Der Bastian
Kinder. Er konnte gut mit ihnen
umgehen. Das würde sich im Laufe der Jahre wahrscheinlich legen.
Bastian dachte noch immer über seine Zukunft
nach, während er auf dem Parkplatz des Krankenhauses auf Katharina wartete. Ob
das wohl richtig gewesen war, dieses eine Leben, das er nur hatte, der Plage
mit anderer Leute Kindern zu widmen? Aber irgend etwas mußte er ja tun.
Ausgeprägte Talente besaß er nicht. Für Büroarbeit war er nicht geschaffen.
Maschinenbau war auch nicht das Richtige gewesen. Warum hatte er eigentlich
Maschinenbau studiert? Weil er als Schüler gern gebastelt hatte?
Sein Bruder, Klappzahn Guthmann, pflegte zu
sagen: »Der Bastian hat keine gerade Linie, kein Ziel vor Augen. Er ist der
Typ, der ewig studieren möchte, um nicht einer geregelten Tätigkeit mit
Aufstiegsmöglichkeiten nachgehen zu müssen.«
Bruder Klappzahn hatte völlig recht.
Seine Großmutter, Martha Guthmann, drückte
ähnliches etwas zärtlicher aus.
Sie sagte: »Der Bastian hat irgendwann den
Zeitpunkt, erwachsen zu werden, verpaßt. Ich kenne ihn gut genug, um
anzunehmen, daß er ihn bewußt verpaßt hat.«
Katharina kam im weißen Kittel zum Parkplatz
gelaufen, auf dem sie mit Bastian verabredet war. Sie fand ihn nirgends, aber
an der Windschutzscheibe ihres mit Müll beladenen Wagens klemmte ein Zettel:
»Ich lieg’ im Gras. B.«
Neben dem Parkgelände war eine kleine
Grünanlage. Dort ruhte er unter einem Strauch und lachte ihr entgegen. »Komm
her, Kathinka.«
Sie blieb kopfschüttelnd vor ihm stehen. »Wie
ein Penner.«
»Ich guck’ gern in die Bäume. Du nicht?«
»Ja doch, aber nicht unbedingt auf ‘nem
Parkplatz.« Sie holte eine Zigarette aus ihrer Kitteltasche. »Du mußt allein
zum Schuttplatz fahren. Ich kann noch nicht weg.«
Bastian stand auf und gab ihr Feuer und einen
Kuß. »Ach Mensch«, sagte er enttäuscht, »ich hab’ mich so gefreut.«
»Ich auch. Aber was soll ich machen? Und dann
besorg mir was, womit ich die Farbe von den Fingern kriege. Der Chef hat schon
gefragt, ob mich jemand gebissen hätte.«
Er brachte sie zum Krankenhaus zurück. »Wenn ich
sehe, wie du schuftest, habe ich richtig ein schlechtes Gewissen.«
»Mußt du nicht. Du hilfst mir schon dadurch, daß
es dich gibt.«
»Aber etwas nehme ich dir ab, nicht wahr?« Er
wollte sich gern bestätigt wissen.
Darum sagte Katharina: »Ohne dich schaffte ich
den Umzug nie.«
Bei diesem Umzug handelte es sich um einen
kurzfristig beschlossenen Wohnungstausch mit der Anästhesieärztin. Diese
übernahm Kathinkas Einzimmerappartement und überließ ihr dafür ihre
Zweizimmerwohnung.
Katharina nahm die Wohnung vor allem, weil sie
eine Küche hatte. Sie war es leid, in einer Kochnische im Zimmer zu brutzeln.
Tagsüber Krankenhaus in der Nase und abends gebratenen Fisch — das reichte ihr.
Vor dem Nebeneingang wollte sich Bastian von ihr
mit einem Kuß verabschieden, aber sie wehrte ab.
»Wenn man uns sieht!«
»Na und? Was gehen uns die Leute an!«
»Aber die Schwestern.«
»Die sind bloß neidisch.«
Kathinka sah ihn amüsiert an. »Etwa
deinetwegen?«
»Glaubst du, ich bin nicht ihr Typ?«
»Zumindest nicht der von Theresa. — Tschau, du!
Bis heut abend. Ich bin so um sechs zu Haus.«
Nachdem sich Bastian von Katharina verabschiedet
hatte, machte er den ersten großen Fehler an diesem frühen Nachmittag. Er fuhr
nicht direkt zum Müllplatz, wie anfangs vorgesehen, sondern zu seiner
Großmutter. Das war so gegen halb zwei. Martha Guthmann hatte gerade
Bauernknödel gemacht. Dazu gab es Geselchtes.
»...als ob ich geahnt hätte, daß du heut
vorbeikommst, Bub. Komm, iß, iß tüchtig. Du hast dich ja so lange nicht bei uns
sehen lassen. Mindestens eine Woche nicht. Die Susi fragt täglich nach dir —
sie arbeitet seit Montag bei einem Anwalt in der Praxis — halbtags. Noch einen
Knödel?«
»Ich hab’ schon drei«, stöhnte Bastian, seinen
Gürtel lockernd. »Ich platz’ gleich.«
»Es schmeckt dir nicht bei mir«, beschwerte sie
sich. »Sonst würdest du essen. — Aber Nachspeise, ja?«
»Frau Guthmann!!«
»Ja, wozu koch’ ich denn, wenn niemand bei mir
was ißt?«
Zu ihrem Glück kam Susi in diesem Augenblick
nach Hause. »Wie schön — es ist noch alles warm, ich tu’ Ihnen gleich auf. Der
Bastian ist da.«
»Ja, sieht man dich auch mal wieder?« sagte Susi
zu ihm. »Tag, Mädchen. Komm, setz dich. Laß dich mästen.«
»Was macht Kathrinchen?«
»Ihr Stuhlgang war heut ein bißchen hart«,
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