Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
und etwa zehn Briefe. Alle trugen Peter Schimmelpfennigs Handschrift.
    Der höfliche Zollbeamte lächelte ahnungslos, beguckte sich für einen kurzen Augenblick die wirklich hübschen Fotos auf den Karten und klappte den Anzug wieder zurück. Er sagte: „Thank you“ und stempelte jetzt auch den Paß des jungen Brasilianers.
    Peter Schimmelpfennig war kreideweiß im Gesicht. „Das sind ja...“ stammelte er. Aber mehr sagte er nicht. Seine Lippen waren plötzlich dünn wie ein Gedankenstrich.
    „Ich erkläre dir alles später“, lachte Rodrigo. nahm seinen Koffer und marschierte zum Ausgang, als ob nichts gewesen wäre. „Irgend jemand sollte uns abholen“, meinte er und blickte sich um. Und da kamen auch schon zwei Japaner in dunkelblauen Regenmänteln auf sie zu.
    „Yokoso“, sagten die zwei Herren beinahe gleichzeitig und verbeugten sich. Dabei hielten sie Arme und Oberkörper ganz steif.
    „ ,Yokoso’ heißt auf deutsch ,Willkommen’ “, erklärte der eine von den beiden. Er trug eine schwarze Hornbrille mit dicken Gläsern und war noch ziemlich jung.
    „Herr Direktor Suzuki erwartet Sie, und ich bin sein Erster Sekretär. Mein Name ist Nagase.“
    „Rodrigo Sola“, stellte sich der Brasilianer vor. „Und das ist...“
    „Wir wissen“, unterbrach ihn Herr Nagase ein wenig nervös und guckte sich um, als ob er von jemandem verfolgt würde.
    Der zweite Japaner war älter und etwas dick. Er sah aus wie ein Ringkämpfer. Auch er blickte immer wieder einmal nach links und dann nach rechts. Dabei sagte er jetzt leise ein paar japanische Worte.
    „Herr Watanabe schlägt vor, daß wir möglichst schnell zum Wagen gehen“, sagte jetzt der Jüngere mit der schwarzen Hornbrille. Dabei griff er auch schon nach Herrn Solas Koffer, und der Ringkämpfer nahm den Käfig mit dem Papagei. Als er auch die Schimmelpfennigsche Segeltuchtasche tragen wollte, sagte Peter nur: „Das ist nicht nötig.“ Dann trabte er mit den anderen zu einer der großen gläsernen Türen.
    Der Japaner, der wie ein Ringkämpfer aussah, rannte voraus und riß seinen Arm in die Luft. Kurz darauf fuhr ein geschlossener Wagen vor, ein uniformierter Chauffeur stürzte heraus und riß die Türen auf. Peter Schimmelpfennig und Herr Sola waren kaum eingestiegen, da fuhr der Wagen auch schon wieder los. Er raste zur Stadt wie ein Unfallwagen mit Sirene und Blaulicht.
    Als die ersten Hochhäuser auftauchten, wurde der Verkehr immer dichter und die Fahrt langsamer. Aus den Untergrundbahnen kamen die Menschen dichtgedrängt wie nach einem Fußballspiel, und die Autos stauten sich an den Kreuzungen. Tokio ging zur Arbeit und hatte es eilig.
    „Die Hauptstraße“, erklärte Herr Nagase, „die Ginza.“
    Fünf Minuten später kurvte der schwarze Wagen in eine Seitenstraße und von dort in einen großen Hinterhof. Es ging an Lagerhallen vorbei und an Gebirgen von Kisten und Fässern. Und dann wuchs plötzlich eine Front aus Glas und
    Metall in den Himmel, die Rückfront eines Wolkenkratzers. Und dieser Wolkenkratzer war ein riesiges Warenhaus mit fünfundzwanzig Stockwerken: das Warenhaus DAIMARU.
    „Yokoso“, sagte auch Direktor Suzuki, als Peter Schimmelpfennig zusammen mit Herrn Sola und den beiden Japanern in sein Büro geführt wurde. Gleichzeitig schoß ein Fotograf sein Blitzlicht ab, um die Begrüßung durch den Chef des Warenhauses festzuhalten. „Willkommen in Tokio und willkommen im Warenhaus DAIMARU.“
    Direktor Suzuki wirkte so frisch, als käme er gerade aus der Badewanne. Er zeigte ganz weiße Zähne, wenn er lachte, und trug einen tadellos sitzenden dunkelblauen Anzug. Sein Büro lag im fünfundzwanzigsten Stockwerk und war so groß wie eine mittlere Hotelhalle. Durch die Fenster konnte man auf Tokio hinuntersehen. Der Sumida-Fluß zerschnitt die Millionenstadt in zwei Teile, der Kaiserpalast lag mit seinen Gärten wie eine Insel zwischen dem Häusermeer, und der Tokio-Tower war über dreihundert Meter hoch und sah aus wie der größere Zwillingsbruder des Eiffelturms.
    „Kommen wir gleich zur Sache“, sagte Direktor Suzuki, nachdem man sich sehr höflich begrüßt und anschließend gesetzt hatte. „Ich schlage vor, daß zuerst Herr Matsumoto das Wort ergreift.“
    Herr Matsumoto war den Besuchern als der Reklamechef des Hauses vorgestellt worden. Er trug zu seinem schwarzen Anzug eine silbergraue Weste und war ziemlich dick. „Leider ich nur spreche nix fein deutsch“, lächelte er. „Aber ich will suchen.“
    „Ich

Weitere Kostenlose Bücher