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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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keiner haben will.« Sie drehte ihm den Rücken zu. Bastian kannte
ihren Rücken bereits so gut, als ob er mit ihm seit Jahren verheiratet wäre. Verheiratet!
    Gleich würde Susi weinen. Tränen fielen ihr ja
so leicht. Er holte tief Luft und Energie — und atmete alles wieder aus. Was
sollte er machen!?
    »Ich geb’ mir solche Mühe, um es dir schön
gemütlich zu machen«, schnupfte Susi. »Ich denk’ überhaupt nicht an uns, bloß
an dich, Bastian. Weißt du das?« Sie wandte ihm ihren feuchten Rehblick zu.
    Er nahm sie bei den Schultern und entschuldigte
sich. Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust — rosa, grüne, blaue Lockenwickler,
auf die er niederschaute.
    »Ich versehe«, kuschelte sie. »Es ist alles so
ungewohnt für dich. Auch für mich. Es ist auch zu eng hier. Das beste wäre, wir
kündigten deinem Untermieter und nähmen das große Zimmer dazu. Ich zahl’ dir
dasselbe, was er dir dafür zahlt. Ich hab’ ja die dreihundert Mark von meinem
Vater, und bald geh’ ich wieder arbeiten.« Sie schlang die Arme um seine
Hüften. »Ach, Bastian, es wird wunderschön..., es dauert bloß alles seine
Zeit.«
    In diesem Augenblick kam die Post. Sie brachte
einen Brief von der Autowerkstatt, die seine Else drei Jahre lang betreut
hatte; er begann mit dem Unfrohes verheißenden Satz: »Bei Durchsicht unserer
Bücher...«
    Es handelte sich um eine Rechnung aus dem
vorigen Jahr, die Bastian noch nicht bezahlt hatte. Hundertvierunddreißig Mark
Arztkosten für ein Auto, das bereits tot war.
    Der zweite Brief kam von dem Anwalt, den Bastian
mit der Regelung der Alimentenfrage beauftragt hatte.
    »Damit will ich nichts zu tun haben, hörst du?«
rief Susi und rannte in die Küche, wobei sie sich die Ohren zuhielt. Bastian
riß den Umschlag auf, las das Schreiben und brach zum erstenmal an diesem Tage
in Gelächter aus.
    Dieses Lachen lockte sie wieder herbei. »Was ist
denn? Sag doch mal?«
    »Da kannst du bloß noch abschnallen. Weißt du,
was der Anwalt schreibt? Dein Referendar hat vor vier Monaten seinen Kölner
Wohnsitz aufgegeben und nach Johannesburg geheiratet.«
    »Was für ‘n Johannesburg?« fragte Susi.
    »Südafrika.«
    Sie überlegte. »Wenn er so weit fortgeht, kann
es nur eine reiche Heirat sein.« Und die gönnte sie ihm nicht. »Th — , heiratet
reich, und wir sitzen hier in Not! Ja, wie findest du das, Bastian? Haut
einfach ab und drückt sich vorm Zahlen!«
    »Weiß er überhaupt was von dem Kind?«
    »Ich hab’s ihm damals geschrieben. Er hat mir
Geld geschickt, ich wollte zu einem Arzt nach Holland. Aber bis ich die
richtige Adresse hatte, war das Geld alle. Es sollte wohl so sein.«
    »Hast du ihm das mitgeteilt?« fragte Bastian.
    »Natürlich nicht.«
    »Dann kannst du auch nicht schimpfen, daß er
sich vorm Zahlen drückt.« Er nahm seine Jacke von einer Stuhllehne und würgte
sich umständlich hinein. Dann nahm er seine Schlüssel vom Tisch und das
Feuerzeug. »Der Anwalt schreibt, daß es einige Zeit dauern wird, bis er die Adresse
in Johannesburg ausfindig gemacht hat.«
    »Und wenn er Klaus findet...?«
    »Dann wird der ganz schön dußlig aus der Wäsche
gucken.«
    »Vor allem seine Frau.« Susi genoß diese
Vorstellung. Sie sah Bastian zur Tür gehen. »Kommst du zum Mittagessen heim? Es
gibt Spinat.«
    »>Spinat<«, deklamierte er, »>nun iß
schon deinen Spinat, mein Liebchen. Was?? Du magst keinen? Aber er ist doch
sooo gesund!< Hat schon meine Mutter immer gesagt. Sie hat mich damit
frühzeitig aus dem Haus getrieben. — Servus, Mütterchen!«
    Die Wohnungstür fiel hinter ihm zu.
    Bastian lief die Treppen hinunter und pfiff
dabei eine Melodie, von der er seit Tagen nicht loskam. Er kriegte sie nicht
aus dem Kopf.
    Es handelte sich um den »Guten Mond«, um
Kathrinchens Spieluhr, die Susi beim Baden, Stillen, Flaschen, beim Wickeln und
beim Einschlafen bimmeln ließ, und Bastian konnte nichts dagegen sagen: Er
hatte den »Guten Mond« ja selbst geschenkt.
     
     
     

Der Berg ruft
     
    Karl Guthmanns zahntechnisches Labor
beschäftigte viele Angestellte, Bastian schätzte dreißig.
    Sieben schauten auf, als er hereinkam, drei
davon grüßten ihn, die übrigen vier waren erst seit einem Jahr hier und kannten
Bastian noch nicht.
    So selten besuchte er seinen Bruder.
    Er stand herum und wartete auf Karl, der sich am
Telefon wegen eines Termins mit einem Zahnarzt stritt. So spielte er mit
gipsernen Abdrücken, in denen weiße, gelbe, goldene Zähne und ganze Gebisse
steckten. Er

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