tablett auf seiner Brust, Hannah saß mit den beiden anderen am Tisch.
    Während des Essens unterhielt Sebastien das kleine Mädchen mit

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