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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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erst gar nicht verlassen sollen!
    Nun war es zu spät. Ein gutes Frühstück sollte meine Laune heben. Ich fuhr in die Innenstadt. In einem Feinkostladen sah ich mir den Schinken an.
    »Serrano? Parma?«, fragte die Verkäuferin.
    Ich schnaufte verächtlich.
    »Oder Jamon Iberico, das Kilo zu 116 Mark?«
    »Ist das der beste, den Sie haben?«, wollte ich wissen.
    »Dann hätten wir noch Jamon Jabugo, kostet allerdings…«
    »Hundert Gramm davon – oder lieber hundertfünfzig!«
    Sie nickte und begann zu schneiden; dann breitete sie die dünnen Scheiben aus, vorsichtig, als lege sie Blattgold auf eine Ikone.
    Nun ja, der Preis bewegte sich in der Preisregion von Kaviar, war andererseits aber nicht höher als der für die ›Potenz
    Power-Pillen‹ aus dem Reich der Mayas.
    Nein, ich sah mich nicht als Gerechtigkeitsfanatiker. Sollten Volksvertreter doch mit Charterjets in den Süden fliegen, von mir aus auch mit ihren Freundinnen, sollten sie sich doch mit privaten Vorführungen von Bademoden die Zeit und die Flugangst vertreiben lassen und als Krönung eine kräftige Nase ziehen. Sollten sie doch die Kontrolle über ihre Triebe verlieren. Bitte schön! Was mich einzig und allein störte, war die Tatsache, dass ich, Elmar Mogge, diese Kapriolen mit meinen Steuergeldern bezahlen sollte, mit Abgaben für ein Honorar, das ich nicht einmal vierundzwanzig Stunden in der Tasche einer wasserdichten Seglerweste getragen hatte.
    »Ach, geben Sie mir doch bitte zweihundert Gramm«, sprach ich gegen den weiß bekittelten Rücken der Verkäuferin.
    Ich kaufte auch Croissants, dann fuhr ich heim in mein Viertel. Es regnete immer noch, aber ich fühlte mich schon um einiges besser.
    Die frische Luft, die Aussicht auf ein gutes Frühstück, aber das allein machte es nicht. Mir war ein Weg aus meiner finanziellen Notlage eingefallen. Ich würde Verena anrufen und den von ihr in Aussicht gestellten Auftrag besprechen.
    Doch der Anruf erledigte sich.
    Auf dem Parkplatz vor meiner Haustür, den ich gern als meinen persönlichen Parkplatz betrachtete, stand der Mercedes meiner Exfrau. Verena saß hinter dem Steuer, las ein Modemagazin und sah selbst aus wie ein Mannequin, das Kleider für die Gattin des besserverdienenden Mannes vorführte.
    Ich klopfte an die Scheibe.
    »Ich bin gerade angekommen.«
    Das hätte sie auch gesagt, wenn sie schon Stunden auf mich gewartet hätte.
    Sie kam mit herauf, setzte sich recht selbstverständlich an den Küchentisch, warf von dort einen Blick in den Nebenraum, verschränkte die Arme und wartete, dass ich sie bediente.
    »Champagner habe ich nicht kalt gestellt. Tee? Kaffee?«
    »Oh, was sehe ich da?« Sie deutete mit dem Kinn auf die Rotweinflasche, die Marie mitgebracht hatte. »Willst du rückfällig werden, Elmar? Ein Schlückchen könnte ich vertragen.«
    Der Wein schmeckte ihr – obwohl es ja noch früh am Tag war – und auch der Schinken. »Jamon Jabugo, hollala! Du entwickelst Stil, Elmar.« Sie fasste mit derselben Beherztheit zu, mit der sie früher meinen kleinen Freund ans Licht gezerrt hatte, und weg waren die ersten Scheiben.
    »Die Kohle, Verena?«
    Sie säuberte die Fingerspitzen, öffnete ihre Handtasche, die aus Plastik, aber bestimmt sauteuer gewesen war, und reichte mir einen Umschlag. Ich warf einen Blick hinein, der Betrag stimmte und er entsprach fast genau der restlichen Summe, die das Finanzamt für die erste Rate forderte.
    »Danke für das zweite Frühstück, Elmar.«
    Es war mein erstes, aber ich wollte jetzt nicht
    wortklauberisch sein. Als sie sich erhob, sagte ich: »Einer meiner Klienten ist abgesprungen, eventuell hätte ich doch noch Zeit für diese Bergungsarbeit auf Ibiza.«
    »Ach ja?« Sie strich ihr Kleid glatt.
    »Aber ich mache es nicht unter zwanzigtausend und ein paar Fragen hätte ich vorher auch noch.«
    »Fragen kannst du jederzeit stellen, Elmar«, erwiderte Verena kühl. »Aber zwanzigtausend, das ist zu viel, mein Lieber.«
    »Fünf große Scheine vorab, den Rest, wenn Dora vor deiner Haustür steht.«
    Sie schüttelte den Kopf. Auf dem Weg zur Tür blieb sie für eine Sekunde am Schreibtisch stehen. »Hast du nette Post bekommen, Elmar?«
    Sie schaute auf den Brief vom Finanzamt. Der Frau entging nichts; und das war eine der Eigenschaften, die mich schon immer an ihr gestört hatten.
    »Danke auch für den Wein, Elmar!«
    Gestern hatten mich Maries Schritte auf der Treppe ganz traurig gemacht. Jetzt war ich froh, als ich hörte, wie die Haustür

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