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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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seinem Vater unter den zugestiegenen Passagieren sei. Aber nirgends konnte er den kurzen Bürstenhaarschnitt entdecken.
    Frau Bergström hatte bereits ihre Serviette um den Hals und war schon bei der Vorspeise. „Aha“, meinte sie, „wenn es was zu essen gibt, finden die Hunde wieder nach Hause.“
    Während sie das sagte, wurde auch sie von Peter Schimmelpfennig fotografiert. Und da gerade der flachsblonde Eckelkamp mit einem Tablett angetanzt kam, fragte Peter höflich: „Gestatten Sie?“ und knipste auch ihn. Steward Eckelkamp klappte den kleinen Tisch über Peters Knien auf und breitete das Gedeck aus. Dabei lächelte er ein wenig zu höflich und sagte: „Bitte sehr, mein Herr.“ Und eine Stewardeß, die im gleichen Augenblick den Apfelsaft brachte, lächelte auch.
    Sie waren an Bord schon fast wie eine Familie.
    „Was versteht man eigentlich unter .exklusiv 1 ?“ fragte Peter irgendwann einmal wie aus heiterem Himmel.
    „Leider habe ich meine siebenundzwanzig Lexika nicht immer bei mir“, bedauerte Frau Bergström. „Aber wenn meine Eltern das Schulgeld für mich nicht ganz umsonst bezahlt haben, kommt es von dem lateinischen ,excludere’ . Man könnte ,exklusiv’ also mit ‚ausschließlich’ übersetzen.“
    „Etwas in dieser Art hatte ich mir gedacht“, sagte Peter, „besten Dank.“ Fünf Minuten später saß er wieder im Cockpit.
    Es kamen jetzt immer größere Wolken auf das Flugzeug zu. Und dann schlug die erste Bö gegen die Tragflächen. Sie gab der Maschine einen kurzen, harten Schlag. Mit einer winzigen Handbewegung fing Kapitän Roland seine Maschine wieder ab.
    „Südamerika“, sagte Captain Roland, „Brasilien!“ Er zeigte durch das Glas der Flugzeugkanzel. Aber beinahe im gleichen Augenblick flog die Maschine in einen schneeweißen Wolkenberg hinein. Vor den Scheiben des Cockpits war nur noch undurchsichtiger Nebel. Wie eine Wand. Neue Böen packten das Flugzeug und schüttelten es. Dann wurde der weiße Dunst immer dünner und heller. Er riß schließlich ganz auseinander, und die Sicht war wieder frei.
    „Irgendwo da drüben sind die Urwaldgebiete um den Amazonas“, sagte Kapitän Roland. Und Peter machte sich Notizen. Er hatte es sich seit dem Abflug angewöhnt, alles, was ihn interessierte und was ihm auffiel, aufzuschreiben.
    Zehn Minuten lang ging es durch eine schwarze Wolkenwand, und die Passagiere mußten sich wieder anschnallen. Aber dann lag Rio de Janeiro in praller Sonne vor ihnen. Der Himmel war plötzlich blau und ohne Wolken.
    Das Flugzeug war schon seit geraumer Zeit immer tiefer gegangen, und Kapitän Roland stand bereits mit der Bodenstation in direktem Sprechverkehr. Vor zwei Minuten hatte er um Landeerlaubnis gebeten.
    „Ready for landing. Please, landing permission. Over .“
    „No landing. No landing. Have to wait. Over.“
    „Die haben nicht alle Tassen im Schrank“, fluchte Kapitän Roland und hielt dabei die Hand vor die Muschel des Mikrofons. damit der Kontrollturm nicht mithören konnte. „Ich habe runde siebzig Tonnen unter dem Hintern und soll hier Runden drehen wie auf einer Kunstflugveranstaltung.“
    Die Boeing legte sich in die Kurve und flog eine große, weite Schleife über die Stadt. Deutlich waren schon Wolkenkratzer zu sehen und breite, wie mit dem Lineal gezogene Straßen. Die ganze Stadt lag zwischen Bergen und Felsen und dehnte sich bis zu den Buchten und Küsten des Ozeans.
    „Der Zuckerhut“, sagte Dick und zeigte durch sein Kopiloten-Fenster. Im gleichen Augenblick bekam die Maschine endlich die Genehmigung zum Landen.
    „Klappen raus“, sagte Kapitän Roland, „Fahrwerk raus.“ Die schwere Maschine landete auf der ins Meer gebauten Betonpiste wie hingehaucht. Dann rollte sie aus, wurde abgebremst und von einem Jeep der Flugplatzbehörde zu ihrem Parkplatz gelotst.
    Dicht bei den Gebäudekomplexen mußte die Maschine abbiegen und bekam dann ihre Haltezeichen.
    „Alle Achtung“, sagte Kapitän Roland, „das ist ein überwältigender Empfang.“
    Das moderne Flugplatzgebäude war mit zahlreichen Fahnen beflaggt. Militär stand in zwei langen Blöcken ausgerichtet, Musikkapellen hielten sich bereit, und hinter der Umzäunung des Flugfelds zur Straße hin wartete eine große Menschenmenge. Ein roter Läufer lag etwa zwanzig Meter lang mitten auf dem Beton in der Sonne. Und gerade in diesem Augenblick rollte eine viermotorige Maschine der varig auf ihn zu.
    „Also deshalb“, sagte Kapitän Roland und nahm seine Mütze

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