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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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knatterten um sie herum wie junge Enten.
    „In erster Linie brauchen wir Reis“, sagte Prinz Namburi und lächelte dabei zum Fenster hinaus. Draußen stand nämlich eine ganze Schulklasse und winkte. „Und da kann uns Thailand helfen. Hier gibt es mehr Reis, als das Land selber nötig hat. Aber leider fehlt es uns an Geld. Und das einzige, was wir exportieren können, ist Teakholz. Die riesigen Baumstämme werden bei uns von Elefanten aus dem Urwald zum Wasser transportiert.“
    Man sah jetzt bereits das Flugplatzgelände und die ersten Maschinen. „Aber vielleicht bleiben unsere Staatskassen nicht immer so leer, und ich kann dich eines Tages nach Tanimpang einladen.“
    „So in den Sommerferien“, grinste Peter Schimmelpfennig.
    „Bis dahin schreiben wir uns gelegentlich“, schlug Prinz Namburi vor. Er mußte jetzt immer häufiger lächeln und winken. Rund um den Flugplatz hatten sich nämlich wieder viele Menschen versammelt. „Und jetzt geht jeder von uns wieder an seine Arbeit, du in deine Schule und ich ans Regieren.“ Die Limousine fuhr immer langsamer und rollte durch ein breites Tor zum Flugfeld. „Herzlichen Gruß zu Hause“, lächelte Prinz Namburi und winkte dabei weiter zu den Menschen hinaus. „Komm gut zurück, jetzt muß ich dich allein lassen.“
    „Viel Glück beim Regieren“, sagte Peter Schimmelpfennig noch, und dann drückte er sich ganz tief in seine Ecke.
    Draußen war jetzt Musik zu hören, und die Limousine stoppte haargenau vor einem langen roten Teppich. Die Tür wurde aufgemacht, und Prinz Namburi kletterte ins Freie. Dabei fiel ein kleiner Sonnenfleck direkt auf sein linkes Ohr, wo ein kleines Stück fehlte.
    Peter Schimmelpfennig schob sich ganz vorsichtig nach vorne, so daß er gerade noch mit einem Auge sehen konnte, wie am Ende des roten Teppichs das thailändische Königspaar auf den Prinzen in seiner schneeweißen Uniform zuging. Man umarmte sich, eine Musikkapelle spielte dazu, und Soldaten präsentierten ihre Gewehre. Anschließend ging es zu einem Flugzeug, und der Prinz stieg die Gangway hinauf.
    In diesem Augenblick achtete natürlich kein Mensch auf die schneeweiße Limousine. Peter Schimmelpfennig machte also leise die Tür auf, und dann türmte er hinüber zu dem kleinen Gefängniswagen.
    Und jetzt zeigte es sich, wie ein Orden manchen Menschen Flügel wachsen läßt. Der Dicke mit den Austernaugen pflügte durch die Halle im Flughafen wie ein Überseedampfer. Die Herren Mayer und Schimmelpfennig hielten sich hinter ihm und schwammen in seinem Kielwasser einfach mit. Der Dicke rollte an der Paßkontrolle und an den Zollbeamten vorbei, ohne eine Sekunde zu verlieren. Erst auf dem Rollfeld und vor der Maschine der Lufthansa blieb er stehen und holte tief Luft. Er war etwas atemlos. Aber der grüne Orden auf seiner Khakiuniform glitzerte in der Sonne wie ein kleiner Spiegel.
    Peter Schimmelpfennig suchte seine Sachen zusammen: den Käfig mit dem Papagei, seine Segeltuchtasche: sein Jackett, die Fotos und Zeitungen von Reklamechef Matsumoto und seinen Regenmantel. „Ich glaube, ich habe alles“, stellte er fest. Die Passagiere kletterten hinter ihm bereits ins Flugzeug, und Herr Mayer drückte sich seinen Hut auf den Kopf. „Beim Abschied weiß ich immer nie, was ich sagen soll“, meinte er schließlich.
    „Mir geht es genauso“, gab Peter Schimmelpfennig zu, „aber jedenfalls möchte ich mich herzlich bei Ihnen bedanken.“
    „Tja“, sagte der Ostasienkorrespondent des Abendblattes und machte eine lange Pause. „Jetzt fliegst du einfach los, und ich weiß immer noch nicht, wie der Teil des Kraftwagenmotors heißt, der mit V anfangen muß.“
    „Was ist denn das?“ fragte Peter Schimmelpfennig in diesem Augenblick und angelte dabei ein Päckchen aus seiner Regenmanteltasche. „Gehört das Ihnen? Vielleicht hat das unser dicker Freund verwechselt?“ Er lächelte dabei zu dem Gefängnisbeamten hinüber, und der Dicke lächelte freundlich zurück.
    „Keine blasse Ahnung“, sagte Herr Mayer, und als er das Päckchen schließlich geöffnet hatte, hielt er eine nagelneue Armbanduhr in der Hand.
    „Die ist ja bildschön“, stellte Peter Schimmelpfennig fest. „... und gehört dir“, fügte Herr Mayer hinzu. Er hatte nämlich die Uhr inzwischen umgedreht und las jetzt vor, was in die Rückseite eingraviert war: „Peter Schimmelpfennig zur Erinnerung an das Warenhaus DAIMARU in Tokio.“
    Peter Schimmelpfennig sagte etwas, aber man konnte es nicht

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