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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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unbequem auf ihren Sitzen zu verrenken.
    »Wo haben Sie das gefunden?«, wollte Sandra wissen.
    Vince nickte durch die Tür und den tunnelartigen Gang. »In einem großen Raum an der Vorderseite. In ’ner Kommode. Da ist ’ne Menge Krempel drin.«
    Sicherheitsüberprüfungen , dachte Shaper mit hochgezogener Augenbraue. Er merkte sich geistig vor, Vinces Taschen von innen nach außen zu kehren, bevor sie gingen.
    »Das ist der Wintergarten«, murmelte Sandra. »Da geht niemand mehr rein. Dort hatten sie immer …« Sie sah Shaper an. »Sie wissen schon.«
    Die Orgien.
    Mochten sie auch sexuell aufgeschlossen sein, die Leute aufdem Bild gaben eine unwahrscheinliche Gruppe ab. Jede Person wies die unvereinbare Kombination eines Partyhuts aus Pappe und eines Bindi inmitten der Stirn auf; davon abgesehen hätte die Runde der Versammelten kaum bunter zusammengewürfelt sein können. Shaper erkannte auf Anhieb, was Vinces Aufmerksamkeit erregt hatte, und das Gefühl von Wichtigkeit – von Verbindungen, die sich bildeten, von Fortschritten, die erzielt wurden – erblühte aus dem Foto wie Blumen aus fruchtbarer Erde.
    Links hinten, noch kaum aus der Pubertät heraus, befand sich ein engelsgesichtiger Junge mit einem lasziven Lächeln und strahlenden Augen, bei dem es sich zweifelsfrei um einen gewissen Jason K. Arbuthnot handelte.
    »Das ist Kingsley, oder?« Vince grinste und tippte auf das Glas des Rahmens. »Kingsley, der verfluchte Hengst, als junger Bursche.«
    Shaper nickte stumm. Neben dem jungen Mann befand sich eine altbacken wirkende Frau in den späten mittleren Jahren. Sie trug einen Pullover, und ihr nüchterner Gesichtsausdruck schickte seine Gedanken geradewegs zurück zu einem anderen Foto, das aus tintigem Zeitungspapier ausgeschnitten worden war.
    Heidi Meyer, begeisterte Gärtnerin und regelmäßige Ausstellerin bei der Gartenbaumesse in Chelsea   … eine Nachbarin fand den Leichnam unter einem Gemeinschaftslichtschacht   …
    »Hm«, machte Shaper. Er hatte das bizarre Gefühl, in Wasser zu versinken.
    Alle waren auf dem Foto. Neben Heidi richtete eine Frau mit steifen Zügen ein schmallippiges Lächeln aufs Objektiv der Kamera. Sie war reich , hatte Canton gesagt. Geschäftsfrau. Schwer auf ihr Image bedacht . Shaper flüsterte ihren Namen: Alice Colquhoun . Er spürte ein wachsendes Zittern in seinen Fingern – die Krankheit, die sich rührte, als spüre sie seine Erregung – und verlagerte das Foto in die andere Hand. Seine Zehen kribbelten.
    »Alles klar, Kumpel?«, fragte Vince untypisch aufmerksam.
    Shaper log mit einem Nicken.
    Zwei Sitze von Alice Colquhoun entfernt strahlte Dr. Naryshkin verrenkt auf seinem Stuhl mit einem alkoholbenebelten Grinsen in die Kamera. Mit noch schlagendem Herzen. Mit unversehrten Rippen. Seine Brust war noch nicht aufgeschlitzt, seine Augen quollen nicht vor Grauen und Qualen hervor, die Arme hatte er nicht von sich gestreckt wie …
    Aufhören.
    Aufhören, aufhören, aufhören!
    Shaper zog sich einen Stuhl herbei, setzte sich grunzend, räusperte sich. Atmete.
    Vince und Sandra beobachteten ihn – er konnte es fühlen . Shaper schenkte ihnen keine Beachtung.
    Am Kopf des Tischs saß in schwarzem Anzug und mit violetter Krawatte George Glass. Er lächelte dermaßen ausgeglichen und gelassen, dass es fast unmöglich wurde, den Blick davon zu lösen.
    Eine Schriftrolle senkte sich vor Shapers geistiges Auge und entrollte sich jäh zu einer Textzeile.
    DU STEHST AUF einer LISTE.
    »Was wir nicht wissen, ist, warum der Irre genau diese Personen ausgesucht hat.« Cantons Stimme, die wie ein Geist durch Shapers Schädel hallte.
    Er brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen. »Sandra? Wissen Sie, wer diese Personen sind?«
    »Ich hab’s Ihnen ja gesagt, das sind die Freunde meines Vaters. Sprechgesänge, Kerzen. All dieser Kram.«
    »Orgien und so weiter?«
    »Ja.«
    Vince schaute auf. »Was?«
    »Ihre Namen kenne ich nicht«, sagte Sandra, die ihn ignorierte. »Sie haben sie nie benutzt.«
    »Halt mal, hast du Orgien gesagt? Ich …«
    »Halt die Klappe.« Shaper ließ den Blick auf Sandra gerichtet und achtete nicht auf Vinces Schmollmiene. »Was meinen Sie damit, sie haben sie nie benutzt?«
    »Sie hatten diese … Codenamen. Richtig verstanden habe ich das nie. Wie gesagt, ich habe mich …«
    »Da rausgehalten, ja.« Er betrachtete wieder das Foto und kaute auf der Innenseite seiner Wange.
    Vier Tote. Ein alter Mann. Und ein paar

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