Der Blaumilchkanal
wie üblich mit der Hochzeit. Schließlich ließ Arthur sich von ihr scheiden, obwohl Marilyn seinetwegen bei einem Mo-derabbi von New York Hals über Kopf zur jüdischen Religion übergetreten war.
Ich spreche ausdrücklich von Mode und Ort, denn in Israel hätte Marilyn frühestens in zehn Jahren, wenn überhaupt, die jüdische Religion annehmen können.
Der mosaische Glauben ist keine Religion, die missioniert. Er ist ein exklusiver Club verfolgter Menschenkinder, und man muß die entsprechenden Beziehungen haben, um beitreten zu können, vor allem wenn man eine »Schickse« ist. Dazu muß man wissen, daß entgegen der landläufigen Meinung die Bezeichnung »Schickse« für hübsche nichtjüdische Frauen bei uns durchaus liebevoll gemeint ist.
Unsere Patriarchen sind aber prinzipiell nicht daran interessiert, daß der Club zu voll wird, weil sie keine Zeit für derlei Firlefanz haben. Sie sind Tag und Nacht bis über beide Ohren mit der Anzahl ihrer Regierungssitze beschäftigt.
Unsere kleinen religiösen Parteien sind nämlich seit Menschengedenken das Zünglein an der Waage in allen Koalitionsverhandlungen, und ihr Einfluß ist so gewaltig, daß Moses davon nur hätte träumen können.
Für meine deutschen Leser bietet sich ein unmittelbarer Vergleich an. Ob die CDU oder die SPD an die Macht kommt, hängt davon ab, ob die FDP die Fünfprozentmarke überschreitet oder nicht.
Das Ergebnis dieses demokratischen Roulettes ist, daß bei uns die Rabbiner am Schaltpult sitzen und bei allen elementaren Lebensentscheidungen mitmischen.
Für die Ehe, die auch nach der mosaischen Religion besser vor der Scheidung stattfindet, ist eigentlich der Staat zuständig, aber er greift nur dann ein, wenn die Moral in Gefahr ist, das heißt, wenn die Presse den Fall aufgreift. Im übrigen tun unsere guten Rabbiner nur das, was sie, also der Allmächtige, für richtig halten.
Das Rabbinat hat aber keineswegs etwas gegen Ehen, Schwierigkeiten macht es nur, wenn eine geschiedene Frau einen Mann heiraten möchte, dessen Name mit K. beginnt, nicht etwa Kishon, sondern Kohen, was Hohepriester bedeutet, oder eine Frau die verwegene Absicht hegt, sich wieder zu verheiraten, nachdem ihr Mann vor 30 Jahren Zigaretten holen ging und irgendwo aufgehalten wurde. In diesem Fall können sich die Rabbiner den »Vorteil des Zweifels« leisten, ob der zerstreute Ehemann nicht vielleicht doch noch heimkommt. Mischehen gibt es bei uns nicht. Offenbar hat Moses schlechte Erfahrungen mit seiner Schickse gemacht.
Wenn also ein zukünftiger Ehepartner Nichtjude ist, müssen die beiden im nächstgelegenen Ausland, zumeist auf Zypern, heiraten. Der Staat erkennt dann die Ehe an, aber die Rabbiner wetzen bereits ihre Messer für die Stunde der Rache, die gewöhnlich sehr schnell schlägt, spätestens dann, wenn das ketzerische Paar sich scheiden lassen möchte.
Dann lächeln die Herrn Rabbiner liebenswürdig und stellen fest, daß sie beim besten Willen keine Scheidungsurkunde ausstellen können, da die beiden zyprischen Ketzer für sie schließlich noch gar nicht verheiratet sind. Und so ist das Ehepaar auf ewig aneinander geschmiedet, weil der Staat nur das Recht hat, die Ehe anzuerkennen, sie aber nicht scheiden darf.
Eine Möglichkeit, eine Mischehe in Israel zu schließen, gibt es aber doch, und zwar dann, wenn einer der beiden Partner bereit ist, zur Religion des anderen überzutreten, entweder der Jude wird Christ oder die Schickse eine Jüdin. Allerdings sollte man dabei beachten, daß es nicht gleichzeitig geschieht, weil dann die Geschichte von neuem losgeht.
All dies habe ich nur erzählt, um klarzumachen, wie klug Marilyn war, sich in New York von einem Mode-rabbi ohne politische Ambitionen einsegnen zu lassen. Hätte sie es in Israel bei einem orthodoxen Rabbiner versucht, wäre die erste Begegnung ungefähr so verlaufen, wie es auf den folgenden Seiten beschrieben ist.
zurück zum Inhaltsverzeichnis
SPRECHSTUNDE EINFACH KOMPLIZIERT
Meine schöne Andersgläubige, Sie haben im Ausland einen Juden geheiratet und überlegen, zu unserem Glauben überzutreten. Das ist doch richtig?«
»Ja, ehrwürdiger Rabbiner.«
»Haben Sie denn schon einmal darüber nachgedacht, meine Tochter, welche schrecklichen Folgen es haben würde, wenn Sie nicht zum Judentum übertreten? Ihre zukünftigen Kinder könnten dann nach jüdischem Glauben weder heiraten noch sich scheiden lassen und würden zu guter Letzt auch noch außerhalb der Friedhofsmauern
Weitere Kostenlose Bücher