Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Pool herumtrieben.
    Arschlöcher .
    Phyllis, mit kaffeefarbiger Dauersonnenbräune und kurzem Haar, bearbeitete am Rand des Wassers einen Crosstrainer. Sie war geradezu zwanghaft athletisch und hatte Jahre damit verbracht, sich einen knabenhaften Körper und eine permanent gereizte Miene anzutrainieren, womit sie jeden Anschein körperlicher Weiblichkeit erstickt hatte. Shaper wusste, dass die meisten Menschen sie für eine unverhohlen maskuline Lesbe hielten, und sie tat kaum etwas, um den Eindruck zu widerlegen. So passte sie besser in die von ihr geerbte Männerwelt, in der Frauen angeglotzt wurden und in der man ihnen auf den Hintern klopfte und ihnen anzüglich nachpfiff. Kaum jemand wusste, dass Phyllis zweimal verheiratet gewesen und geschieden worden war und zur besten Stammkundschaft von Kingsley dem Hengst gehört hatte.
    Sie lächelte verhalten, als er eintrat, und wischte sich Schweiß aus dem Gesicht.
    »Alles klar, Dan?«, fragte sie. »Wie …«
    »Danny!«, tönte Dave aus der anderen Richtung. »Scheiße, wie geht’s dir?« Er verschüttete auf seiner giftgrünen Luftmatratze Whiskey, wenngleich ihn nicht zu stören schien, dass die Flüssigkeit über seine Männerbrüste schwappte. Dave war nicht fett im eigentlichen Sinn, er strahlte nur eine so unsagbar erschlagende Größe aus, sowohl in Hinblick auf sein Naturell als auch seine Gestalt, dass sein feister Körperbau im Auge des Betrachters unweigerlich fettleibig wirkte. Er trug eine violette, knappe Badehose, hatte sich die Haare neonblau gefärbt und rauchte prahlerisch die alte Pfeife seines Vaters.
    Shaper besann sich, dass Dave immer gern im Mittelpunkt stand.
    Die Geschwister waren einunddreißig, genauso alt wie Shaper,und das wusste er genau, denn in der Schule waren sie Klassenkameraden gewesen. Er hatte miterlebt, wie aus den zwei verwöhnten Schwachköpfen, die ihn um Schutz vor Pausenrowdys und gemeinen Zicken angefleht hatten, erst pampige Halbwüchsige geworden waren, deren verzweifelte Mutter sich händeringend gefragt hatte, ob sie je zu etwas nütze sein würden, und letztlich die begeistert manipulativen Geschäftsleute, die man heute allseits kannte und hasste.
    Im Grunde genommen waren sie Pisser. Und während eines beträchtlichen Teils von Shapers Leben waren sie außerdem seine besten Freunde gewesen.
    Zwillinge, obwohl man es nicht erahnt hätte.
    Bloß niemals die Kray-Brüder erwähnen.
    »Hallo Leute«, presste er höflich durch seinen Hass hindurch hervor. »Ist lange her.«
    »Du siehst wie ein Stück Scheiße aus, Kumpel!«, plärrte Dave und platschte mit den Zehen im Wasser. »Kannst dir wohl nicht mal anständige Klamotten leisten.« Er lachte über seine eigene Stimme. Dave tat das oft.
    »Viele Taschen«, erklärte Shaper und hielt die Jacke auf. »Das mag ich.«
    »Ne, Kumpel. Kein Vergleich zu dieser … was war’s noch gleich?« Dave schwenkte einen Arm in Phyllis’ Richtung. »Diese ausgefallene Scheiße, die er früher immer getragen hat. Mit dem komischen Kragen.«
    »Kung-Fu-Jacke.«
    »Kung-Fu-Jacke! Genau!« Er trank von seinem Whiskey. »Die war wie ’ne verfluchte Uniform. Da haben die Leute schon Zustände gekriegt, bevor sie überhaupt dein Gesicht sehen konnten.«
    Shaper ließ sein Lächeln auf ein höfliches Mindestmaß geschraubt und kochte innerlich. »Weiß nicht, ob das dem Vergleich mit dem neuen Modell standhält.« Er nickte zu Vicar hinüber.
    Dave lachte grölend. »Unter uns, Kumpel«, polterte er, »ich denke mir andauernd, er sollte diesen Strick um den Hals loswerden. Damit ist er doch ein leichtes Ziel, oder?«
    Auf der anderen Seite des Raums hob Vicar theatralisch die Hände – wobei er darauf achtete, dass ihn alle beobachteten – und begann, die rote Krawatte zu lösen. »Sie sind der Boss, Boss.«
    Wie auf ein Stichwort warf Phyllis ein: »Also, mir gefällt’s. Hat was Ausdrucksstarkes.«
    Vicar ließ sich das Dilemma nicht anmerken, packte Pimmelbirne am Kragen und grinste breit. »Tja, Sie sind auch der Boss, Boss.«
    Arschkriecher , verkniff sich Shaper zu sagen.
    Vicar wickelte die Krawatte wie ein Kopftuch um die kahle Stirn des Handlangers, dann trat er mit der blumigen Gestik eines Zirkusdirektors zurück. »So, sehen Sie? Sieht immer noch ausdrucksstark aus; aber bei einem weniger wichtigen Ziel. Alle gewinnen.«
    Die beiden Zwillinge lachten anerkennend auf. Pimmelbirne stand wie erstarrt da und erinnerte Shaper stark an die arme, dem Untergang geweihte