Der Bedrohung so nah (German Edition)
haben, aber er war noch immer ihr Chef. Und dieser Job war viel zu wichtig, als dass sie ihn durch eine unüberlegte Umarmung und einen dummen Kuss aufs Spiel setzen würde. Sie würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ihn zu behalten.
Nur weil sie Nick in der letzten Woche kaum gesehen hatte, hieß das noch lange nicht, dass der Kuss auch ihre professionelle Beziehung zueinander beeinträchtigen musste. Oder dass sie ihm deswegen nicht mehr in die Augen sehen konnte. Schließlich sind wir beide erwachsen, sagte sie sich wohl schon zum hundertsten Mal. Und selbst wenn er nicht mit der Situation umgehen konnte, sie hatte alles im Griff.
Sie schob die Gedanken an Nick beiseite und warf einen Blick auf das Geschenk, das neben ihr auf dem Beifahrersitz lag. Sie lächelte zufrieden. Es hatte sie gestern zwar fast den ganzen Tag gekostet, es zu besorgen – sie hatte ihren freien Tag für einen Trip nach Chicago genutzt –, doch dafür hatte sie das perfekte Geschenk für Stephanie gefunden. Sie konnte es kaum erwarten, das Gesicht des kleinen Mädchens zu sehen.
Fünf Minuten später fuhr sie die Auffahrt zu Nicks Haus hinauf und parkte neben seinem Suburban. Obwohl es schon früher Abend war, hätte sie erwartet, ein paar Kinder zu sehen, die schaukelten oder Bälle auf den Korb an der Garage warfen. Doch der Garten war verlassen. Bandito graste zufrieden in der Nähe des Zauns und schlug mit seinem Schwanz, der ein wenig zu lang und zu verfilzt war, nach Fliegen. Kein Kinderlachen, kein Versteckspiel. Keine Erwachsenen, die es sich auf Gartenstühlen bequem gemacht hatten. Außer Nicks Suburban und dem alten Buick von Mrs Thornsberry stand nur noch Hectors Wagen neben dem Haus.
Erin nahm das Geschenk, stieg aus und ging zur Eingangstür. Es gab überhaupt keinen Grund, nervös zu werden, versuchte sie sich selbst einzureden. Denn auch wenn es sich natürlich nicht vermeiden ließ, war sie schließlich nicht gekommen, um Nick zu treffen. Trotzdem bekam sie bei dem Gedanken, ihm zum ersten Mal nach dem Kuss wieder gegenübertreten zu müssen, feuchte Hände.
Es war wirklich dumm von ihr, wegen einer freundschaftlichen Umarmung, die etwas aus dem Ruder gelaufen war, so nervös zu sein. Dies war ein Kindergeburtstag, um Himmels willen. In fünfundvierzig Minuten würde ihre Pause beendet sein, und sie würde wieder zu ihrer Schicht zurückkehren. Das war genug Zeit, um Stephanie das Geschenk zu übergeben und das Stück Kuchen zu essen, das Mrs Thornsberry ihr versprochen hatte. Außerdem war es eine gute Gelegenheit, Nick zu zeigen, dass sie ihm nicht aus dem Weg ging und der Kuss für sie beide nichts weiter zu bedeuten hatte.
Sie wischte sich die feuchten Hände an ihrer Uniformhose ab und klingelte. Ihr blieb beinah das Herz stehen, als ausgerechnet Nick die Tür öffnete. Noch nie zuvor hatte sie ihn ohne Uniform gesehen, und der Anblick machte sie ein wenig schwindelig. Es verwunderte sie nicht im Geringsten, dass er in einer ausgewaschenen Jeans sogar noch besser aussah als sonst. Das schwarze Poloshirt ließ seine Augen noch dunkler erscheinen, und sie fragte sich, ob er zu den Leuten gehörte, deren Augenfarbe sich mit ihrer Laune änderte.
Eine Weile stand sie einfach nur schweigend da. Sie hoffte inständig, dass er nicht sah, wie ihre Wangen sich röteten. „Hi“, sagte sie und hielt ihm das Geschenk entgegen. „Ich wollte das hier abgeben.“
„McNeal“, sagte er schließlich und warf einen Blick auf das Geschenk. „Wie geht es Ihrem Schädel?“
„Der gleiche Dickschädel wie eh und je.“
Er lächelte zwar nicht, doch sie sah das amüsierte Aufflackern in seinen dunklen Augen. „Nun, alles in allem ist das vielleicht gar nicht so schlecht“, sagte er.
Schweigend standen sie einander gegenüber. Er machte keine Anstalten, sie hereinzubitten. Unbehaglich blickte sie auf ihre Stiefel.
„Sie haben heute Abend Dienst“, sagte er.
Sicher hatte seine Schichteinteilung nichts damit zu tun, dass er sie nicht sehen wollte. Nicht, dass ihr das etwas ausmachen würde. Nur weil Hectors Wagen in der Auffahrt stand, hieß das noch lange nicht, dass er sie ebenfalls zu der Party einladen musste, oder?
„Ich habe gerade Pause“, sagte sie schnell. „Ich habe nur ein paar Minuten.“ Unsicher, was sie sagen oder tun sollte, gab sie ihm das Päckchen. „Das ist für Stephanie.“
Er nahm das Geschenk. „Oh … danke. Ich werde es ihr geben.“
„Gut.“
Obwohl sie gerne das Leuchten in
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