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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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gehen, für Veränderungen demonstrieren, und dann gibt es auch echte Veränderungen; wir ziehen aus Vietnam ab, wir kriegen einen Wohlfahrtsstaat, die Bürgerrechtsgesetze und die Frauenbewegung.«
    »Weil sich Unternehmen eingemischt haben und alle echten Prinzipien, Ansprüche und Ideologien zu x-beliebigen Moden und Einstellungen verdreht haben – sie haben aus der Rebellion als einer treibenden Kraft eine reine Pose gemacht.«
    »Nichts ist leichter, als Unternehmen madig zu machen, X.«
    »Man darf nicht vergessen, dass Unternehmen Körperschaften sind, d. h., sie haben einen Körper. Hier wurden doch künstliche Menschen geschaffen. War das nicht der Vierzehnte Verfassungszusatz, der Unternehmen dieselben Rechte und Pflichte übertrug, die auch Bürger haben?«
    »Nein, der Vierzehnte Verfassungszusatz diente der Wiedereingliederung der Südstaaten nach dem Bürgerkrieg und sollte den befreiten Sklaven das volle Bürgerrecht verschaffen, und es war irgendein gerissener Firmenanwalt, der den Obersten Gerichtshof davon überzeugt hat, dass diese Kriterien auch für Unternehmen zutreffen.«
    »Damit spielen Sie auf unsere C-Corporations an, stimmt’s?«
    »Das ist nämlich wahr – wenn Sie jetzt von Unternehmen reden, ist nicht mal ganz klar, ob Sie C- oder S-Corporations meinen, Firmen mit beschränkter Haftung der Gesellschafter, Unternehmensverbände, außerdem muss man Personengesellschaften von Körperschaften des öffentlichen Rechts unterscheiden, und darüber hinaus gibt es dann noch Scheinunternehmen, die im Grunde bloß Kommanditgesellschaften mit forfaitierten Verbindlichkeiten sind, die auf dem Papier Verluste erwirtschaften und letztlich Parasiten des Steuersystems sind.«
    »Hinzu kommt, dass C-Corps durch die doppelte Besteuerung Beiträge leisten, insofern ist die These, sie wären in puncto Steuereinnahmen ein reiner Negativposten, kaum zu halten.«
    »Ich bedenke Sie mit einem Blick voller Verachtung und Hohn, X; was glauben Sie eigentlich, was wir hier machen? «
    »Ganz zu schweigen von fiduziarischen Anlagen, die praktisch wie Unternehmen funktionieren. Plus Überrenditen nach Kapitalkosten, nicht besteuerte Holdinggesellschaften und als Unternehmensanlagen strukturierte gemeinnützige Stiftungen.«
    »Das spielt alles keine Rolle. Und eigentlich rede ich auch überhaupt nicht über das, was wir hier machen, oder nur, insofern es uns befähigt, staatsbürgerliche Einstellungen aus nächster Nähe zu beobachten, schließlich gibt es nichts Konkreteres als eine Steuerzahlung, die nun einmal aus Ihrem Geld besteht, während die aus den Zahlungen erwachsenen Verpflichtungen und prognostizierten Renditen abstrakt bleiben, auf der abstrakten Ebene der ganzen Nation, ihrer Regierung und des Gemeinwohls, ergo offenbart sich der Bürgersinn eines Menschen wohl nirgends so unverstellt wie in seiner Einstellung zum Steuernzahlen.«
    »War das nicht der Dreizehnte Verfassungszusatz, auf den sich Schwarze und Unternehmen berufen haben?«
    »Kann ich ihn bitte rausschmeißen, Mr G.? Ich flehe Sie an.«
    »Schmeißen wir lieber was anderes in die Debatte. In den 1830ern und ’40ern beurkundeten die Bundesstaaten großen regulierten Unternehmen die Körperschaftlichkeit. Und 1840 oder ’41 veröffentlichte de Tocqueville sein Buch über die Demokratie in Amerika, und da schreibt er irgendwo, dass Demokratien mit ihrem Individualismus die Gefahr innewohnt, dass sie ihrem Wesen nach den Bürgersinn wahrer Gemeinschaft zersetzen, das Wissen darum, wahre Mitbürger zu haben, die die eigenen Interessen und Sorgen teilen. Das ist eine perfide Ironie, wenn man’s sich recht überlegt, denn eine Staatsform, die Gleichheit herstellen soll, macht ihre Bürger so individualistisch und ichbezogen, dass sie als in ewiger Nabelschau befangene Solipsisten enden.«
    »De Tocqueville spricht auch über Kapitalismus und Märkte, die mit der Demokratie so ziemlich Hand in Hand gehen.«
    »Nur glaube ich nicht, dass es mir im Moment darum geht. Es ist leicht, Unternehmen die Schuld zu geben. DeWitt meint, wenn man Unternehmen für böse hält und der Staat die Aufgabe hat, sie zur Moral zu erziehen, dann verzichtet man auf die eigene Verantwortung und den eigenen Bürgersinn. Man macht den Staat zum großen Bruder und das Unternehmen zu dem üblen Rabauken, den der große Bruder in der Pause von einem fernhalten soll.«
    »De Tocquevilles Stoßrichtung ist, dass es in der Natur eines demokratischen Bürgers liegt, ein

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