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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Kopf schief. »Soll das heißen, ich soll dich fragen, was das für Sachen waren?«
    »Nie im Leben.«
    »Ich möchte gewissermaßen per definitionem bezweifeln, dass du sie jemandem verraten würdest.«
    »Volltreffer. Genau. Nie im Leben. Nicht dass sie dermaßen interessant wären«, sagt sie. »Aber das hat er gemacht. Er wusste Bescheid, und damit hatte er meine Aufmerksamkeit, das kannst du aber glauben. Da habe ich richtig aufgehorcht. Wie sollte es auch anders sein?«
    Drinion sagt: »Das kann ich verstehen.«
    »Genau. Dass er mich kannte, mich verstand, sich für das Verstehen interessierte. Die Leute sagen das immer, verstehen, ich verstehe dich, bitte hilf uns, dich zu verstehen .«
    »Ich habe das seit Beginn unseres Gesprächs auch schon ein paarmal gesagt«, sagt Drinion.
    »Weißt du, wie oft?«
    »Neun Mal, aber ich glaube, nur vier Mal in der spezifischen Bedeutung, auf die du jetzt abhebst, wenn ich dich richtig verstehe.«
    »Nimmst du mich auf den Arm?«
    »Weil ich das Wort verstehen eben noch mal verwendet habe?«
    Rand macht nur eine genervte Geste, erst nach links und dann nach rechts, als säßen noch mehr Leute mit ihnen am Tisch.
    Drinion sagt: »Nicht wenn ich mich an die von dir gemeinte Bedeutung von verstehen halte, denn du meinst weniger das Begreifen einer Aussage und ihrer Implikationen als vielmehr einen Menschen, was meiner Ansicht nach weniger eine Frage der Kognition als der Empathie ist; vielleicht wäre Achtsamkeit der korrekte Begriff für die von dir gemeinte Art des Verstehens.«
    »Wichtig ist, dass er das tat«, sagt sie. »Dein Wort dafür ist mir egal. Niemand wusste die Sachen, die er mir auf den Kopf zusagte – eine davon war auch mir selbst nicht richtig bewusst, bis er sie ganz unverblümt in Worte fasste.«
    »Das machte Eindruck«, sagt Drinion entgegenkommend.
    Rand ignoriert ihn. »Er war der geborene Therapeut. Er nannte das seine Berufung, seine Kunst. So wie es die Berufung anderer Leute wäre, zu malen oder wirklich gut zu tanzen oder stundenlang dasitzen und immerzu dasselbe lesen zu können, ohne sich zu rühren oder ablenken zu lassen.«
    »...«
    »Würdest du sagen, du hast eine Berufung?«, fragt die DISTELPRÜ Shane Drinion.
    »Das bezweifle ich.«
    »Er war kein Arzt, aber wenn er dort jemanden sah, dem er glaubte helfen zu können, dann versuchte er es. Ansonsten war er mehr ein Wachmann, fand er.«
    »...«
    »Einmal meinte er, er sähe sich mehr als einen Spiegel. Beim intensiven persönlichen Austausch. Wenn er fies oder begriffsstutzig wirkte, bedeutete das eigentlich, dass du dich selbst fies oder begriffsstutzig gefunden hast. Wenn er dir mal klug und sensibel vorkam, bedeutete das, dass du an dem Tag klug und sensibel warst – er zeigte dir einfach, was in dir war.
    Er sah schrecklich aus, aber das war Teil seiner Ausstrahlung, wenn man dasaß und seine Befindlichkeiten artikulierte. Er sah so krank, verbraucht und gebrechlich aus, dass du nie das Gefühl hattest, da säße so ein eingebildeter, normaler, gesunder, reicher Arzt, der über dich richtet und froh ist, dass er nicht so ist, oder dich nur als Fall sieht, den er zu lösen hat. Man hatte wirklich ein Gegenüber, wenn man mit ihm sprach.«
    »Jedem wäre klar, dass er in dieser schwierigen Zeit großen Eindruck auf dich gemacht hat, dein zukünftiger Mann«, sagt Shane Drinion.
    »Meinst du das ironisch?«
    »Nein.«
    »Findest du quasi, hier verknallt sich eine verkorkste Siebzehnjährige in einen Möchtegerntherapeuten, weil sie glaubt, er ist der einzige, der sie versteht ?«
    Shane Drinion schüttelt genau zwei Mal den Kopf. »Das finde ich nicht.« Rand geht durch den Kopf, dass er sie langweilig bis dorthinaus finden könnte, und sie würde das gar nicht merken.
    »Denn das wäre zum Heulen«, sagt Meredith Rand. »Das wäre die älteste Geschichte der Welt, und egal wie verkorkst du das Ganze findest, das war es ganz bestimmt nicht.« Sie richtet sich kurz kerzengerade auf. »Weißt du, was ein Monopson ist?«
    »Ich glaube ja.«
    »Was denn?«
    Shane Drinion räuspert sich kurz. »Ein Monopson ist das Gegenteil eines Monopols. Einer großen Zahl von Anbietern steht nur ein einziger Nachfrager gegenüber.«
    »Genau.«
    »Ich würde sagen, Offerten für Staatsaufträge wie im letzten Jahr, als der Service seine Kartenlesegeräte in La Junta modernisiert hat, sind Beispiele eines monopsonistischen Markts.«
    »Genau. Das hat er mir nämlich auch beigebracht, wenn auch in

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