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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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darauf kam eine ältere Japanerin herein. Sie trug einen weißen Mantel wie ein Zahnarzt, verbeugte sich und sagte einige japanische Worte.
    „Das ist Doktor Yamada“, stellte der Warenhausdirektor vor. „Sie leitet unsere zoologische Abteilung im neunten Stockwerk.“
    „Guten Morgen, Frau Doktor Yamada“, sagte Peter Schimmelpfennig und stand auf.
    Schon zwei Minuten später verschwand die Japanerin wieder und nahm Neco in seinem Käfig mit sich.
    „Dein Papagei ist jetzt in den besten Händen“, versicherte
    Direktor Suzuki. „Wir verkaufen im neunten Stockwerk sämtliche lebenden Tiere. Vom Maikäfer bis zum Pferd. Elefanten und Löwen haben wir allerdings nicht am Lager. Sie müssen vorher bestellt werden.“
    Der Reklamechef mit seiner silbergrauen Weste lächelte höflich und sagte dann leise: „Darf ich erinnern bitte schön an die Foto.“
    „Das hätte ich beinahe vergessen“, gab der Direktor des Warenhauses zu. „Darf ich bitten, mir zu folgen?“ Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor und legte Peter Schimmelpfennig den Arm um die Schultern. „Wir müssen dich ganz schnell fotografieren, damit wir bis heute nachmittag noch ein paar tausend Postkarten drucken können.“
    „So schnell geht das?“ fragte der Brasilianer Rodrigo Sola. „Wir haben eine eigene Druckerei im Erdgeschoß“, antwortete Direktor Suzuki und marschierte mit schnellen, kurzen Schritten allen anderen voraus durch den Korridor. „Und alles ist schon vorbereitet.“
    Auch im Foto-Studio wartete man schon. Die Beleuchter und Kameraleute verbeugten sich und lächelten, als Direktor Suzuki mit Peter Schimmelpfennig und seiner Segeltuchtasche zur Tür hereinkam.
    Sogleich flammten die Scheinwerfer auf. Sie beleuchteten eine Gangway, die ziemlich naturgetreu aus Holz nachgebaut war. Als Hintergrund hatte man ein Flugzeug an die Wand gemalt. Die japanische Nationalflagge war aufgehängt und gleich neben ihr die Flagge des Warenhauses DAIMARU. Peter Schimmelpfennig mußte sich auf die Treppe der Gangway stellen und in eine große schwarze Kamera winken. Eine Windmaschine wurde eingeschaltet und brachte die Fahnen und Peter Schimmelpfennigs hellblonde Haare zum Wehen. Das Ganze wirkte überzeugend echt.
    „Vermutlich willst du dich zuerst einmal ausschlafen“, sagte der Warenhausdirektor, als sie alle wieder in sein Büro zurückkamen. „Und das wäre auch das beste. Wir müssen nämlich damit rechnen, daß fast alle Zeitungsreporter hinter dir her sind. Deshalb haben wir dich auch möglichst ohne Aufsehen und nur durch den Hintereingang vom Flugplatz hierhergeholt.“ Direktor Suzuki setzte sich vor Peter Schimmelpfennig auf die Schreibtischkante. „Bis heute nachmittag drei Uhr mußt du unauffindbar sein. Wir würden es begrüßen, wenn du bis dahin in deinem Hotel bliebst. Herr Watanabe, unser Hausdetektiv, setzt sich in die Hotelhalle, und Herr Nagase, mein Erster Sekretär, bewacht dein Zimmer.“
    Die Herren Nagase und Watanabe verbeugten sich und lächelten dabei.
    Direktor Suzuki lächelte vor sich hin und blickte dabei auf die Spitzen seiner blitzblanken Schuhe. „Dieser heutige Mittwoch wird in der Geschichte des Warenhauses DAIMARU leuchten wie — wie...“
    “ . . wie eine Lotosblüte“, wagte der Reklamechef, Herr Matsumoto. zu ergänzen. Er wippte ein wenig auf den Absätzen und zupfte an seiner Krawatte.
    „Wir haben heute Dienstag“, bemerkte Peter Schimmelpfennig, „Dienstag, den siebenten Januar.“
    Die Herren blickten erstaunt auf und sahen sich gegenseitig an. „Mittwoch, den achten Januar“, beharrte Direktor Suzuki höflich. „So steht es auch hier in den Zeitungen.“
    „Sie haben heute nacht den hundertachtzigsten Längengrad überflogen“, bemerkte der Erste Sekretär. Herr Nagase fingerte an seiner schwarzen Hornbrille herum und wirkte wie ein Musterschüler, der seinen Lehrer sehr artig daran erinnert, daß es schon zweimal zur Pause geklingelt hat. „Und der hundertachtzigste Längengrad ist die internationale Datumsgrenze. Dadurch haben Sie leider einen ganzen Tag verloren. In Honolulu ist es heute Dienstag, während wir bereits Mittwoch haben.“
    „Und am zwölften fängt meine Schule wieder an“, stellte Peter Schimmelpfennig fest. „Darf ich fragen, wie es überhaupt weitergehen soll?“
    „Drei Tage lang gibst du bei uns Autogramme“, antwortete Direktor Suzuki, „also heute, morgen und übermorgen. Jeweils ab drei Uhr nachmittags, weil dann in den Schulen der

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