Der Bastian
besonders gut sein. Er kann bloß nicht anders.«
»Sie also auch!«
»Ja, ich auch«, sagte Susi. »Und ich hab’ allen
Grund dazu. Ich weiß nicht, was ohne Bastian aus meinem Baby und mir geworden
wäre.«
»Sie haben ein Baby?« fragte er blaß. »Wie
reizend.«
»Ist es auch.«
»Möchten Sie einen Drink, Fräulein Schulz?«
Susi lachte. »Haben Sie einen nötig?«
Während er zwei Campari-Soda herrichtete, fragte
er: »Sind Sie gekommen, um mir von meinem Bruder vorzuschwärmen?«
»Nein. Ich bin gekommen, um zu sammeln. Für den
Geburtstag. Ihre Großmutter wünscht sich eine Tiefkühltruhe, keine große. Die
kleinste. Ich gebe fünfzig Mark, Bastian zwanzig. Wir dachten, daß Sie
vielleicht den Rest-?«
Karl Guthmann rechnete köpf. Dann sagte er: »Ja,
gut, das läßt sich machen. Ich kriege das Ding mit dreißig Prozent Rabatt.«
»Wie schön für Sie.« Susi stand auf und wollte
sich verabschieden.
Karl sah sie besorgt an. Er mochte sie noch
nicht gehen lassen. Sie gefiel ihm. »Sie haben ja noch gar nichts getrunken,
Fräulein Schulz. Bleiben Sie doch noch ein bißchen.«
Ehe sie antworten konnte, schrillte das Telefon.
Karl Guthmann wollte erst gar nicht rangehen, dann ging er doch, weil
anhaltendes Klingeln so nervös macht.
Es war offensichtlich eine Frau am Apparat, zu
der er intime Beziehungen unterhielt. Seine Stimme war voll ungeduldiger
Zärtlichkeit. Er log etwas von einem Bielefelder Großhändler, mit dem er heute
abend essen gehen müßte. Aber morgen würde er sich melden.
Bestimmt.
Während des ganzen Gespräches lächelte er Susi
Schulz zu. Sie war Frau genug, um die Situation zu genießen.
»Was für ein Großhändler bin ich denn?«
Karl Guthmann kehrte in seinen Sessel zurück.
»Keine Ahnung. Eben ein Bielefelder. Und jetzt erzählen Sie mir von sich.«
Von-sich-selbst-erzählen bedeutete für Susi ihre
Handtasche öffnen und die ersten sechsunddreißig Babyfotos auf den Tisch
blättern.
»Das ist Kathrinchen. Katharina II. von links,
hat Bastian sie mal getauft. Katharina I. ist eine Ärztin.«
»Ich nehme an, Sie meinen Dr. Freude«, sagte
Karl Guthmann kurzfristig mißgestimmt.
»Sie kennen die Freude?«
»Ja.« Er seufzte. »Und somit wären wir einmal
wieder beim Thema Bastian angelangt.«
Bastian schlief nur noch in seiner Wohnung, wenn
Katharina Nachtdienst hatte. Er brachte sie morgens mit ihrem Wagen zum
Krankenhaus und holte sie auch wieder ab.
Er kaufte für den Haushalt ein und kochte und
verbreitete seine persönliche Note in Form von genialer Unordnung vor allem in
ihrem Bad und in der Küche.
Katharina räumte ihm anfangs alles nach, dann
mahnte sie ihn, und an dem Morgen vor Großmutter Guthmanns siebzigstem
Geburtstag kam es zwischen beiden zu einem handfesten Krach, in dessen Verlauf
sie sämtliche Synonyma für Unordnung verwandte und er sich mit dem Schimpfwort
»spießige höhere Tochter« revanchierte.
Darauf schleuderte ihm die höhere Tochter einen
Pantoffel ins Kreuz, was sehr, sehr weh tat. Denn an dem Pantoffel war ein
Hacken dran.
Noch am selben Morgen zog Bastian mit Zahnbürste,
Rasierzeug und Büchern aus ihrer Wohnung aus, und zwar mit der Tram. Kathinkas
Wagen rührte er nicht mehr an. Schließlich hatte er seinen Stolz.
Er rührte ihn nicht an, nahm aber aus Versehen
das einzige Paar Wagenschlüssel mit, so daß Katharina trotz endlichen Taxis
eine halbe Stunde zu spät zum Dienst kam, und das ausgerechnet an einem Morgen,
an dem mehrere Operationen angesetzt waren.
Bastian war gerade zehn Minuten zu Haus und
dabei, sich einen Tee zu brühen, als es Sturm klingelte.
Vor der Tür stand Susi.
»Du? Schon SO früh?«
»Ist dein Telefon kaputt? Man erreicht dich ja
nie...«
Susi kam herein. »Ich muß gleich weiter ins
Büro.«
»Was gibt’s denn? Ist was passiert?«
»Es passiert noch immer.«
»Etwa mit Großmutter?« fragte er erschrocken.
Susi nickte. »Sie backt einen Kuchen nach dem
andern.«
»Und ich dachte schon, es wäre was Ernstes.«
»Es ist ernst. Drei Schüsseln Heringssalat
stehen schon da und ein Roastbeef und Schweinsbraten...«
»Ich denke, sie hat keinen eingeladen«, sagte
Bastian und goß Tee auf.
»Sie hofft trotzdem, daß alle dran denken und
kommen. Aber die denken doch nicht!«
»Nein«, sagte Bastian, »die Familie denkt bloß
an Omi, wenn sie was von ihr will. Was machen wir denn da?«
»Überleg dir was. Ich muß los, sonst komm’ ich
zu spät.«
Er brachte sie zur Tür.
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