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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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spanischen Behörden, die Kristines Tod als Unfall abtaten, die deutschen Beamten, die keinerlei Anstrengung unternahmen, um Kriminelle wie Gerry und Terry im Ausland aufzuspüren.
    »Was überlegst du, Elmar?«
    »Ich kenne jemanden bei der WAZ, der könnte so etwas…«
    »Elmar, ich besorge dir Kontakte zum Spiegel, zu Focus, zum Stern, zu welcher Redaktion du auch immer willst.
    Allerdings sind die Redakteure verwöhnt, die verlangen fertige Berichte. Das heißt: Beweismittel, dazu aktuelle Fotos von dir und einen Bericht von mir, den ich natürlich nicht unter meinem Namen verfassen werde – wir würden eine Lawine los treten.«
    Wenn die Lawine ins Rollen kam, würde sie in
    Regierungskreisen für Aufregung sorgen. Reflexartig blickte ich hinüber zu dem Glitzerding auf der anderen Rheinseite.
    Dort, im so genannten Stadttor, residierte die Staatskanzlei.
    Ich kam auf das Honorar zu sprechen.
    »Darüber reden wir später«, schlug meine Klientin vor.
    »Wann?«
    »Gleich, Elmar, beim Essen. Willst du mich nicht einladen?
    Reibekuchen.«
    »So proletarisch?«
    »Mit einem klitzekleinen Klecks Kaviar drauf. Wir haben doch was zu feiern, denke ich, oder?«
    47.
    Nachdem ich wusste, wie der Kopilot hieß, hatte es mich nur ein paar Minuten gekostet, seine Telefonnummer
    herauszufinden.
    Die Verhandlungen über den Preis für die Videokassette dauerten schon etwas länger. Irgendwann deutete ich an, dass meine ehemaligen Kollegen von der Duisburger Kripo die Aufnahmen ohne einen Pfennig beschlagnahmen könnten. Das half dann.
    »Zehntausend, mein letztes Angebot.« Seine Stimme klang nervös, die Härte war aufgesetzt; so sprach ein Mann, der am Abend zuvor ein paar Gläser zu viel getrunken hatte.
    »Drei große Scheine«, sagte ich. »Wenn das Material gut ist, gibt es noch mal fünf. Ist es nicht gut, will ich die Knete zurück.«
    Ich sprach in der Tonlage, die man von einem windigen Schnüffler erwarten konnte. Zwar verhandelte ich mit Verenas Geld, doch nur ein Amateur würde nicht feilschen. Außerdem musste der Mann wissen, dass die Aufnahmen allein – ohne Recherche, ohne Zeugenaussagen – nicht viel wert waren.
    Schließlich erwarteten die Medien gründliche Vorarbeit, wie mir Verena gestern eingebläut hatte.
    »Und wer garantiert mir, dass ich den Rest kriege?«
    »Niemand. Wenn Sie beim Bäcker ein Brötchen bestellen, vertraut der auch darauf, dass Sie mit der Semmel nicht auf und davon rennen. Die Pilotenvereinigung oder das Amtsgericht können wir nicht einschalten«, sagte ich. »Wer falsch spielt, bekommt Ärger«, hängte ich ebenso lässig wie drohend an und hoffte, dass es überzeugend rüberkam. »Also, ja oder nein?«
    Er atmete hörbar durch. »Ja. Und wo?«
    Ich markierte den unerschrockenen Burschen, war aber auf der Hut. Auf keinen Fall wollte ich, wie auf Ibiza, in eine Falle tappen. Hier war mein Revier, ich konnte den Heimvorteil nutzen.
    »Zwischen Duisburg-Walsum und Orsoy pendelt eine
    Autofähre, etwa alle halbe Stunde. Gehen Sie auf der Orsoy-Seite mit dem Wagen an Bord. Die Überfahrt dauert nur knapp zehn Minuten, bleiben Sie nach dem Anlegen in Walsum im Wagen sitzen. Ich zeige Ihnen mein Ticket, spreche Sie an.
    Nennen Sie mir nur die Marke und die Farbe Ihres Wagens.«
    »Dunkelgrüner Audi A4.«
    »Heute Nachmittag, rundum 17 Uhr.«
    Ich hängte ein.
    Dann rief ich den jungen Türken an, der mir vor einiger Zeit, als ich auf dem Weg zu meinem Taubenklienten war, mit den Worten »Anruf genügt« seine Telefonnummer gegeben hatte.
    Ich erklärte ihm, worum es ging, erfuhr dass er Cetin hieß und dass ›Sonderaufgaben‹ seine Spezialität waren.
    Um halb fünf war ich in Walsum.
    Wie auf Schienen fuhr mein Kombi zu der Straße, in der Marie Laflör wohnte. Vor ihrem Haus bremste ich ab, hielt aber nicht an, obwohl der Wunsch, ein paar Worte mit ihr zu wechseln, sehr stark war. Über die Hecke hinweg, die das Grundstück gegen die Straße abschirmte, glaubte ich, wie damals, ihr Gesicht hinter der Fensterscheibe zu sehen. Wer liebt, wird leicht Opfer seiner Fantasie. Einmal hatte ich Marie das Schaufenster einer Boutique dekorieren und ein andermal auf einem Fahrrad durch meine Straße fahren sehen. Auf den ersten Blick, beim zweiten waren es blonde Frauen ihrer Größe gewesen, ohne wirkliche Ähnlichkeit.
    An der Anlegestelle blies ein frischer Wind.
    Die Fähre legte gerade in Orsoy ab. Sie drehte sich mit der Breitseite zum Strom und ich konnte ihren Namen erkennen:

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