Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Vergnügen. „Wunder du dich nicht, wenn du Boone den Anstoß gegeben hast, den er gebraucht hat“, sagte sie zu Tara und drehte sich zu Kendra um. „Und was dich angeht, Ms Shepherd, wissen wir doch alle, dass Hutch Carmody dein Herz davongaloppieren lässt. Warum also leugnen?“
„Vielleicht hast du ja recht“, erwiderte sie fast im Flüsterton, nachdem sie einen tiefen Seufzer ausgestoßen hatte. „Aber das heißt nicht, dass aus uns beiden was werden kann. Beim ersten Mal hat das auch schon nicht geklappt.“
„Dann empfindest du also was für ihn“, betonte Joslyn und tätschelte Kendras Hand.
„Ich weiß aber nicht, was ich empfinde“, gab sie zurück. „Ich weiß nur, er macht mir schreckliche Angst.“
„Wieso denn das?“, fragte Tara leise.
„Schlechte Erfahrung würde ich sagen.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr, auch um damit anzuzeigen, dass sie nicht länger über Hutch reden wollte. „Ich sollte besser zurück ins Büro fahren“, ergänzte sie, „bevor noch jemand auf die Idee kommt, ich sei pleite, weil der Laden immer zu ist.“
Niemand widersprach ihr, aber Tara und Joslyn standen beide auf, um ihre Freundin zum Abschied zu umarmen. Kendra rief Daisy zu sich, und nur ein paar Minuten später waren sie beide schon wieder unterwegs.
Zurück im Büro, hörte Kendra ihren Anrufbeantworter ab und musste feststellen, dass sie drei neue Aufträge erhalten hatte. Sie rief die Leute zurück, die ihr Eigentum verkaufen wollten, und vereinbarte, sich mit ihnen am Nachmittag zu treffen. Auf diese Weise würde sie wenigstens abgelenkt sein.
Das erste Objekt war ein bescheidenes Haus im Stil einer Ranch mit großem Hof, einzeln stehender Garage und viel Platz für Blumenbeete und einen Gemüsegarten. Der Eigentümer, ein alter Witwer namens John Gerard, hatte beschlossen, das Haus zu verkaufen, weil er sich mit seinem Bruder in Great Falls eine Wohnung teilen wollte. Das Anwesen war in makellosem Zustand, allerdings musste das eine oder andere modernisiert werden. Es würde ein gutes erstes Zuhause für ein junges Paar sein, egal ob mit oder ohne Kinder.
Kendra und Mr Gerard einigten sich auf den Kaufpreis, den sie ansetzen sollte, und klärten andere Details, dann wurden die Papiere unterzeichnet.
Das zweite Objekt war ein gruseliges altes Motel, für das sich angesichts des baufälligen Zustands nur schwer ein Käufer finden lassen würde. Doch Kendra hatte eine Vorliebe für Herausforderungen, also nahm sie dieses Objekt auch in ihre Angebotsliste, was vor allem damit zusammenhing, dass das Grundstück fast mitten in der Stadt lag.
Als sie den dritten Termin wahrnahm, wurde sie ein wenig nervös, da sie wie verabredet Madison um drei Uhr aus der Vorschule abholen musste. Ihr Weg führte sie zu einem großen Trailer in der alten Nachbarschaft ihrer Großmutter, dessen Eigentümer Deputy Treat McQuillan war, was sie beim vorangegangenen Telefonat mit ihm gar nicht bemerkt hatte. Sein Gesicht war noch immer mit blauen Flecken übersät, die er seiner Auseinandersetzung mit Walker Parrish in der Boot Scoot Tavern zu verdanken hatte. Mittlerweile hatte der Zwischenfall in und um Parable fast schon legendenhafte Dimensionen angenommen. Besorgt fragte sie sich, ob Deputy McQuillan seine Drohung wahr gemacht und Walker wegen Körperverletzung angezeigt hatte.
McQuillan trug seine Dienstkleidung, als er Kendra auf der angebauten Veranda stehend zusah, wie sie bei ihm vorfuhr. Auf dem Weg hierher hatte sie Daisy zu Hause abgesetzt, und jetzt war sie froh, dass sie noch auf diesen Gedanken gekommen war. Der Deputy hatte etwas an sich, das ihren Beschützerinstinkt schon von Weitem erwachen ließ, der nicht nur Madison, sondern auch ihren Hund einschloss.
„Hallo“, sagte sie freundlich und ganz geschäftsmäßig, als sie das knarrende Holztor zum ziemlich kargen Vorgarten öffnete. „Ich hoffe, ich habe Sie nicht warten lassen.“
„Es gibt Dinge“, erwiderte McQuillan und ließ seinen Blick auf eine irgendwie schmierige Weise über ihren Körper wandern, „auf die lohnt es sich immer zu warten.“
Sie fühlte sich extrem unbehaglich, was nicht nur mit ihrer letzten Begegnung im Butter Biscuit Café zusammenhing, als er sie vor Hutch gewarnt hatte. Es lag auch daran, dass ihre Großmutter früher gerade mal zwei Trailer weiter gewohnt hatte, auf der anderen Seite der staubigen Straße, die bis heute weder geteert noch gepflastert worden war. Ein allzu vertrautes Gefühl von
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