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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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die nicht sehr gut zusammenpassen“, kicherte die Großmutter.
    Und dann kam Frau Schimmelpfennig zurück, und Herr Purzer fotografierte und blitzte:
    Frau Schimmelpfennig neben dem Christbaum — Frau Schimmelpfennig mit der Großmutter — Frau Schimmelpfennig allein in Großaufnahme —
    Die Großmutter allein in Großaufnahme — Frau Schimmelpfennig mit einem Bild ihres Jungen in der Hand (sie mußte dabei das Bild ein wenig traurig anblicken) — Frau Schimmelpfennig vor dem geöffneten Eisschrank in der Küche (dabei mußte sie auf das Tiefkühlfach zeigen).
    Leider wurden die Aufnahmen dadurch unterbrochen, daß Frau Schimmelpfennig plötzlich ausrief: „Mein Gott, wir haben ja vergessen, Onkel Emil in Frankfurt anzurufen. Er wollte heute zur Polizei und eine Vermißtenanzeige aufgeben, wenn es nichts Neues gibt.“
    Während Frau Schimmelpfennig zum Apparat stürzte, ließ sich Dr. Liesegang von der Großmutter Peters Zimmer und das des getürmten Untermieters zeigen, und Herr Purzer mußte sie fotografieren.
    „Nein, das liegt nicht in Italien. Das liegt in Afrika, ziemlich unten links“, hörte man über den Korridor Frau Schimmelpfennig ins Telefon rufen.
    „Herr Purzer, herzlichen Dank, und damit hätten wir’s“, sagte Dr. Liesegang gerade zu dem Fotografen. „Verloben Sie sich möglichst hübsch! Und die Fotos brauche ich spätestens in zwei Stunden in der Redaktion.“
    „Langsam gewöhne ich mich ja an das Tempo“, grinste Herr Purzer und fragte dann noch, ob er seine Ladung gebrauchter Papiertaschentücher in der Küche im Mülleimer zurücklassen dürfe.
    „Doch, Emil, es stimmt, und ich bin völlig klar im Kopf, beruhige dich.“ Frau Schimmelpfennig hielt einen Augenblick lang die Sprechmuschel zu: „Er kann das Ganze einfach nicht glauben!“
    Der Chefredakteur vom abendblatt wartete noch, bis Frau Schimmelpfennig endlich wieder den Hörer aufgelegt hatte. „Ich bin überzeugt, er glaubt es immer noch nicht“, sagte sie dabei. Und dann ging sie zum großen Bücherschrank. „Sie wollten noch die Bilder in unserem Fotoalbum sehen.“
    „Ja, weil...“ Dr. Liesegang räusperte sich ein wenig. „Wir haben alles fotografiert, was ich brauche. Nur von der Hauptperson sozusagen, ich meine von Ihrem Herrn Sohn, da habe ich bisher überhaupt noch kein Bild.“ Der Chefredakteur nahm nun doch noch einen Schluck aus dem Kirschlikörglas und ließ sich die Fotos von Peter Schimmelpfennig zeigen.

Auch Generale haben manchmal ihr Gutes

    Erst als die Boeing den Ozean beinahe überquert hatte, kamen die ersten Wolken, und die Luft wurde unruhig.
    Peter Schimmelpfennig saß noch immer hinter Kapitän Roland und seinem Kopiloten in der Flugzeugkanzel. Seit dem Start in Dakar war das sein Platz. Und diese Art zu fliegen war mit einem Sitz im Passagierraum überhaupt nicht vergleichbar. Man saß wie in einer Kugel aus Glas und wurde wie an einer Pfeilspitze durch den Himmel getragen. Und der Himmel in dieser Höhe war blendend hell. Tief unten auf dem Meer konnte man manchmal Boote und Schiffe erkennen und hinter ihnen das aufgewühlte Kielwasser.
    Nur die gleichmäßig laufenden Strahltriebwerke waren zu hören und immer wieder das Geräusch des Funkverkehrs aus den Kopfhörern oder englisch gesprochene Durchsagen.
    „Na, junger Mann?“ hatte der Lufthansakapitän gefragt, als sie schon eine längere Zeit in der Luft gewesen waren.
    Aber Peter Schimmelpfennig hatte nicht sofort gewußt, was er antworten sollte. Und dafür, daß er sich jetzt für seine Antwort so viel Zeit ließ, sagte er dann eigentlich ziemlich wenig. Er sagte nur: „Fliegen ist wunderschön.“ Das war alles.
    Später machte Peter Schimmelpfennig mit seinem Apparat einige Aufnahmen. Er hatte nicht vergessen, daß ihn Dr. Liesegang damit beauftragt hatte. Er knipste den Chefpiloten, machte Bilder vom Cockpit und von dem Steward Eckelkamp, der gelegentlich hereinschaute und dann auch ihn selbst fotografierte, wie er hinter Kapitän Roland und neben Dick, dem Kopiloten, saß.
    Als wieder einmal ein Essen serviert wurde, bestand der Flugzeugkommandant darauf, daß Peter in den Passagierraum ging. „Hinterher kannst du ja wiederkommen.“
    Das Flugzeug war jetzt beinahe voll besetzt. In Dakar hatte eine andere Gesellschaft ihre Passagiere umgeladen, weil ihre eigene Maschine wegen der eingetretenen Verspätung wieder sofort nach Europa zurückfliegen mußte. Peter Schimmelpfennig hatte gehofft, daß vielleicht Jimmy Miller mit

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