Der Bedrohung so nah (German Edition)
In ihrer Wohnung konnte sie auf keinen Fall bleiben. Daher hatte er sich für das Pioneer Motel entschieden – und eine sehr, sehr lange Nacht, die vor ihm lag.
Das Motel lag am Highway kurz vor der Stadtgrenze und bot genau die Abgeschiedenheit und Anonymität, die sie brauchten, bis die Männer vom Marshal Service eintrafen. Jetzt musste er nur noch die nächsten Stunden die Hände von ihr lassen. Doch das sollte nicht weiter schwer sein, so wild entschlossen, wie sie war, DiCarlo zu kriegen.
„Nett hier“, maulte sie, als sie ihre Tasche auf eins der Doppelbetten schmiss. Er schloss die Tür hinter ihr und verriegelte das Sicherheitsschloss. „Willkommen in Logan Falls’ Version eines Fünf-Sterne Hotels.“
Ohne sie anzusehen, schob er die Gardine ein paar Zentimeter beiseite und spähte hinaus auf den Parkplatz. Es dämmerte bereits, aber die Laternen waren noch nicht angegangen. Bis auf einen Sattelschlepper und einen alten Kombi war der Parkplatz leer. Er konnte keinen Lincoln aus Illinois mit laufendem Motor entdecken, doch das beruhigte ihn nicht wirklich. Als erfahrener Cop wusste er, wie schnell sich das ändern konnte. DiCarlo war nicht gerade dafür bekannt, besonders subtil zu Werke zu gehen.
Seit Nick vor einer Stunde mit Frank gesprochen hatte, war sein Unbehagen stetig gewachsen. Jedes Mal, wenn er an DiCarlos gewalttätigen Ruf dachte, richteten sich seine Nackenhaare auf. Und jedes Mal, wenn er daran dachte, was passieren würde, wenn Erin dem Mafioso in die Hände fiel, überlief ihn ein eiskalter Schauer.
Er kannte kaum jemanden, der hartnäckiger und ausdauernder war als diese Frau. Und sie trieb ihn damit in den Wahnsinn. Wie konnte es sein, dass sie so viel Freude und Glück in das Leben seiner Tochter gebracht hatte und dabei gleichzeitig sein Leben so komplett auf den Kopf stellte? Sie war impulsiv. Eigenwillig und mutig. Und wesentlich verwundbarer, als sie je zugeben würde. Wie konnte er sich nur emotional mit einer Frau einlassen, die vorhatte, den skrupellosesten Mafioso Chicagos im Alleingang zu Fall zu bringen?
Es war zum Verrücktwerden, aber er wusste nicht, wie lange er sich noch von ihr fernhalten konnte. Es war ihm ein absolutes Rätsel, wie es so weit hatte kommen können. Von dem Tag an, als sie in sein Büro marschiert war und ihn kühl mit ihren grünen Katzenaugen gemustert hatte, war er nicht mehr er selbst gewesen. Jedes Mal, wenn er sie ansah, dachte er daran, wie gut es sich anfühlte, sie in seinen Armen zu halten.
„Gucken Sie sich das mal an.“
Er drehte dem Fenster den Rücken zu und sah zur ihr rüber. Sofort bekam er einen trockenen Mund. Den geöffneten Laptop vor sich, saß sie im Schneidersitz auf dem Bett. Die ausgewaschene Jeans und das alte T-Shirt, das sie sich angezogen hatte, bevor sie ihre Wohnung verlassen hatten, standen ihr besser, als ihm lieb war. Und betonten ihre Figur genau an den richtigen Stellen. Sie hatte die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, sodass er ihren schlanken Hals und ihr fein geschwungenes Kinn sehen konnte. Er spürte das absurde Verlangen, mit der Zunge über ihre Kehle zu fahren, nur um herauszufinden, ob sie genauso gut schmeckte, wie sie aussah.
Das Blut wich ihm aus dem Kopf, als er sich dem Bett näherte. „Was ist das, McNeal? Haben Sie Zugang zur Datenbank des Kriminallabors von Illinois?“
„Noch besser.“ Sie lächelte triumphierend. „Diese Datenbank ist zwar noch in der Entwicklung. Aber sie enthält die Bewegungen sämtlicher aktenkundiger Krimineller, insbesondere der Mafia. Also die ganz großen Nummern.“
„Die scheinen Sie besonders gerne zu haben“, bemerkte er trocken. „Und ich frage lieber gar nicht erst, wie Sie sich Zugang zu der Datenbank verschafft haben.“
„Das ist auch besser so.“ Ihre Finger flogen über die Tastatur. „Wie ich Sie kenne, würden Sie mich garantiert verhaften.“
Missmutig sah Nick auf den Bildschirm, auf dem Vic DiCarlos Name aufblinkte. „Der Kerl kommt ganz schön rum.“
„Eine seiner Firmen besitzt einen Learjet mit extra umgebauten Tanks für Langstreckenflüge.“ Sie drückte eine Taste, um weiter runter zu scrollen. „Einen Tag nach der Schießerei in der Lagerhalle hat DiCarlos Firmenpilot einen Flug von New York nach London angemeldet. Von dort ging es weiter nach Sizilien.“
„Interessantes Ziel.“
„Bestimmt eine Familienfeier.“
„Oder eine Beerdigung.“
Erins Finger zitterten leicht, als sie erneut eine Taste
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