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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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nicht.«
    Dann fiel es ihm wieder ein — sie fuhren gerade
die Hofgartenstraße hinunter. »Als der Kolja das Mädchen zwei Tage später
wiedertraf, sprachen sie kaum ein Wort miteinander. Sie stierten sich bloß an.
Saßen wie die Deppen da — aller Witz war weg. Er sagte: >Möchten Sie einen
Käsesalat?< Sie sagte: >Ich mag nichts essen.< Er sagte: >Aber
einen Käsesalat.< Sie sagte: >Ich sterbe, wenn ich Käsesalat essen
muß.<« Zu Katharina gewandt: »Stellen Sie sich mal vor!«
    »Was?«
    »Zwei so gescheite Typen — und plötzlich war
alles blind vor Leidenschaft in ihrem Kopf — der ganze Geist wie ausgelöscht...
und jetzt geht’s mir genauso.«
    »Ihnen? Vor Leidenschaft?« fragte Katharina.
    Bastian überlegte. »Eigentlich nein. Nicht
Leidenschaft. Wenigstens jetzt noch nicht. Mehr was anderes, wissen Sie? Was —
na ja — wie soll ich sagen...«
    Der Wagen hielt.
    Bastian war zu Haus. Stieg aber nicht aus.
Suchte endlich ein paar gescheite Worte.
    Katharina wartete beinah fünf Minuten. Dann gab
sie ihm die Hand. »Vielen Dank für den Abend.«
    »Er war total verkorkst.«
    »Fanden Sie? Ich fand ihn komisch.«
    »Ich hab’ ihn mir anders vorgestellt. Auch
komisch — aber eben anders komisch. Verstehen Sie?«
    »Ja«, sagte Katharina.
    »Kann ich Sie morgen abend sehen?«
    »Morgen habe ich noch mal Nachtdienst. Ein
Kollege ist krank geworden... Aber nächste Woche vielleicht.«
    »So lange halte ich’s nicht aus«, sagte Bastian.
    »Gute Nacht«, sagte Katharina.
    Bastian klemmte seine Hände zwischen die
Schenkel. »Ich mag noch nicht aussteigen. Ich bring’ Sie nach Haus und lauf’
dann heim.«
    »Gute Nacht.«
    »Soll ich mit den Ohren wackeln? Ja?«
    Er spürte ihre leichte Gereiztheit und stieg
endlich aus. »Also schön. Aber ich werde heute nacht sehr, sehr schlecht
schlafen«, versprach er.
    Katharina lachte. »Wiedersehn — «, und fuhr
davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Bastian stand rundum sehnsüchtig und unzufrieden
auf der Straße. Es war ihm an diesem Abend nicht einmal die Idee gekommen, die
Kathinka zu küssen.
    Und dabei hatte er es schon so oft und überall
in Gedanken getan. Ja, in Gedanken.
     
     
     

Martha Guthmann verreist...
und die Folgen dieser Reise für Bastian Guthmann
     
    Zwei Tage nach dem ersten Abend mit Kathinka
Freude mußte er seine Großmutter zum Hauptbahnhof fahren, denn sie begab sich
auf eine längst geplante Verwandtentournee: Zuerst zu ihrer Tochter Hertha nach
Lindau — Hertha wurde fünfundvierzig. Anschließend erwarteten sie diverse
Kinder, Schwiegerkinder, Enkel und Urenkel im Raume Oberstdorf. Auf dem Rückweg
wollte sie in Schongau Bastians Mutter und deren zweiten Mann besuchen. Für
jede vorgesehene Familie hatte sie drei Tage eingeplant. Das machte fünf
verschiedene Betten in 15 Tagen, überall Kuchen und Schnäpschen und das
Getratsche des einen über den anderen.
    Martha Guthmann haßte giftigen Verwandtenklatsch
— was sie nicht daran hinderte, demselben aufmerksam zuzuhören.
    Sie eilte im grauen Reisekostüm mit rosa Ausverkaufsbluse
und einem Wetterfilz auf dem nach dem Friseur noch nicht ausgekämmten Haar den
Bahnsteig entlang, in heller Aufregung über Bastian, der in größerem Abstand
und ohne Eile mit ihrem Gepäck folgte.
    »Nun komm schon, komm, du gehst wie hinterm Sarg!
Ist das auch der richtige Zug? Sag mal!!!«
    »Steht ja dran.«
    »Was heißt — steht dran! Was dransteht, muß noch
längst nicht stimmen. — Auf keinen Fall Raucher, Bub. Da riechen die Kleider
tagelang.«
    Sie blieb vor einem Waggon zweiter Klasse stehen
und erklomm das Trittbrett mit Bastians Hilfe, der von hinten schob. »Kannst du
mir mal sagen, warum sie so hohe Trittbretter hersteilen, ja? Wie sollen denn
da alte Leute hinein- und wieder hinauskommen?«
    »Du kommst doch«, sagte Bastian und stieg ihr
rasch nach. »Ich schon. Aber stell dir vor, ich hätte ein lahmes Bein!«
    »Du hast keins.«
    »Es stände mir altersmäßig aber eines zu.«
    Martha Guthmann eilte den Gang hinunter und
entschloß sich für ein Abteil, in dem schon eine Dame am Fenster las. Vom
Bahnsteig her hörte man Türenknallen und die Aufforderung, von der
Bahnsteigkante zurückzutreten.
    »Siehst du, Bub. Wenn ich nicht so gedrängelt
hätte — steig aus — schnell — .« Sie schaute zum Gangfenster hinaus und
entsetzte sich: »Er fährt ja schon.«
    »Das ist der andere, Martha«, seufzte er, »der
gegenüber. Deiner geht erst in einer halben

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