Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Aber sie wollte kein ängstliches Kind großziehen, und sie sah auch nicht ein, warum sie diejenige sein sollte, die Madison eine Enttäuschung bereitete, während Hutch als derjenige dastand, der ihren Traum hatte erfüllen wollen.
Nein. Dieses eine Mal würde er sein Versprechen einlösen müssen.
Madison sollte ihren Ritt auf einem Pferderücken bekommen, dafür würde Kendra schon sorgen.
Kaum waren sie zu Hause angekommen, holte Madison den Klebefilm aus Kendras Büro, kletterte auf einen Stuhl und klebte voller Stolz ihr Familienporträt an den Kühlschrank. „So“, sagte sie dann, sprang vom Stuhl und betrachtete ihr Kunstwerk.
Auch Kendra bewunderte das Bild und sagte nachdenklich: „Am besten malst du noch ein paar Bilder, sonst sieht es ein bisschen einsam aus.“
Das fand Madison auch und lief los, um ihre Buntstifte zu suchen. Daisy war ihr dabei dicht auf den Fersen.
In der Zwischenzeit stellte Kendra den Stuhl zurück an den Tisch, griff nach ihrem Handy und blätterte das Namensregister durch, bis sie Hutchs Nummer fand. Unwillkürlich fragte sie sich, wann sie ihn eigentlich das letzte Mal angerufen hatte.
„Hallo?“, meldete er sich nach dem zweiten Klingeln.
„Wir müssen reden“, sagte sie leise genug, um nicht von Madison gehört zu werden. „Wann können wir uns treffen?“
10. KAPITEL
Wir müssen reden. Wann können wir uns treffen?
Es wäre eine maßlose Untertreibung gewesen, Hutchs Reaktion auf Kendras Worte als Erstaunen zu bezeichnen. Dennoch hoffte er, dass er einigermaßen lässig klang, als er erwiderte: „Okay, von mir aus. Ich fahre gerade bei Boone ab, ich muss zu Hause ein paar Dinge erledigen, und ich könnte noch eine Dusche gebrauchen.“
Halt die Klappe, ermahnte er sich. Das geht sie doch gar nichts an!
Außerdem hatte sie ihn nicht darum gebeten, sich über seine Gepflogenheiten in Sachen Körperhygiene zu äußern.
Da er es gar nicht mochte, wenn Leute während des Autofahrens telefonierten, lenkte Hutch seinen Wagen an den Fahrbahnrand und hielt an, damit die Männer, die er von Whisper Creek mitgebracht hatte, mit ihren Trucks vorbeifahren konnten. Auch Opal wollte er passieren lassen, doch die schien zu denken, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gab. Deshalb brachte sie ihren Kombi neben seinem Wagen zum Stehen und begann das Seitenfenster herunterzukurbeln. Doch bevor sie ihn fragen konnte, lächelte Hutch sie beruhigend an und gab ihr ein Handzeichen, damit sie weiterfuhr.
Kendra hörte sich ein wenig nervös an, als sie weiterredete. Auf ihn wirkte es, als würde sie bereits bereuen, dass sie ihn überhaupt angerufen hatte - von der konkreten Aufforderung zu einem Treffen einmal ganz abgesehen. „Heute oder morgen Abend vielleicht … wann es dir am besten passt“, brachte sie mit Mühe heraus.
Obwohl jeder Muskel schmerzte und er einen Bärenhunger hatte, fühlte sich Hutch mit einem Mal viel besser. Offenbar war er nicht der Einzige, der sich in diesem Moment überfordert fühlte, außerdem faszinierte ihn der Satz: „Wir müssen reden.“
„Ach so, dann ist es nicht so dringend“, folgerte er in einem Tonfall, der ein Lächeln vermitteln sollte. Er musste Kendra jetzt nicht sehen, er wusste auch so, dass sie in diesem Augenblick einen hochroten Kopf bekam. Ihr Gesicht verriet ihm ohnehin jede ihrer Gefühlsregungen, und auch wenn Kendra Shepherd auf den ersten Blick wie eine Eiskönigin aus dem hohen Norden wirken mochte, wusste Hutch nur zu gut, dass sie so heiß und sinnlich wie die Tropen sein konnte.
Unterdessen kämpfte sich Kendra durch das Telefonat, um ihm zu sagen … was immer sie ihm auch sagen wollte. „Nein … das heißt … also, ich schätze, wir könnten auch jetzt darüber reden …“
„Von mir aus gern“, willigte er ein und genoss es, diese sonderbare Unterhaltung mit Kendra zu führen.
„Ja, Madison“, sagte sie auf einmal zu ihrer Tochter, die im Hintergrund zu hören war. „ Natürlich musst du dir vor dem Essen die Hände waschen. Schließlich hast du den Hund gestreichelt.“
Hutch musste leise lachen. „Ich komme heute Abend vorbei“, schlug er vor. „Wann geht Madison schlafen?“
„Um acht“, kam Kendras zögerliche Antwort.
„Dann werde ich gegen halb neun da sein.“
Es folgte eine so lange Pause, dass Hutch bereits damit rechnete, Kendra würde es sich noch anders überlegen und ihm erklären, er müsse gar nicht vorbeikommen, weil sie ihm auch am Telefon sagen könne, um was es ging.
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